Lieber Michael,
du hast eine Pauschalreise gebucht und wurdest 3 Tage vor Abflug über eine Flugzeitenänderung informiert. Der Flug 8 Stunden und 45 Minuten nach hinten verschoben, sodass dir damit wichtige Urlaubszeit verloren geht. Du fragst dich nun, ob du etwaige Ansprüche geltend machen kannst.
Mir springt hier zunächst die Fluggastrechte Verordnung ins Auge. Diese Verordnung ist eine gemeinsame Regelung des Europäischen Parlaments und Rates, welche sich mit der Problematik der Nichtbeförderung, Annullierung und großen Verspätung von Flügen auseinandersetzt. Sie dient der Geltendmachung von Rechten der Fluggäste gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen.
In deinem Fall wurde die Abflugzeit um ca. 8, 5 Stunden verschoben. Dies kann sowohl eine große Verspätung, als auch eine Annullierung darstellen. Die beiden Begrifflichkeiten unterscheiden sich darin, dass es bei der großen Verspätung (wortgerecht) auf die verspätete Ankunft am Zielflughafen ankommt. Eine Annullierung wird hingegen angenommen, wenn das Luftfahrtunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung für die vorgesehene Strecke aufgeben muss. Indizien für eine solche Aufgabe der Flugplanung sind Änderungen bezüglich Flugroute, Strecke, Zeit, Ort. Airline und Nummer. Deinem Kommentar kann ich entnehmen, dass sich neben der Flugzeit auch die Flugnummer geändert hat. Ich denke daher, dass eine Annullierung hier angenommen werden kann. Die Annullierung des gebuchten Fluges kann gemäß Art. 5 VO einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 VO begründen.
Art. 7 VO Ausgleichzahlungen (gekürzt)
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt“.
Ein Anspruch gemäß Art. 7 VO scheidet jedoch nur aus, falls du rechtzeitig (mehr als 2 Wochen vorher) über die Änderung informiert wurdest oder die Annullierung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückgeht. Das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes ist nicht ersichtlich. Des Weiteren wurdest du erst 3 Tage vor Abflug über die Änderung informiert. Mithin kannst du einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 VO geltend machen.
Des Weiteren ist zu beachten, dass du diesen Anspruch fristgerecht geltend machen musst. Im Zuge dessen musst du dich jedoch nicht hetzten, da grundsätzlich die Regelverjährung von drei Jahren greift, soweit deutsches Sachrecht anwendbar ist.
BGH Urteil v. 10.12.2009, Az. Xa ZR 61/09 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google „reise-recht-wiki BGH Xa ZR 61/09“ eingibst)
Hier hat der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung festgestellt, dass die Ansprüche grundsätzlich erst nach 3 Jahren verjähren.
Zudem solltest du im Hinterkopf behalten, dass du ein Recht darauf hast die Ausgleichszahlung in einer Geldzahlung zu verlangen. Leider ist es mittlerweile Gang und Gebe geworden, dass Fluggesellschaften die fordernden Fluggäste mit Reisegutscheinen abspeisen wollen. Falls du einen solchen eh annehmen möchtest, kannst du sicherlich einigen Aufwand an Zeit und Energie ersparen. Sei dir jedoch im Klarem, dass du nicht verpflichtet bist diesen anzunehmen. Die Art der Ausgleichszahlung ist nämlich folgendermaßen gesetzlich geregelt:
Art. 7 Abs. 3, Ausgleichszahlung
„(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen.“
Der Gesetzgeber hat also eindeutig vorgegeben, dass die Ausgleichzahlung nur in Form von Reisegutscheinen ausgezahlt werden kann, wenn der Betroffene dies will und dem schriftlich zustimmt. Im Zuge dessen ist folgendes Urteil erwähnenswert:
AG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.10.2010, Az. 29 C 1352/10 (einfach zu finden nach der Google-Sucheingabe „reise-recht-wiki AG Frankfurt 29 C 1352/10“)
So hat es auch hat das Amtsgericht Frankfurt entschieden. Dieses urteilte, dass ein Fluggutschein nicht angenommen werden muss. Als Kommentar zu dem von der Fluggesellschaft angebotenen Fluggutschein hieß es, dass „Außergerichtliche Vergleichsversuche, die unter anderem eine Entschädigung in Form von Fluggutscheinen beinhalteten, scheiterten, da die Flugreisenden Barzahlung begehrten.“
Ich hoffe ich konnte noch auf ein paar hilfreiche Fakten hinweisen und wünsche viel Erfolg bei deinem weiteren Vorgehen.