Lieber Fragesteller,
du hast mit einem Freund bei Neckermann eine Reise nach Griechenland gebucht. Nun hast du zwei Wochen vor dem Abflug eine Nachricht erhalten, dass eure Flugzeiten geändert wurden. Dein Flug wurde nun um 6 Stunden vorverlegt. Du fragst dich, ob du dies so hinnehmen musst, oder gegebenenfalls Ansprüche geltend machen kannst.
Meiner Ansicht nach kann angenommen werden, dass es sich bei der von dir gebuchten Reise um eine Pauschalreise handelt. Eine Pauschalreise ist gegeben, wenn ein Reiseveranstalter die eine Gesamtheit von Leistungen anbietet. Es müssen daher mindestens zwei Leistungen miteinander verknüpft sein. Häufig sind dies Flug-, Transfer- und Hotelbuchungen.
Wenn eine Pauschalreise gebucht wurde ist zunächst das Reisevertragsrecht anwendbar. Gemäß § 651 a-m BGB kann der Reisende verschiedene Ansprüche geltend machen, soweit ein Reisemangel besteht. Ein Reisemangel ist zu bejahen, wenn die Ist- von der Sollbeschaffenheit abweicht und sich dies auf die Erholung des Reisenden in nicht unerheblichem Maße auswirkt. Fraglich ist, ob eine Vorverlegung von 6 Stunden einen solchen Reisemangel darstellt.
Ein Reisemangel könnte zunächst von vornherein ausgeschlossen sein, wenn die Flugzeiten kein fester Vertragsbestandteil geworden sind. Jedoch hat der BGH entschieden, dass entsprechende Klauseln in den AGB nicht zulässig sind.
Vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (auch ganz einfach bei Google zu finden: „reise-recht-wiki BGH X ZR 24/13“)
Laut des BGH führen geänderte Reisezeiten zu einer Abweichung von der vertraglichen Leistung. Derartige Klauseln im Kleingedruckten der Reiseunterlagen, welche nachträgliche Änderungen bei Pauschalreisen ermöglichen sollen, seien unzulässig.
Mithin kann der Reiseveranstalter grundsätzlich haftbar gemacht werden. Es ist nun zu erörtern, ob eine Vorverlegung von 6 Stunden einen Reisemangel darstellt, oder eine solche Flugzeitenveränderung dem Reisenden noch zumutbar ist.
Es wird die Ansicht vertreten, dass eine Vorverlegung von 6 Stunden noch keinen Reisemangel darstellt.
LG Hannover, Urteil vom 13.03.2012, Az. 18 O 79/11 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " LG Hannover 18 O 79/11 reise-recht-wiki.de"
Hier hat das Gericht entschieden, dass geringfügige Verschiebungen der Flugzeiten noch keinen Reisemangel darstellen, sondern nur eine Unannehmlichkeit, sofern sie zumutbar sind. Eine Flugzeitenverschiebeung von 9 Stunden könnte das Maß einer Unannehmlichkeit übersteigen. Dies setzt voraus, dass es sich bei der Änderung der Flugzeiten um eine erhebliche Änderung wesentlicher Reiseleistungen handelt, welche als unzumutbar anzusehen sind.
Laut diesem Urteil würde eine Vorverlegung von 6 Stunden also noch keine Ansprüche begründen.
Anders ist es beispielsweise, wenn eine erhebliche Störung der Nachtruhe vorliegt.
AG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2006, Az. 3 C 1128/95 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " AG Düsseldorf 3 C 1128/95 reise-recht-wiki.de"
Hier hat das Gericht einen Reisemangel bejaht, da die Flugzeitänderung als unzumutbar angesehen wurde. Grund war, dass die Ankunft um 1.10 Uhr des Folgetages stattfinden sollte und somit die Nachtruhe gestört wurde.
Ob in deinem Fall von einer Unzumutbarkeit auszugehen ist, muss im Lichte des Einzelfalls beurteilt werden. Falls es zu bejahen ist, solltest du dich schnellstmöglich an den Reiseveranstalter wenden, da dieser dein Anspruchsgegener ist. Zudem ist eine Frist von einem Monat einzuhalten.
Des Weiteren wäre es auch noch möglich Ansprüche gegen die ausführende Fluggesellschaft geltend zu machen. Wichtig ist es sich zunächst an den Reiseveranstalter zu wenden und erst danach an die Fluggesellschaft. Dies macht schon wegen der Fristen Sinn. Des Weiteren ist es auch in Bezug auf die Anrechnung sinnvoll.
Vgl. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.11.2012, Az. 2-24 S 67/12 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst „reise-recht-wiki LG Frankfurt a.M. 2-24 S 67/12“)
Hier hat das Landgericht entschieden, dass kein weiterer Zahlungsanspruch gegenüber des Reiseveranstalters besteht, wenn auf Grund einer Flugverspätung bereits eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1.200 Euro nach der Fluggastverordnung Nr. 261/2004 geleistet worden ist. Dies wurde damit begründet, dass die Ansprüche gemäß Art. 12 der Fluggastverordnung Nr. 261/2004 angerechnet werden können.
Falls du dir nicht sicher bist, ob gerade in deinem Fall ein Anspruch entstanden ist, ist es hilfreich anwaltlichen Rat einzuholen.