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Lieschen Müller sucht nach Flügen auf eine Urlaubsinsel. Es werden am gewünschten Rückflugtag insgesamt drei Rückflüge in ihre Heimatstadt angeboten, einer um 11:00 Uhr, einer um 14:00 Uhr und einer um 19:00 Uhr. "Am Abend heimfliegen - Das wäre schon toll! Da hat man ja noch den ganzen Tag Zeit, am Strand zu liegen", denkt sich Lieschen. Es dauert jedoch nicht lange, bis sie folgende Feststellung macht:

"Je später der Rückflug, desto höher der Preis"

"11:00 Uhr - Bis dahin habe ich ja noch genügend Zeit, zu einer normalen Uhrzeit aufzustehen, mich zu kultivieren, zu frühstücken, aus dem Hotel auszuchecken und mich zum Flughafen zu begeben. Bei dem Preisunterschied verzichte ich doch lieber auf den halben Tag am Strand und buche den Rückflug um 11:00 Uhr.", beschließt Lieschen.

Zwei Monate später (es sind noch fünf Monate Zeit bis zur Urlaubsreise) erhält Lieschen die Mitteilung der Airline, dass ihr Flug auf 8:15 Uhr vorverlegt wird. Sie ärgert sich jetzt schon ein wenig: "Jetzt muss ich schon sehr früh aus dem Hotel auschecken, verpasse das Frühstück und bin nicht ausgeschlafen. Für mich ist klar:

"Die Vorverlegung ist eine Wertminderung, auch wenn sie nicht größer als drei Stunden ist, dadurch kein Schaden entsteht und man früh genug informiert wird"

Außerdem fällt ihr ein, dass sie einen Flug zu dieser Zeit womöglich hätte woanders günstiger bekommen können. Sie möchte dies nicht kampflos hinnehmen und recherchiert im Internet. Dabei macht sie folgende Feststellung: 

"Selbst wenn diese Vorverlegung des Fluges gem. EuGH Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 einer Annullierung entspricht, hat man keine Ansprüche auf Ausgleichsleistungen nach Artikel 5 Abs. 3 der EU-Fluggastrechteverordnung, da man rechtzeitig über die Verlegung unterrichtet wurde."

Lieschen Müller ist mit ihrem Latein am Ende und nimmt dies so hin. 

Ihr Name steht in meinem Beitrag sinnbildlich für den Durchschnittskunden einer Flugreise. Vermutlich geschieht o.g. "Phänomen" in Deutschland täglich hundertfach. Meine Recherchen nach Protesten hierüber ergaben nur wenig. Es ist daher davon auszugehen, dass der Durchschnittsbürger dies protestlos hinnimmt. Deshalb nun meine erste Frage: 

Frage 1: Hat man bei einer Vorverlegung eines Fluges das Recht auf Ausgleichsleistungen, auch wenn man darüber rechtzeitig unterrichtet wurde und es sich bei der Flugverschiebung "nur" um bis zu drei Stunden handelt?

Unabhängig hiervon kann man die Vermutung in den Raum stellen, dass Airlines o.g. Procedere regelmäßig anwenden, um ahnungslose Kunden wie beschrieben zu "ködern" und daraus Profit zu schlagen. Daher auch gleich meine zweite Frage:

Frage 2: Gibt es Hinweise/Beweise/Studien darüber, dass Airlines Verlegungen von Flügen regelmäßig praktizieren, um zunächst mit den "besseren" Flugzeiten auf Kundenfang zu gehen? Wenn ja, wurde dem bereits entgegengewirkt?

Ich würde mich sowohl über Antworten auf meine Fragen als auch über Diskussionen zu den genannten Vorgehensweisen sehr freuen. Da ich ein Laie in Sachen Flugrecht bin, lasse ich mich auch gerne berichtigen. Vielen Dank!

Gefragt in Flugzeitenverschiebung von (130 Punkte)
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2 Antworten

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Du beschreibst, so wie ich dich verstehe, eine theoretische Situation. Eine Lieschen Müller bucht einen Flug auf 11 Uhr, dieser wird allerdings 5 Monate vor der geplanten Reise auf 8:15 Uhr vorverlegt.

Wenn ich dich richtig verstehe, dann fragt sich Lieschen Müller, welche Ansprüche sie hat. Dabei sprichst du bereits von der EU-Fluggastrechteverordnung, an die ich persönlich auch erst einmal denken würde, und schließt Ansprüche aus Artikel 7 EU-VO richtigerweise aus meine ich - denn du sagst, dass Lieschen Müller früher als 2 Wochen im Voraus informiert wurde. Dies ergibt sich allerdings nicht aus Artikel 5 Absatz 3, wie du schreibst, sondern aus Artikel 5 Absatz 1 c) i). Artikel 5 Absatz 3 EU-VO beschäftigt sich mit dem Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die, wenn sie zu einer Annullierung führen, von der Fluggesellschaft substantiiert dargelegt ebenfalls einen Ausschluss der Ausgleichszahlungen begründen können.

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden unter: „C-83/10 reise-recht-wiki“)

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. 

Ich meine, dass du deine Frage 1 damit schon selbst beantwortet hast. Ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach Artikel 7, der einem Passagier bei einer Flugannullierung im Sinne von Artikel 5 EU-VO zustehen kann entfällt, wenn der Passagier früh genug informiert wurde. Und früh genug meint in jedem Fall früher als 2 Wochen im Voraus:

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder (...)

Bei einer Informierung 5 Monate im Voraus entfällt, so der Wortlaut des Artikel 5, ein Anspruch nach Artikel 7. Eine anderweitige Auslegung ist mir persönlich nicht bekannt, ebenso wenig wie Urteile, die eine andere Vorgehensweise begründen würden.

Du sprichst außerdem, von der 3-Stunden-Grenze bei Vorverlegungen. Möglicherweise im Sinne dieser Urteile:

EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter ”reise-recht-wiki”

Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […]ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.

EuGH, Urteil vom 10.2012, Az: C-629/10 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst “ EuGH C 629/10 reise-recht-wiki.de“)

In diesem Urteil hat der EuGH mehrfach darauf hingewiesen, dass Grund für die Anwendungen der Ausgleichszahlungen der Umstand sei, dass ein Zeitverlust von mehr als 3 Stunden entstanden ist und die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten ausgeglichen werden sollen. Für den Passagier ist es nämlich allein entscheidend, wann er an seinem Zielort eintrifft und nicht, ob die Verspätung vor oder nach Abflug entsteht.

Dabei geht es meiner Meinung nach um Verspätungen, beziehungsweise Flugverschiebungen nach hinten. Dabei, so den Urteilen des EuGH zufolge, soll für die Annahme einer Flugannullierung beziehungsweise das Auslösen von Ansprüche aus Artikel 7 EU-VO tatsächlich eine Verschiebung von mehr als 3 Stunden vorliegen.

Vorverlegungen betreffend existiert aber außerdem dieses Urteil:

AG Hannover, Urteil vom 21.04.2011, AZ: 512 C 15244/10 (einfach zu finden, wenn du bei Google AG Hannover 512 C 15244/10 reise-recht-wiki.de eingibst)

Bei einer Vorverlegung eines Fluges entspricht dies einer Annullierung des ursprünglichen Fluges, wenn die Vorverlegung mehr als zehn Stunden beträgt.

BGH, Urteil vom 09.06.2015, Az.: X ZR 59/14 (einfach zu finden, wenn du bei Google BGH X ZR 59/14 reise-recht-wiki.de eingibst)

Der BGH hat entschieden, dass eine Vorverlegung um 9 Stunden einer Annullierung des Fluges gleichkomme, auch wenn die Passagiere auf einen anderen Flug umgebucht werden.

Vorverlegungen verlangen, so die obigen Urteile, also meien ich noch eine drastischere zeitliche Zäsur, um als Annulierung zu gelten. Die in deinem Fall genannten knappen 3 Stunden erscheinen mir vor dem Hintergrund der obigen Urteile deshalb an sich als zweifelhaft, um überhaupt als Annullierung angesehen werden zu können. Allerdings hängt dies selbstverständlich wie immer vom Einzelfall ab.

 

Du fragst außerdem, ob es Studien gibt, die belegen können, dass Airline Verlegungen von Flügen praktizieren, um zunächst auf Kundenfang zu gehen, und diese dann umzubuchen.

Soweit ich weiß existiert auch keine Praxis des Kundenfangs und der anschließenden Umbuchung. Es ist meine ich so, dass eine gewisse Flexibilität vonnöten ist, um den Flugverkehr zu gewährleisten. Kommt es zu solchen Umbuchungen wie oben genannt, dann stehen Passagiere ja außerden nicht schutzlos da. Die EU-Fluggstrechteverordnung eröffnet, neben Artikel 7 EU-VO, auch noch weitere Ansprüche. So auch den Artikel 8 EU-VO, der es dem Passagier möglich sich den Flug kostenfrei und vollständig von der Airline erstatten zu lassen. Dann könnte, wie in deinem Beispiel, Lieschen Müller mit dem gewonnen Geld 5 Monate vor Reisebeginn einen Flug bei einer anderen Airline buchen. Sie hatte sich ja ohnehin schon Gedanken darüber gemacht, ob sie nicht anderswo ein günstigeres Angebot finden könnte. Daher ist meine ich in diesem Fall auch eine Ausgleichszahlung nicht unbedingt notwendig. Eine Ticketerstattung, oder die Nachfrage nach einer Umbuchung ebenfalls im Sinne der Artikel 8 EU-VO, können den Bedürfnissen eines Passagieres durchaus gerecht werden meine ich:

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, (...)

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Es ist natürlich nichtsdestotrotz ärgerlich für Passagiere, wenn Flüge verlegt werden. Falls du also ein schlechtes Gefühl hast, dann steht es dir natürlich frei das Vorgehen deiner Airline gerichtlich prüfen zu lassen, oder zumindest einen Anwalt zurate zu ziehen, wenn du einmal in dieselbe Situation wie Lieschen Müller kommen solltest. 

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Es sollte ein Flug gebucht werden. Da Abendflüge teurer sind, wurde ein Flug um 11 Uhr morgens gewählt. Dieser wurde jetzt, ca 5 Monate vor Antritt der Reise, jedoch um 3 Stunden nach vorne verlegt.

Sie fragen sich nun, ob durch diese Verschiebung irgendwelche Ansprüche entstehen. Ansprüche lassen sich bei „Nur-Flug Buchungen“ aus der Fluggastrechte Verordnung herleiten. Die Verordnung ist eine gemeinsame Regelung des Europäischen Parlaments und Rates, welche sich mit der Problematik der Nichtbeförderung, Annullierung und großen Verspätung von Flügen auseinandersetzt. Sie dient der Geltendmachung von Rechten der Fluggäste gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen.

In Ihrem Fall könnte ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 der Verordnung bestehen. Dieser ist jedoch nur durchsetzbar, wenn es sich im vorliegenden Fall um eine Annullierung oder großen Verspätung handelt. Siehe dafür folgendes Urteil.

Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google-Suche zu finden unter: "C-83/10 reise-recht-wiki")

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
 

Fraglich ist, wie sich das ganze dann verhält, wenn der Flug nicht nach hinten sondern nach vorne verlegt wird.

Siehe dafür folgendes Urteil:

 

Vgl. AG Hannover, Urt. v. 11.04.2011 – 512 C 15244/10 (bei Google-Suche zu finden unter: "AZ 512 C 15244/10 reise-recht-wiki")

Wird ein Flug erheblich nach vorne verlegt, so wird dies wie die Annullierung des Fluges behandelt. Als erheblich gilt dabei in jedem Fall eine Vorverlegung ab 10 Stunden.
 

In deinem Fall wurde der Flug jedoch nur um 3 Stunden nach vorne verlegt. Da zwischen 3 und 10 Stunden ein erheblicher Unterschied besteht, denke ich, dass es leider schwer sein wird einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen durchzusetzen.

Des Weiteren würde ein  Ausgleichsleistungen nach Artikel 7, der einem Passagier bei einer Flugannullierung im Sinne von Artikel 5 EU-VO zustehen kann sowieso entfällt, wenn der Passagier früh genug informiert wurde. Und früh genug meint in jedem Fall früher als 2 Wochen im Voraus:

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder (...)

 

Unabhängig davon, ob es sich in Ihrem Fall nun um eine ausgleichsbegründende Annullierung handelt oder nicht, entfällt der Anspruch auf Ausgleichszahlungen ohnehin schon dadurch, dass Sie rechtzeitig informiert wurden.

 

Sie fragen sich außerdem, ob es Hinweise/Beweise/Studien darüber gitb, dass Airlines Verlegungen von Flügen regelmäßig praktizieren, um zunächst mit den "besseren" Flugzeiten auf Kundenfang zu gehen.

Dieses lässt sich natürlich nicht ausschließen. Doch ist es meines Erachtens schwer, die Möglichkeit einer nachräglichen Veränderung der Flugzeiten vollkommen auszuschließen, da eine Felxibilität im Flugverkehr steht gewährleistet werden muss. Es ist natürlich ärgerlich, wenn die Flugzeiten zu Ungunstgen des Reisenden verändert werden, doch lässt sich dieses leider nicht komplett ausschließen. Besonders geringe Flugzeitenverlegungen müssen regelmäßig leider einfach hingenommen werden.

 

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