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Hallo!

Ich habe im Novmber einen Hin- und Rückflug bei Lufthansa gebucht. Teilweise werden die Flüge durch United Airlines durchgeführt. Das Ticket läuft aber über Lufthansa.

Die Flüge finden im Juli/August statt.

Es wurde bisher zweimal die Rückflugroute geändert. Es gab Aircraft changes und die Flugzeiten wurden 6-7 mal geändert.

Den Grund für die vielen Änderungen konnte man mir nie nennen. Komischerweise existieren die ursprünglichen Flugrouten noch, ich wurde also lediglich auf einer andere Route umgebucht.

 

Muss ich mir das in diesem Ausmaß gefallen lassen, weil die Flüge erst in ca. 2 Monaten stattfinden oder kann ich bei einer erneuten Änderung stornieren oder auf Umbuchung auf eine andere Airline drängen ?

Man ist diesen Großkonzernen ziemlich ausgeliefert.

 

Besten Dank,

Lizard
Gefragt in Flugzeitenverschiebung von (120 Punkte)
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3 Antworten

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Hallo Lizard,

du hast Flüge gebucht, bei denen viele Änderungen vorgenommen wurden. Du fragst dich, ob du deine Flüge deshalb stornieren kannst.

Ich denke dabei an Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung. Bei diesen vielen Verschiebungen deiner Flüge denke ich, dass vielleicht an eine Annulierung derselben gedachten werden könnte. Dann sind Ansprüche aus Artikel 5 EU-VO möglich:

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen

a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,

b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder (...)

Um Ansprüche danach geltend machen zu können müsste eine Annulierung vorliegen. Eine Annulierung liegt dabei vor, wenn, so der EuGH, ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden unter: „C-83/10 reise-recht-wiki“)

Wann Annullierungen annehmbar sind kann meine ich an bestimmten Urteilen abgesteckt werden. Du schreibst zwar keine Details zu den zahlreichen Änderungen, aber es gab unter Anderem zwei Flugrouten Änderungen.

Zu zeitlichen Vorverlegungen entschied der BGH:

BGH, Urteil vom 09.06.2015, Az.: X ZR 59/14 (einfach zu finden, wenn du bei Google BGH X ZR 59/14 reise-recht-wiki.de eingibst)

Der BGH hat entschieden, dass eine Vorverlegung um 9 Stunden einer Annullierung des Fluges gleichkomme, auch wenn die Passagiere auf einen anderen Flug umgebucht werden.

Eine Grenze von 9 Stunden ist zu überschreiten.

Der EuGH legte bei zeitlichen Verschiebungen nach hinten:

EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter ”reise-recht-wiki”

Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […]ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.

Eine Grenze von 3 Stunden muss überschritten werden.

Deine Flugzeiten wurden 6-7 Mal verändert schreibst du. Überprüfe vielleicht noch einmal selbst, ob bei einer der Veränderungen die obigen zeitlichen Rahmen überschritten wurden. Ansonsten würde ich persönlich aber davon ausgehen, dass ob der zahlreichen Veränderungen von einer Annulierung ausgegangen werden konnte - deine ursprüngliche Flugverbindung scheinst du so ja nicht mehr wahrnehmen zu können.

Dann kommen wir zurück zu den Möglichkeiten aus Artikel 5 EU-VO. Das sind meiner Meinung nach Möglichkeiten aus Artikel 7 und 8 EU-VO.

Du schreibst, dass deine Flüge noch 2 Monate im Voraus derartig verschoben wurden. Damit ist aber leider die zeitliche Grenze von weniger als 2 Wochen nicht unterschritten, die Artikel 5 EU-VO voraussetzt. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen entfällt deshalb denke ich.

Allerdings bleibt Artikel 8 EU-VO, und ich denke, dass der interessant sein könnte für dich:

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, (...)

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Dieser Artikel ermöglicht bei einer Annulierung die von dir gewünschte Stornierung. Du kannst dir nämlich deine Flugscheinkosten vollständig erstatten lassen. Dazu müsstest du dich mit deiner Airline in Verbindung setzen und dies einfordern denke ich.

Beantwortet von (14,180 Punkte)
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Danke für Deine Ausführungen, Expo. Sehe ich fast genauso, allerdings ist die Stornierung meist die schlechteste aller Optionen. Besser ist fast immer die Fluggesellschaft auf den Flugbeförderungsvertrag festzunageln und aus dem Vertrag vorzugehen.
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Lieber Fragesteller,

Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen:

Sie müssen die fortgesetzten Flugänderungen nicht akzeptieren. Stornieren (=kündigen) können Sie die Flüge immer. Meist ist dies jedoch die ungünstigste aller Optionen. Daher hier die Rechtslage:

Flugzeitenänderungen sind ärgerlich. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Reiseveranstalter und Fluggesellschaften besonders begehrte Flug- und Tageszeiten durch Blickfangwerbung speziell hervorheben und Reisen mit günstigen und beliebten Reisezeiten für teures Geld und häufig mit Aufpreis verkaufen. Kurz vor Beginn des Urlaubs versenden Reiseveranstalter und Fluggesellschaften dann munter Änderungsmitteilungen, in denen die Verlegung der Flugzeit (meist auf die unbeliebten Randzeiten) bedauert wird - honi soit qui mal y pense. Wer bei Reisebuchung einen Aufschlag für die gewünschten Flugzeiten zahlt und dann von einer Flugzeitenänderung überrascht wird, ärgert sich zu Recht. Reisende sind jedoch nicht rechtlos.

1. Ist die Flugänderung zulässig?

Grundsätzlich ist es rechtlich einfach: Vertrag ist Vertrag! Juristen drücken diesen seit römischen Rechtszeiten geltenden Grundsatz gerne mit der lateinischen Floskel aus: pacta sunt servanda. Die wesentlichen Vertragsinhalte des Flugbeförderungsvertrages sind für beide Parteien (Fluggast und Fluggesellschaft) rechtsverbindlich. Sinn und Zweck eines Vertrages ist es ja gerade, die gegenseitigen Verpflichtungen der Vertragsparteien verbindlich festzulegen. Nach Vertragsschluss kann keine Vertragspartei die Vertragsinhalte einseitig ändern.

Der Fluggast hat aus dem mit der Fluggesellschaft eingegangenen Luftbeförderungsvertrag das Recht, mit den gebuchten Flügen und zu den vereinbarten Zeiten befördert zu werden (Verfügungsanspruch). Demgegenüber war die Fluggesellschaft nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Flugpassagiers eine Umbuchung dahin vorzunehmen, dass die erste Teilstrecke der Flugreise zu einer anderen Uhrzeit mit einem anderen Flug durchgeführt wird. Darin liegt eine Vertragsänderung, welche zwei übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien erfordert hätte“ (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 04.12.2013, Az: 22 S 152/13; AG Düsseldorf, Urt. v. 05.09.2013, Az: 37 C 10805/13 gegen SAS Scandinavian Airlines).

 

 

2. Ist die Flugänderung bzw. Flugzeitenänderung zumutbar?

Wichtigste Voraussetzung ist, dass die Leistungsänderung der Fluggesellschaft für den Fluggast zumutbar sein muss (vgl. die gesetzliche Vorschrift des §308 Nr. 4 zum Änderungsvorbehalt und z.B. das Urteils des BGH gegen die Lufthansa - BGH, Urt. v. 20.01.1983, Az: VII ZR 105/81: „Die entscheidende Frage ist die, ob die Änderung für den Fluggast zumutbar ist“).

Beantwortet von (15,620 Punkte)
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FORTSETZUNG:

Im Werkvertragsrecht ist eine Flugänderung und/oder Flugzeitenänderung rechtlich erheblich, wenn dem Fluggast eine Verspätung nicht mehr zuzumuten ist. Was zumutbar ist und was nicht, ist eine Entscheidung des Einzelfalls. Flugänderungen von mehr als 60 Minuten sind grundsätzlich unzumutbar und damit vom Fluggast nicht hinzunehmen.

In Ihrem Fall sind die Flugänderungen wesentlich und unzumutbar.

FLUGÄNDERUNG - WELCHE ANSPRÜCHE HABE ICH?

  • Akzeptieren
  • Rücktritt (=Kostenlose Flugstornierung unter Erstattung aller vorausgeleisteten Gelder ohne Bearbeitungsgebühren)
  • Anspruch auf Alternativbeförderung zu vergleichbaren Bedingungen (=Ersatzflug)
  • Erfüllt Lufthansa den Anspruch nicht, kann der Anspruch im Rahmen des Rechts auf Selbstvornahme durchgesetzt werden, dann Anspruch auf Aufwendungs- und Schadensersatz aller entstandenen Kosten durch neue Flugbuchung, eventuelle Taxikosten, Fahrtkosten, Parkkosten, Hotelkosten, etc.
  • Anspruch auf Ausgleichszahlung i.H.v. 250, 400 bzw. 600 Euro pro Person im Einzelfall zu prüfen

Für eine abschließende Beurteilung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts liegen nicht genügend Informationen vor. Sie können einen ausführlichen Beitrag zu Flugänderungen mit vielen Tipps hier lesen. Jedenfalls müssen Sie die Flugänderungen von Lufthansa und die Flugänderungen von United Airlines nicht akzeptieren.

Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Bartholl

RECHTSANWALTSKANZLEI BARTHOLL LEGAL SERVICES
Mommsenstraße 58
10629 Berlin
Telefon +49 (0) 30 5770 39830
www.ra-janbartholl.de

Beachten Sie bitte, dass die vorstehenden Ausführungen keinen Rechtsrat darstellen. Bedenken Sie bitte, dass hier im Rahmen des Meinungsaustausches ohne Kenntnis aller Umstände kein abschließender Rat gegeben werden kann. Der Meinungsaustausch auf dieser Plattform ersetzt keinen Rechtsrat durch einen Rechtsanwalt. Wer eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes oder einen rechtsverbindlichen Rechtsrat wünscht, sollte einen Rechtsanwalt kontaktieren.

Beantwortet von (15,620 Punkte)
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