Hallo,
du hast mit der Fluggesellschaft einen Flug von Frankfurt nach Punta Cana gebucht. Leider habt ihren euren Zielflughafen erst mit einer 14 stündigen Verspätung erreicht. Du fragst dich nun, ob du einen Anspruch geltend machen kannst und wie du am besten vorgehen solltest.
Wie bereits von anderen Forum Mitgliedern dargestellt, kommt hier die Fluggastrechte Verordnung zur Anwendung. Diese ist eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen.
1. Anspruchsgrundlage gemäß Art 7 VO
Auf Grund der Verspätung kannst du einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 VO geltend machen. Die folgende „Preistabelle“ soll dir dabei einen Überblick über die Höhe der Geldforderung aufzeigen:
- Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
- Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
- Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Auf dich trifft wegen Länge der Verspätung und Größe der Entfernung der letzte Stichpunkt zu, sodass du meiner Ansicht nach 600 Euro Ausgleichszahlung pro Person geltend machen kannst.
2. Haftungsausschluss gemäß Art. 5 Abs. 3 VO
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung könnte jedoch ausscheiden, wenn die Fluggesellschaft sich gemäß Art. 5 Abs. 3 VO exkulpieren kann, also nicht haften muss.
Art. 5 Abs. 3 VO, Annullierung
„(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Besonders wichtig ist, dass die Airline eine Nachweis-und Darlegungspflicht trifft. Des Weiteren ist das Tatbestandsmerkmal des außergewöhnlichen Umstandes stets kritisch zu hinterfragen.
a) Nachweispflicht
Bezüglich der Nachweisepflicht ist folgendes Urteil interessant:
AG Frankfurt, Urteil vom 17.01.14, 30 C 2462/13, (auch ganz einfach zu googlen unter "AG Frankfurt 30 C 2462/13 reise-recht-wiki.de")
In diesem Urteil wird noch einmal hervorgehoben, dass die Fluggesellschaft substantiiert vortragen und darlegen muss , wie es zu dem außergewöhnlichem Umstand gekommen ist, wenn sie sich darauf berufen möchte.
b) außergewöhnlicher Umstand
Ein außergewöhnlicher Umstand kann grundsätzlich immer dann angenommen werden, wenn ein Vorkommnis nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, sondern sich außerhalb dessen bewegt, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Mangels genauer Angaben kann ich hier keine weiteren Ausführungen vornehmen.
3. Weiteres Vorgehen
a) Durchhaltevermögen
Häufig ist es leider so, dass die Fluggesellschaft gar nicht, oder mit Ablehnung reagieren. Daher muss hier Durchhaltevermögen bewiesen werden. Eine Studie hat erst neulich aufgezeigt, dass die Fluggesellschaften nur einen Bruchteil von dem zahlen, wozu sie eigentlich verpflichtet wären. Für viele Fluggäste stellt der Gang zum Anwalt die erste große Hemmschwelle dar.
b) Reisegutscheine
Falls die Airlines dann doch reagieren, bieten sie zunächst häufig Reisegutscheine an. Wichtig ist an dieser Stelle, dass der Fluggast nicht verpflichtet ist diese anzunehmen. Vielmehr ist in Art. 7 Abs. 3 VO geregelt, in welchen Arten die Ausgleichszahlung erfolgen kann.
Art. 7 Abs. 3, Ausgleichszahlung
„(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen.“
Der Gesetzgeber hat also eindeutig vorgegeben, dass die Ausgleichzahlung nur in Form von Reisegutscheinen ausgezahlt werden kann, wenn der Betroffene dem schriftlich zustimmt. Im Zuge dessen sind auch folgende Urteile besonders aussagekräftig:
AG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.10.2010, Az. 29 C 1352/10 (einfach zu finden nach der google-Sucheingabe „reise-recht-wiki AG Frankfurt 29 C 1352/10“)
So hat es auch hat das Amtsgericht Frankfurt entschieden. Dieses urteilte, dass ein Fluggutschein nicht angenommen werden muss. Als Kommentar zu dem von der Fluggesellschaft angebotenen Fluggutschein hieß es, dass „Außergerichtliche Vergleichsversuche, die unter anderem eine Entschädigung in Form von Fluggutscheinen beinhalteten, scheiterten, da die Flugreisenden Barzahlung begehrten.“
LG Frankfurt a. M., Urteil vom 13.10.2006, Az. 3-2 O 51/06 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst: " LG Frankfurt a.M. 3-2 O 51/06 reise-recht-wiki.de")
Hier vertrat das Gericht die Annahme, dass sich die Kunden nicht auf eine Befriedigung aus den Gutscheinen verweisen lassen brauchen, wenn sie eine Zahlung in Geld begehren.
Die Entscheidung, ob ein solcher Gutschein angenommen wird, sollte meiner Ansicht nach gut durchdacht sein. Nimmt man diesen an, kann einem möglicherweise langwierigen Rechtsstreit ausgewichen werden. Jedoch erlöschen dann auch die Ansprüche. Es ist grundsätzlich nicht möglich den Gutschein anzunehmen und dann noch zusätzlich auf Barzahlung zu klagen.
c) Rechtsbeistand
Falls Condor sich weigert zu zahlen oder nicht reagiert, sollte meiner Ansicht nach ein Anwalt hinzugezogen werden.