Fraglich ist jedoch, ob sich die Airline der Haftung entziehen kann. Eine solche Exkulpation richtet sich nach Art. 5 Abs. 3 VO.
„(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Condor gibt hier einen technischen Defekt an. Zur Annahme eines technischen Defektes als außergewöhnlichen Umstand gibt es eine Vielzahl von Urteilen. Hier eine kleine Auswahl:
LG Darmstadt, Urteil vom 01.12.2010, 7 S 66/10, (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google „LG Darmstadt 7 S 66/10 Reise-Recht-Wiki.de eingeben“)
Hier hat das Gericht festgestellt, dass es noch nicht als ausreichend erachtet werden könne, falls sich die Fluggesellschaft darauf beruft, dass sie alle vorgeschriebenen Wartungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt hat. Allein dieser Nachweise sei noch nicht ausreichend um zu beweisen, dass alle zumutbaren Maßnahmen im Sinne des Art. 5 Abs. 3VO ergriffen wurden, um die große Verspätung zu verhindern.
EuGH vom 22.12.2008, C 549/07 (einfach zu finden bei Google unter "C 549/07 reise-recht-wiki")
Hier hat das Gericht entschieden, dass ein auftretendes technisches Problem am Flugzeug, nur dann unter den Begriff der "außergewöhnlichen Umstände" zu subsumieren seien, wenn das Problem auf Vorkommnisse zurückgeht, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung sind.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 20.07.2011, Az. 3 C 739/11 (36)(ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben“ AG Rüsselsheim 3 C 739/11 (36) reise-recht-wiki.de")
Das Gericht verdeutlicht mit diesem Urteil, dass die "außergewöhnlichen Umstände" außerhalb des Verantwortungsbereichs der Fluggesellschaft liegen müssen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Sabotage oder terroristische Handlungen Ursache des technischen Defektes sind.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 05.07.2013, Az: 3 C 145/13 (37) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Rüsselsheim 3 C 145/13 (37) reise-recht-wiki.de")
Hier hat das AG Rüsselsheim festgestellt, dass ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004 gilt nur für den konkreten Flug gelte und daher nicht von vorherigen Flügen auf einen späteren übertragen werden könne.
AG Frankfurt, Urteil vom 17.01.14, 30 C 2462/13, (auch ganz einfach zu googlen unter "AG Frankfurt 30 C 2462/13 reise-recht-wiki.de")
In diesem Urteil wird noch einmal hervorgehoben, dass die Fluggesellschaft substantiiert vortragen und darlegen muss , wie es zu dem außergewöhnlichem Umstand gekommen ist, wenn sie sich darauf berufen möchte.
Als Grund für die Verspätung wurde lediglich auf einen technischen Defekt verwiesen. Es wird nicht deutlich, ob dieser technische Defekt bereits auf dem Vorflug stattfand und inwiefern er unvermeidbar gewesen wäre. Allein dies entspricht nicht der Darlegungs- und Beweislast, welche immer das ausführende Luftfahrtunternehmen trifft. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass technische Defekte zum Luftfahrtalltag gehören, lässt sich ein außergewöhnlicher Umstand noch weniger annehmen. Ich bin daher der Ansicht, dass Condor sich nicht der Haftung entziehen kann. Folglich können Sie pro Person 400 Euro verlangen.
Etwaige Ansprüche aus Art. 8 VO scheiden meiner Ansicht nach aus, da Ihnen ein Alternativflug angeboten wurde und Sie diesen auch genutzt haben.
Des Weiteren könnte Ihnen noch ein Anspruch auf Betreuungsleistungen gemäß Art. 9 VO zustehen.
Art. 9 Anspruch auf Betreuungsleistungen (gekürzt)
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls
– ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
– ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
(2) Außerdem wird den Fluggästen angeboten, unentgeltlich zwei Telefongespräche zu führen oder zwei Telexe oder Telefaxe oder E-Mails zu versenden.“
Sie haben hier lediglich einen 15 Euro Gutschein erhalten. Haben Sie diesen pro Person erhalten, oder lediglich einen für die ganze Familie? Einer für die ganze Familie wäre als unangemessen anzusehen, da zumindest ein Getränk und ein Snack pro Person durch diesen erwerbbar gewesen sein sollten. Zudem ist auch denkbar zweimal eine Betreuungsleistung zu fordern. Einmal für die Wartezeit am griechischen Flughafen und einmal am Flughafen Köln Bonn. Ich denke, dass pro Wartezeit eine Betreuungsleistung von 15 Euro pro Person angemessen erscheint.
Abschließend ist noch zu erwähnen, dass Sie den Anspruch auf Ausgleichszahlung wohl nur einmal pro Person geltend machen können. Dies ist damit zu begründen, dass Sie eine einheitliche Flugbuchung getätigt haben und daher nur auf die Gesamtverspätung abgestellt werden kann. Ich hoffe ich konnte Ihnen etwas weiterhelfen und wünsche viel Erfolg bei Ihrem weiteren Vorgehen.