Hallo Manu,
ihr habt eine Reise nach Formentera gebucht. Euer Rückflug war ursprünglich um 21 Uhr, nun wurde sie auf 9 Uhr verschoben.
Aus deiner Nachricht erschließt sich mir leider nicht, ob einen Nur-Flug oder eine Pauschalreise gebucht habt. Ich schreibe also erstmal für beide Möglichkeiten meine Meinung.
> Pauschalreise
Eine gebuchte Pauschalreise meint einen gebuchten Reisevertrag mit einem Reiseveranstalter nach den §§ 651 a - m BGB. Danach können sich denke ich auch Ansprüche diesem gegenüber ergeben, soweit ein mit einem Mangel behaftete Reise anzunehmen ist. Diese Flugzeitenverschiebung könnte ein Mangel sein.
AG KÖLN, Urteil vom 07.09.2015, Az.: 142 C 78/15 (einfach zu finden, wenn du das Urteil bei Google eingibst: Amtsgericht Köln 142 C 78/15 reise-recht-wiki.de)
Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist.
Vielleicht ist diese Verschiebung geeignet die Beschaffenheit der Reise zu schmälerin oder deren Tauglichkeit zu mindern.
Dazu wäre interessant zu wissen, ob die Flugzeiten ein fester Bestandteil des Reisevertrages waren, oder nicht. Denn Reiseveranstalter können sich in bestimmten Klauseln in ihren AGB solche Reisezeitänderungen vorbehalten.
Zwar:
LG Hannover, Urt. v. 13.03.2012, Az: 18 O 79/11
Ein Vermerk, dass angegebene Flugzeiten vollkommen unverbindlich sind und deren endgültige Festlegung dem Reiseveranstalter obliegt ist ungültig.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2014, Az: I-6 U 123/12 (einfach zu finden im Reise-Recht-Wiki, wenn Sie bei Google Az: I-6 U 123/12 eingeben)
Klauseln, die einem Reiseveranstalter das Recht einräumen, Flugzeiten zu ändern und Zwischenlandungen hinzuzufügen, verstoßen gegen § 308 Nr. 4 BGB.
Das heißt, eine Klausel, die einen Umgang mit dem Flugzeiten nach Belieben ermöglichen soll, ist unwirksam. Aber Änderungen können in Ordnung sein, soweit sie dem Reisenden zumutbar sind.
Die Verschiebung könnte aber erheblich und unzumutbar sein.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Aber wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese unzulässig.
Die durch das OLG Düsseldorf festgelegte Obergrenze von 8 Stunden wird bei eurer Verschiebung überschritten. Und ich persönlich könnte mir vorstellen, dass davon ausgegangen werden kann, dass euch auch ein ganzer Urlaubstag durch diese Verschiebung vom Abend in die Morgenstunden verloren geht.
Nimmt man deshalb einen Mangel an, könnte euch dies verschiedene Ansprüche eröffnen. Nach § 651e BGB könnte eine kostenfreie Kündigung möglich sein, oder aber nach § 651d BGB eine Reisepreisminderung.
AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Hamburg 22b C 672/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch bejaht. Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden.
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az. 10 C 1621/08 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Ludwigsburg 10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de“)
Minderung bejaht. Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7tägigen Flugreise stellt einen Reisemangel dar und berechtigt zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
Ein Minderungsanspruch scheint also einmal von der Länger ihrer Reise abhängig, und dann von dem Ausmaß der Flugzeitenverlegung. Beides wird wohl in Verhältnis zueinander gesetzt.
Meldet euch doch einmal bei eurem Reiseveranstalter und sprecht mit diesem darüber.
> EU-Fluggastrechteverordnung
Falls ihr gar keine Pauschalreise gebucht habt, sondern einen Nur-Flug, dann könnten auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung zustehen.
Danach gibt es verschiedene Möglichkeiten wenn beispielsweise eine Annulierung nach Artikel 5 EU-VO vorliegt.
Artikel 5 EU-VO:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn, (...)
(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Fortsetzung folgt...