Guten Tag Theresa,
Sie fliegen Ende Mai nach Italien und planen dort eine Rundreise. Sie haben einen Flug von Neapel nach Olbia mit der sardischen Airline Merdiana gebucht. Ihr Flug, mit der ursprünglichen Abflugzeit von 18:45, wurde auf 22:50 verschoben. Wegen dieser Verschiebung erhöht sich der Preis für die Anmietung eines Mietwagens in Olbia um 100 Euro. Sie fragen nun nach Ihren rechtlichen Möglichkeiten.
A. EU-Fluggastrechteverordnung
Zunächst einmal ist festzustellen, ob der Anwendungsbereich der EU-Fluggastrechteverordnung eröffnet ist.
Gem. Art. 3, Abs. 1, li. a) u. b) Verordnung 261/2004 ist die Verordnung in folgenden Fällen gültig:
„a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.“
Sie treten Ihren Flug in Neapel, Italien an, und damit im Gebiet eines Mitgliedsstaats. Die EU-VO ist anwendbar.
B. Anspruch auf Ausgleichszahlungen
Bei einer Verspätung von 3 Stunden oder mehr bei der Landung am Zielort zieht eine Flugverspätung dieselben Folgen nach sich wie eine Flugannulierung.
AG Rüsselsheim, Urt. v. 20.11.2012, Az: 3 C 1226/12 (32)
„Entgegen der Ansicht des beklagten Luftfahrtunternehmens ist die Abflugverspätung zur Feststellung einer Flugverspätung i. S. des Artikels 6 Abs. 1 der VO nicht ausschlaggebend. Vielmehr erhält Reisende einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, wenn er nach Durchführung des Fluges einen Zeitverlust von mehr als drei Stunden erleidet.
EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07
Fluggäste verspäteter Flüge können im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, bezüglich der Ausgleichsansprüche, den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden.
Ihre möglichen Ausgleichszahlungen richten sich nach Artikel 7 der EU-VO. Sie stellen sich wie folgt dar:
a) Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger > 250€
b) Bei einer Verspätung von 3 Stunden bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km > 300 €
c) Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen > 600 €
Von diesem Anspruch auf Ausgleichsleistung kann sich die Fluggesellschaft allerdings befreien, siehe Artikel 5 Absatz 3 der EU-VO. Und zwar wenn sich die Fluggesellschaft beispielsweise auf das Vorliegen von außergewöhnlichen Umstände beruft:
„Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Von außergewöhnlichen Umständen ist in Ihrer Nachricht keine Rede. Deshalb könnten Ihnen, in Anbetracht der Entfernung und der Verspätung, Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 Euro pro Person zustehen.
Es sei denn Sie wurden über die Verschiebung (mehr als) zwei Wochen vorher informiert. Dies könnte durchaus der Fall sein, dann haben Sie keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen.
C. Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung
Aber, sollten Sie keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben, haben Sie, gemäß Artikel 8, wahrscheinlich Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung. SIe haben dann die Möglichkeit zu wählen zwischen:
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Die aus Artikel 8 hervorgehenden Möglichkeiten sind sehr wahrscheinlich Ihre Optionen - also sich nach anderen, Ihnen besser passenden Flügen zu erkundigen, und dann bei Ihrer Fluggesellschaft anfragen, ob sie Sie umbuchen kann, oder aber sich die Ticketkosten erstatten zu lassen.
D. Ansprüche wegen Zusatzkosten des Mietwagens
Aus der Fluggastrechteverordnung lassen sich dementsprechende Ansprüche erst einmal nicht entnehmen. Wenn sie auf einen anderen Flug umgebucht werden können, oder aber Ihr Flugticket stornieren und einen anderen Flug auf eigene Faust buchen könne Sie diese Kosten möglicherweise verhindern.