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Guten Tag,

am 22.07.2016 war ein Terroranschlag in München. Mein Sohn war zu der Zeit am Flughafen in München. Er hatte die Bordkarte von Etihad und das Gepäck hat er auch schon aufgegeben. Er war bei der Passkontrolle und dann stürmten die Polizisten den Bereich der Passkontrolle. Es ging dann auch länger Zeiten nichts mehr. Nach langer Kontrollen konnte er zum Gate gelangen, die Maschine war noch dort sogar noch angedockt aber er wurde nicht mehr mit genommen. Da das Boarding vorbei war. Das Gepäck wurde allerdings wieder ausgeladen, sodass die Maschine mit verspätung abgeflogen ist. Meinem Sohn wurde nur ein Zettel mit einer Telefonnummer in die Hand gedückt. Er bekam weder etwas zu trinken noch etwas zum Essen. Einen neuen Flug mussten wir von Zuhause aus auch noch buchen, da sich die Etihad weigert, ihn mit einer anderen Maschine mitzunehmen. So war er 16 Stunden am Flughafen und konnte erst am nächsten Tag mit einer Jordanischen Airline fliegen da Etihad für die nächsten 4 Tage ausgebucht ist. Aber wir mussten alles selber bezahlen. Mein Sohn fliegt in einer Woche nach Hause mit Etihad. Ich wollte Sie fragen, ob Etihad die Flüge aufrecht erhalten muss oder dürfen Sie die Flüge streichen da er mit einer anderen Flugline geflogen ist?

Auf eine rasche Antwort wäre ich Ihnen Dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Gaby Honeder
Gefragt in Europäische Fluggastrechte von
Bearbeitet von
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Liebe Gaby,

dein Sohn wollte am 22.07.2016 mit der Airline Etihad einen Flug antreten. Er hatte bereits Vorort eingecheckt und wartete an der Passkontrolle, als Polizisten diese stürmten. Grund dafür war ein mutmaßlicher Terroranschlag, welcher sich später als Amoklauf herausstellte. Aufgrund des Polizeieinsatzes kam es zu erheblichen Verspätungen. Als dein Sohn dann das entsprechende Gate erreichte, wurde ihm die Beförderung verweigert. Dies wurde mit dem Umstand begründet, dass das Boarding bereits abgeschlossen sei. Nachfolgend wurde dann der Koffer deines Sohnes ausgeladen und eine weitere Beförderung mit einer anderen Maschine verweigert. Besonders ärgert dich, dass das Flugzeug noch angedockt war, ein Beförderung deiner Ansicht also noch möglich erschien. Notgedrungen musstest du dann selbstständig einen Ersatzflug für deinen Sohn buchen. Du fragst dich, ob das Veralten von Etihad gerechtfertigt war, oder ob du gegen dieses Vorgehen kannst.

Eventuelle Ansprüche könnten aus der Fluggastrechte Verordnung resultieren. Aufgrund der Nichtbeförderung gemäß Art. 4 VO könnte ein Anspruch auf Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gemäß Art. 7, 8 und 9 VO bestehen.

Art. 4 NICHTBEFÖRDERUNG

„(1) Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass Fluggästen die Beförderung zu verweigern ist, so versucht es zunächst, Fluggäste gegen eine entsprechende Gegenleistung unter Bedingungen, die zwischen dem betreffenden Fluggast und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen zu vereinbaren sind, zum freiwilligen Verzicht auf ihre Buchungen zu bewegen. Die Freiwilligen sind gemäß Artikel 8 zu unterstützen, wobei die Unterstützungsleistungen zusätzlich zu dem in diesem Absatz genannten Ausgleich zu gewähren sind.

(2) Finden sich nicht genügend Freiwillige, um die Beförderung der verbleibenden Fluggäste mit Buchungen mit dem betreffenden Flug zu ermöglichen, so kann das ausführende Luftfahrtunternehmen Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigern.

(3) Wird Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert, so erbringt das ausführende Luftfahrtunternehmen diesen unverzüglich die Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 und die Unterstützungsleistungen gemäß den Artikeln 8 und 9.“

Dies ist jedoch nur dann zu bejahen, wenn der Airline kein Beförderungsverweigerungsrecht zusteht. Gründe die eine Beförderung ausschließen wurden von der Fluggesellschaft in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt.

7.1 BEFÖRDERUNGSVERWEIGERUNGSRECHT (Auszug)

„7.1.1 Wir können Ihre Beförderung oder die Beförderung Ihres Gepäcks verweigern, wenn wir Ihnen im Rahmen unseres pflichtgemäßen Ermessens schriftlich mitgeteilt haben, dass wir Sie oder Ihr Gepäck vom Zeitpunkt dieser schriftlichen Mitteilung an nicht mehr auf unseren Flügen befördern werden. In diesem Fall haften wir lediglich dahingehend, dass Sie Anspruch auf eine Erstattung haben.

7.1.2 Wir dürfen ferner Ihre Beförderung oder die Beförderung Ihres Gepäcks (ohne die Pflicht zu einer vorherigen Mitteilung) auf jedem Flug verweigern (selbst wenn Sie über einen gültigen Flugschein und eine Bordkarte verfügen), wenn eines oder mehrere der folgenden Ereignisse oder Umstände eingetreten sind, oder wir Grund zu der Annahme haben, dass sie eintreten können:

7.1.2.1 Diese Maßnahme ist zur Erfüllung geltender staatlicher Gesetze, Vorschriften, Verordnungen oder politischer Richtlinien erforderlich;

7.1.2.2 die Beförderung von Ihnen und/oder Ihrem Gepäck gefährdet oder beeinträchtigt die Sicherheit, die Gesundheit oder in nicht unerheblichem Maße das Wohlbefinden anderer Fluggäste oder der Besatzung, oder stört tatsächlich oder augenscheinlich die ordnungsgemäße Abwicklung des Luftverkehrs;“

In dem von dir beschriebenen Fall könnte die tatsächliche ordnungsgemäße Abwicklung des Luftverkehrs gestört worden sein. Ein Flug wird bei verschiedenen Stellen angemeldet, nichts geschieht zufällig oder eine vorherige Erlaubnis, nicht einmal das Starten der Triebwerke oder das Push-Back. Das bedeutet, dass sich eine Verspätung nicht nur auf den eigenen, sondern auch auf den Flug-/Zeitplan aller übrigen Flüge auswirkt. Vor allem dann, wenn ein so genannter Slot besteht, also ein von der Flugsicherung vorgegebenes Zeitfenster, in welchem gestartet werden muss. All das ist natürlich mit Kosten verbunden. Daher kann jede Minute des ungeplanten Wartens zur Störung der ordnungsgemäßen Abwicklung des ordnungsgemäßen Flugverkehrs beitragen. Auch, dass das Flugzeug noch angedockt war, ändert nichts an dieser Tatsache. Häufig sind trotz des Andockens die Türen bereits geschlossen. Wenn die Türen einmal geschlossen wurden, können diese nicht ohne weiteres wieder geöffnet werden. Zudem ist es wahrscheinlich, dass über die Ausladung des Koffers bereits beschlossen wurde, bevor dein Sohn überhaupt am Gate eintraf. Aufgrund von Terrorgefahr ist es den Fluglinien strengstens untersagt unbegleitetes Gepäck zu transportieren. Der Lockerbie-Anschlag im Jahre 1988 hat dies nur allzu sehr verdeutlicht. Aufgrund dessen konnte Etihad somit die Beförderung verweigern. Ansprüche aus den Art. 7, 8 und 9 VO entfallen daher gegenüber der Airline. 

Fortsetzung folgt...

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Möglichweise kann jedoch ein Anspruch gegenüber der Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht werden. Hierzu könnte folgendes Urteil interessieren:

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12. August 2013 - Az. 1 U 276/12 (einfach bei Google folgendes eingeben: „reise-recht-wiki.de 1 U 276/12“)

Hier hat das OLG entschieden, dass Reisenden eine Entschädigung zu steht, wenn diese wegen einer zu lange dauernden Sicherheitskontrolle ihren Flug verpassen. „Der Kläger müsse zwar grundsätzlich Kontrollmaßnahmen über sich ergehen lassen, das dürfe jedoch nicht dazu führen, dass er seinen Flug verpasst.“

In dem Fall wollte der Kläger am Flughafen Frankfurt einen Flug antreten, der um 4.20 Uhr starten sollte. An der Sicherheitskontrolle wurde er aufgehalten, weil der Verdacht bestand, in seinem Handgepäck könnten sich gefährliche Gegenstände befinden. In solchen Fällen ruft die Bundespolizei einen Entschärfungstrupp. Dieser hatte jedoch zu der frühen Uhrzeit nur Rufbereitschaft. Es dauerte drei Stunden, bis er vor Ort war. Im Rucksack befanden sich jedoch keine gefährlichen Gegenstände, sondern nur eine Kamera, Ladegräte, Handy und Bekleidung. In der Zwischenzeit war das Flugzeug gestartet. Der Kläger buchte deshalb für sich und seinen Begleiter Tickets für einen anderen Flug. Die Kosten forderte er von der Bundesrepublik Deutschland als Dienstherrin der Bundespolizei.

Ob dieser Fall mit dem deinigen vergleichbar ist, ist jedoch eher zweifelhaft. Zwar weist der Grundsachverhalt meiner Ansicht nach einige Parallelen auf, jedoch ist das dahinterstehende Gefahrenpotential verschieden. Im genannten Fall wurde zugunsten des Klägers entschieden, da solange auf die Einsatzkräfte gewartet werden musste. Anders ist es jedoch im Fall eines vermeintlichen Terrorverdachts. In einem solchen müssen alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu wahren. Daher können hier auch keine Ansprüche gegen die Bundespolizei und somit gegen die Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht werden.

 

Du könntest jedoch einen Anspruch auf eine teilweise Rückerstattung haben. Es wäre auch  grundsätzlich möglich, dass dir der gezahlte Flugpreis vollständig zurückerstattet wird.

So entschied auch das LG Frankfurt in folgendem Urteil:

LG Frankfurt, Urteil vom 08.06.2014, AZ: 2-24 S 152/13 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: "LG Frankfurt 2-24 S 152/13 reise-recht-wiki.de)

Demnach muss die Fluggesellschaft auch den verbleibenden Flugpreis zurückzahlen, wenn sie nicht nachweist, welche Erlöse durch einen anderweitigen Ticketverkauf erzielt wurden oder welche weitere Kosteneinsparung zu verzeichnen war. Dies gilt insbesondere bei Stornierungen lange vor Flugantritt.

Dies ist jedoch in deinem Fall geradezu ausgeschlossen. Da der Sitzplatz erst kurzfristig nicht belegt wurde, konnte dieser wohl kaum zum gleichen Preis, oder überhaupt, weiterverkauft werden. Dadurch erlitt die Fluggesellschaft tatsächlich einen wirtschaftlichen Schaden. Daher ist die vollständige Erstattung des Ticketpreises ausgeschlossen.

Du könntest aber einen Anspruch auf Rückzahlung der im Voraus gezahlten Steuern haben. Ein Luftfahrtunternehmen ist nämlich nicht dazu berechtigt die ersparten Steuern einzubehalten. Prinzipiell steht es jedem Flugreisenden zu einen Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB geltend zu machen, wenn er den Flug nicht antreten konnte. Dieser Anspruch umfasst sämtliche personenbezogenen Steuern und Gebühren, die in dem Ticketpreis enthalten waren. Diese Zahlungen können von der Fluggesellschaft zurückgefordert werden, da die Airline selbst diese Steuern und Gebühren erst dann abführen muss, wenn der Passagier auch wirklich den Flug antritt. Wenn die Airline die Rückerstattung verweigert, kann eine ungerechtfertigte Bereicherung vorliegen.

Vgl. KG Berlin, Urteil vom 12.08.2014, Az.: 5 U 2/12 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " KG Berlin 5 U 2/12 reise-recht-wiki.de)

Zudem darf eine Fluggesellschaft kein Entgelt für die Bearbeitung stornierter oder nicht angetretener Flüge verlangen.

Oftmals besteht jedoch die Problematik, dass dem Fluggast nur schwer ersichtlich ist, welche Steuern und Gebühren für welche Aufwendungen anfallen. Es ist daher häufig schwer nachzuvollziehen, welche Ersparnisse die Airline im Rahmen der Stornierung wirklich hatte. Daher wurde gerichtlich entschieden, dass die Airline die Pflicht trifft nachzuweisen, welcher Schaden ihr durch die Stornierung wirklich entstanden ist.

Vgl. LG Frankfurt mit Urteil v. Juni 2014 AZ: 2-24 S 152/13 (bei Google nachzulesen unter "reise-recht-wiki 2-24 S 152/13")

Demnach steht es dem Fluggast zu entsprechende Erkundigungen einzuholen und gegebenenfalls eine höhere Rückerstattung zu verlangen.

Folglich kannst du zumindest einen Anspruch auf Rückzahlung der Steuern und Gebühren gegenüber Etihad geltend machen. Ein weiterer Anspruch besteht meiner Ansicht nach leider nicht.

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