Lieber Fragesteller,
du hast Ende April eine Reise in die Türkei gebucht und musstest nun 13 Tage vor Abreise von einer Änderung des Hinfluges erfahren. Ursprünglich solltest direkt von Stuttgart nach Antalya fliegen. Nun wurde dir noch ein Zwischenstopp eingeplant, sodass du deinen Zielort circa 2 Stunden und 50 Minuten später erreichen wirst. Du fragst dich, ob du dir dies gefallen lassen musst oder etwaige Ansprüche geltend machen kannst.
Da du schreibst, dass du den Reiseveranstalter bereits kontaktiert hast, gehe ich davon aus, dass du eine Pauschalreise gebucht hast. Bei dieser Art von Reise ist das Reisevertragsrecht des BGB heranzuziehen. Im Zuge dessen sind die §§ 651 a-m BGB einschlägig. In deinem Fall kommt meiner Ansicht nach eine Minderung des Reisepreises gemäß § 651 d BGB in Betracht.
Folglich müssten die Voraussetzungen des § 651 d BGB vorliegen.
§ 651d BGB, Minderung
(1) Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 BGB mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3 BGB. § 638 Abs. 4 BGB findet entsprechende Anwendung.
(2) Die Minderung tritt nicht ein, soweit es der Reisende schuldhaft unterlässt, den Mangel anzuzeigen.
Es müsste also zunächst ein Reisemangel gemäß § 651 c BGB vorliegen. Dieser ist zu bejahen, soweit die Reise einen Fehler aufweist oder es an einer zugesicherten Eigenschaft mangelt.
Fehler gemäß § 651 c Abs. 1 Fall 1 BGB
Bezüglich des Fehlers gilt der sogenannte subjektive Fehlerbegriff. Danach ist eine Reise mangelhaft, wenn die tatsächliche Beschaffenheit von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht und dadurch der Nutzen der Reise aufgehoben oder gemindert wird. Der Urlaub soll der Erholung dienen, demnach ist der Nutzung der Reise nur dann aufgehoben oder gemindert, wenn eine Erholung nicht mehr möglich ist. Ich denke nicht, dass eine verspätete Ankunft von 2,5 Stunden geeignet ist, den Erholungsfaktor nicht mehr zu ermöglichen, daher liegt meiner Ansicht nach kein Fehler vor.
Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft gemäß § 651 c Abs. 1 Fall 2 BGB
Mangelauslösend wirkt zudem das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft. Eigenschaften sind alle tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen zur Umwelt, sofern sie nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung der Reise von Bedeutung sind. Fraglich ist wann eine Eigenschaft als zugesichert gilt. Teilweise wird angenommen, dass jede vertragliche Vereinbarung über Eigenschaften eine Zusicherung ist. In deinem Fall könnte somit auch die bei Buchung angezeigte Flugzeit eine zugesicherte Eigenschaft darstellen. Teilweise wird jedoch angenommen, dass eine Zusicherung erst dann anzunehmen sei, wen der Reiseveranstalter zum Ausdruck bringt, in verkehrsmäßig bindender Weise für das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Eigenschaft einstehen zu wollen. Folgt man dieser Ansicht, wäre eine zugesicherte Eigenschaft in deinem Fall abzulehnen Es kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass ein Reiseveranstalter in verkehrsmäßig bindender Weise für die Einhaltung der Abflugs-und Ankunftszeiten einstehen will. Dies ist dem Reiseveranstalter auch häufig kaum möglich, da zumindest ein gewisser Spielraum an Flexibilität im Reiserecht unerlässlich ist. Auf Grund dessen sollte meiner Meinung nach der zweiten Ansicht gefolgt werden. Das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft würde ich daher in deinem Fall verneinen. Anders würde es sich jedoch verhalten, wenn du einen Non-Stop-Flug gebucht hättest, weil dir dann ja gerade zugesichert worden ist, dass es keine Zwischenlandung geben wird. Im Zuge dessen ist hier noch kurz auf die Unterscheidung von einem Direktflug zu einem Non-Stop-Flug hinzuweisen.
Direktflug
Bei einem Direktflug kommt es darauf an, dass die Flugnummer sich im Laufe der gesamten Flugreise nicht ändert. Der Flug kann aber auch eine oder mehrere Zwischenlandungen, einen Flugzeugwechsel oder sogar einen Airlinewechsel (Codesharing) beinhalten. Solange sich die Flugnummer nicht ändert, sind diese Änderungen zulässig und es handelt sich nach wie vor um einen Direktflug.
2. Non- Stop-Flug
Ein Nonstop-Flug bedeutet, wie die Bezeichnung impliziert, einen Flug ohne Zwischenlandungen. Nur bei einem Nonstop-Flug zieht eine Zwischenlandung in den meisten Fällen rechtliche Konsequenzen nach sich. Sie muss nur dann entschädigungslos akzeptiert werden, wenn sie auf sogenannte außergewöhnliche Umstände zurückgeht.
3. Abwägung
Welche Art von Flug du gebucht hast, sollte deinen Buchungsunterlagen zu entnehmen sein. Die Unterscheidung ist wichtig, da sich je nach der Art der Buchung verschiedene Konsequenzen ergeben. So stellen Zwischenlandungen bei einem Direktflug regelmäßigen keine Abweichung vom Vertrag dar. Zwischenlandung bei einem gebuchten Non-Stop-Flug könnten hingegen Zahlungsansprüche begründen.
Folgende Urteile könnten dir vergleichsweise weiterhelfen. Beachte jedoch bitte, dass sich diese auf eine Pauschalreise beziehen und daher nicht direkt auf deinen Fall übertragen werden können.
Vgl. AG München, Urteil vom 05. September 2002, Az. 173 C 10987/02 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google folgendes eingibst: „reise-recht-wiki AG München 173 C 10987/02)
„Hier hat das Gericht einen Reisemangel verneint, da die Beklagte einen Direktflug, also keinen Nonstop-Flug gebucht hatte. Da ein Direktflug jedoch Zwischenlandungen beinhalten kann, sei ein Anspruch aus Reisevertragsrecht ausgeschlossen.“
Dieser Ansicht war auch das Landgericht Bonn
Vgl. LG Bonn, Urt. v. 07. März 2001, Az. 5 S 165/00 (der Volltext lässt sich wieder wie folgt googeln: „reise-recht-wiki LG Bonn 5 S 165/00“)
„Demnach sei in diesem Fall ausweislich der vorgelegten Flugscheine lediglich einen Direktflug und keinen Nonstop-Flug gebucht worden. Zwischenlandungen und dadurch bedingte Wartezeiten müssten somit von den Fluggästen in Kauf genommen werden.“
Falls du also einen Non-Stop-Flug gebucht hast, kannst du meiner Ansicht nach den Reisepreis mindern. Falls dies nicht der Fall ist, musst du die Änderung wahrscheinlich hinnehmen. Dies ist natürlich nur meine eigene Meinung, ein Gericht würde möglicherweise anders abwägen.