Der Flug deines Freundes von München über Amsterdam nach Trondheim startete in München leider zu spät, sodass er seinen Anschlussflug in Amsterdam leider nicht erreicht hat. Er wurde deshalb umgebucht, und flog deshalb anstatt um 9 Uhr um 20:45 nach Amsterdam weiter.
Du fragst nach einem Anspruch auf 250 Euro.
Ich nehme an, dass du nach einem Anspruch aus Artikel 7 EU-Fluggastrechteverordnung fragst:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Die Entfernung von München über Amsterdam nach Trondheim beträgt laut dem Great Circle Mapper knapp 2000km.
Insofern kann ich mir schonmal vorstellen, dass deinem Freund wenn sogar ein Anspruch nach b) auf 400 Euro zustehen könnte.
Fraglich ist aber, ob ihm ein solcher Anspruch an sich zustehen kann. Beispielsweise gemäß Artikel 4 EU-VO wegen Nichtbeförderung, oder gemäß Artikel 5 EU-VO wegen einer Annulierung.
Dabei geht es nicht um die Verspätung beim Abflug in München, sondern um die Verspätung bei der Ankunft in Amsterdam, die ja auch das Verpassen des Anschlussfluges begründet.
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter EuGH C-452/14 8 „reise-recht-wiki.de“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Darüber hinaus bedarf es dazu lediglich einer Verspätung von 3 Stunden um einen Anspruch nach Artikel 7 auszulösen. So der EuGH:
EuGH, Urteil vom 10.2012, Az: C-629/10 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst “ EuGH C 629/10 reise-recht-wiki.de“)
In diesem Urteil hat der EuGH mehrfach darauf hingewiesen, dass Grund für die Anwendungen der Ausgleichszahlungen der Umstand sei, dass ein Zeitverlust von mehr als 3 Stunden entstanden ist und die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten ausgeglichen werden sollen. Für den Passagier ist es nämlich allein entscheidend, wann er an seinem Zielort eintrifft und nicht, ob die Verspätung vor oder nach Abflug entsteht.
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter ”reise-recht-wiki”
Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […]ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.
Und auch das LG Frankfurt:
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013, Az.: 2-24 S 47/12 (einfach für dich zu finden bei Google unter LG Frankfurt 2-24 S 47/12 "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Dein Freund kam knapp 12 Stunden später als geplant in Trondheim an schreibst du.
Ich persönlich kann mir deshalb, vor dem Hintergrund der EuGH Urteile, vorstellen, dass er einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Artikel 7 EU-VO geltend machen kann.