Hallo Annette Wiesner,
ihr habt eine Pauschalreise nach La Gomera gebucht, für die leider die Abflugzeiten verschoben wurden. Zunächst solltet ihr um 06:30 Uhr nach Teneriffa fliegen, nun aber um 17:30, was dazu führt, dass ihr erst am darauffolgenden Tag euren Urlaub auf La Gomera beginnen könnt.
Euch wurde eine Reisepreisminderung über 140 Euro angeboten, und du fragst dich, ob du noch andere Möglichkeiten hast.
1. BGB
So wie ich dich verstehe hat dir euer Reiseveranstalter eine Reiseminderung im Sinne von § 651d BGB angeboten:
(1) Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3. § 638 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.
Danach kann eine Reise gemindert werden denke ich, soweit sie mangelhaft ist, also ein Mangel vorliegt.
Euer Reiseveranstalter scheint euch ja zuzugestehen, dass diese Abflugverschiebungen ein Mangel sind:
AG KÖLN, Urteil vom 07.09.2015, Az.: 142 C 78/15 (einfach zu finden, wenn du das Urteil bei Google eingibst: Amtsgericht Köln 142 C 78/15 reise-recht-wiki.de)
Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist.
Das würde ich deshalb mal so hinnehmen, und annehmen, dass ein Mangel im Sinne des Urteils des AG Köln anzunehmen ist.
Minderungen nach § 651d BGB sind dann meiner Meinung nach, und so geht es auch aus dem Paragraphen hervor, nach § 638 Abs. 3 BGB zu bemessen:
(3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.
So auch der BGH, der den "Wert des Werkes", wie es in § 638 BGB steht, denke ich etwas mehr auf den Sachverhalt einer Reise umdeutet:
BGH, Urteil vom 14.05.2013, Az.: X ZR 15/11 (einfach für dich zu finden, wenn du bei Google BGH X ZR 15/11 reise-recht-wiki.de eingibst)
Grundsätzlich werde die Minderungsquote nach § 651d Abs. 1 BGB nach Maßgabe des § 638 Abs. 3 BGB errechnet, wobei ein Gesamttagespreis der Berechnung zugrunde gelegt werde.
Nach diesem soll ein Gesamttagespreis der Berechnung zugrunde gelegt werden.
Über die genaue Summe entscheidet im Streitfall dann das Gericht:
AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Hamburg 22b C 672/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch bejaht. Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden.
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az. 10 C 1621/08 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Ludwigsburg 10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de“)
Minderung bejaht. Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7tägigen Flugreise stellt einen Reisemangel dar und berechtigt zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
Euch wurden 140 Euro für alle 4 Reiseteilnehmer geboten. Das erscheint mir persönlich etwas dürftig. Wenn ich dazu einmal im Vergleich die Ansprüche auf Ausgleichszahlungen aus der EU-VO nach Artikel 7 anschaue, welche pro Fluggast gewährt werden und bei 250 Euro anfangen, verstärkt sich dieser persönliche Eindruck nochmals.
Da ich keine weiteren genauen Informationen über die geplante Dauer eurer Reise und andere Modalitäten habe ist es mir kaum möglich einzuschätzen wie hoch eine Preisminderung ausfallen könnte. Da ihr aber einen ganzen Tag später an eurem Reiseziel ankommt erscheinen mir 140 Euro für 4 Personen nach wie vor sehr dürftig, und ihr könntet euch ja noch einmal mit eurem Reiseveranstalter in Verbindung setzen, oder aber einen Anwalt hinzuziehen.
Eine weitere Idee wäre einen Anspruch wegen entgangener Urlaubsfreuden nach § 651f II BGB geltend zu machen.
OLG Köln, Urteil vom 14.07.2008, Az.: 16 U 82/07 (einfach zu finden, wenn du bei Google OLG Köln 16 U 82/07 reise-recht-wiki.de eingibst)
Ein Schadensersatzanspruch gem. § 651f Abs. 2 BGB wegen entgangener Urlaubsfreude stehe den Klägern jedoch nicht zu, weil die dafür erforderliche erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Regelfall erst angenommen werden könne, wenn der Gesamtwert der Reise um mehr als 50 % gemindert sei.
Dazu reicht die Beeinträchtigung in eurem Fall aber denke ich nicht aus.
Fortsetzung folgt...