Guten Tag Johanna,
Sie haben einen Flug nach Kreta und zurück gebucht. Ihr Hinflug wurde von 7:45 auf 16:40 Uhr verlegt. Damit kommen Sie knapp 9 Stunden später an Ihrem Zielort an.
Aus Ihrer Nachricht geht leider nicht eindeutig hervor, ob es sich bei Ihrer Buchung um einen Nur-Flug oder um eine Pauschalreise handelt, daher soll beides angesprochen werden um zu ermitteln ob Sie die Möglichkeit einer Reisepreisminderung haben.
1. Nur-Flug
Haben Sie einen Nur-Flug gebucht könnten sich für Sie Ansprüche aus der EU-VO ergeben. Bei einer Verlegung eines Fluges um beinahe 9 Stunden kann nämlich wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Annulierung desselben handelt, und Ihnen dann Ansprüche aus Artikel 5 EU-VO zukommen.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Artikel 7 EU-VO könnte Ihnen beispielsweise zukommen, dazu wäre es allerdings wichtig zu wissen, wie lange Sie vor dem geplanten Abflug informiert worden sind. Wurden Sie mehr als 2 Wochen zuvor informiert, entfällt ein solcher Anspruch, und ebenso, wenn sich die Airline als Grund für die Verschiebung auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen kann.
Bei einer Annulierung haben Sie aber auf jeden Fall Ansprüche aus Artikel 8 EU-VO, möglicherweise sind diese für Sie von Interesse:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit
– einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Sie können dann zwar nicht den Reisepreis mindern, aber doch das Ticket zurückerstatten lassen oder eine Alternativverbindung verlangen, sodass Sie doch früher im Hotel ankommen und auch das All-In-Essen zu sich nehmen können.
2. Pauschalreise
Wenn Sie eine Pauschalreise gebucht haben könnten Sie die Möglichkeit haben Ansprüche gegen Ihren Reiseveranstalter aus den §§ 651 a - m BGB geltend zu machen. Der Reiseveranstalter kann sich durch eine Änderungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber eine von Ihnen beschriebene Flugzeitenänderung vorbehalten haben.
Dazu folgendes Urteil:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2014, Az: I-6 U 123/12 (einfach zu finden im Reise-Recht-Wiki, wenn Sie bei Google Az: I-6 U 123/12 eingeben)
Klauseln, die einem Reiseveranstalter das Recht einräumen, Flugzeiten zu ändern und Zwischenlandungen hinzuzufügen, verstoßen gegen § 308 Nr. 4 BGB.
Es gibt also zwei Möglichkeiten:
a) Die Flugzeiten sind fester Vertragsbestandteil
Soweit die Flugzeiten ein fester Vertragsbestandteil geworden sind hat sich der Reiseveranstalter an diese zu halten, denn sonst liegt ein Vertragsbruch vor. Dann könnte Ihnen das Recht zu Schadensersatz und Minderung zustehen, oder aber Sie könnten von dem Vertrag zurücktreten.
b) Die Flugzeiten sind kein fester Vertragsbestandteil
Sind die Flugzeiten kein fester Vertragsbestandteil, dann wird eine Änderung derselben zu einem Reisemangel, wenn sie mehr als den ersten und den letzten Reisetag betrifft, Ihnen aus objektiven Gründen nicht zuzumuten ist, oder Ihre Nachtruhe erheblich verkürzt.
Es sei erst einmal davon auszugehen, dass die Flugzeiten kein fester Vertragsbestandteil sind - dies scheint oft der Fall zu sein. Dann stellt sich die Frage nach der Zumutbarkeit der Verschiebung.
Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind. Der Begriff der Zumutbarkeit ist jedoch nicht eindeutig definiert. Eine Flugzeitenänderung ist klassischerweise eindeutig dann unzumutbar, wenn dadurch die Nachtruhe beeinträchtigt wird. Wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese ebenfalls unzulässig.
Mit der Verschiebung von knapp 9 Stunden liegen Sie über der in dem Urteil vage festgelegten noch hinzunehmenden Zeitspanne. Man muss aber auch sagen, dass Ihre Nachtruhe durch die Verschiebung vermutlich nicht gestört wird - was nicht zumutbar sein könnte - und es außerdem für eine Minderung wichtig wäre, wie lang Ihre Reise sein wird.
AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Hamburg 22b C 672/96 reise-recht-wiki.de“)
Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden. > Minderungsanspruch bejaht.
(Fortsetzung folgt..)