Guten Tag,
der letzte Familienurlaub in Tunesien war leider von einem Vorfall beim Rückflug überschattet. Der Heimflug wurde in zwei Teilstrecken untergliedert. Nun war es so, dass Sie mit einer leichten Verspätung in Tunis losgeflogen und natürlich auch zwischengelandet sind. Deshalb war es Ihnen nicht möglich in Frankfurt ihren Anschlussflug zu erreichen. Lufthansa hat Sie zwar schon davor auf einen anderen Flug umgebucht. Schlussendlich sind Sie allerdings mit dem Zug zurück nach Stuttgart gefahren.
Haben Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen?
Die Antwort findet man in der europäischen Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004. Zusätzlich dazu, ist es auch immer hilfreich ein paar Urteile durchzulesen, die sich bereits mit ähnlichen Fällen beschäftigt haben. So bspw. dieses:
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az. C-11/11 (bei Google zu finden unter: "C-11/11 reise-recht-wiki.de")
Verspätet sich eine Zubringerflug so, dass der Anschlussflug nicht mehr erreicht werden kann und somit den Zielflughafen mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden, steht den Fluggästen eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der Verordnung.
Daher muss man wohl einen Blick in Art. 7 der Verordnung werfen. Denn wenn auf diesen Artikel Bezug genommen wird, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Zu beachten ist, dass bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt. Abzustellen ist ganz genau auf folgende Momente:
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Da Sie mit dem Zug nach Hause gefahren sind, ändert an dieser Sache zumindest meines Erachtens nach nicht. Denn es kommt darauf an, welchen maßgeblichen Zeitverlust Sie hatten. Ich wüsste auch nicht, warum es dem Anspruch entgegen stehen sollte, dass Lufthansa Sie davor eigentlich schon auf einen Flug umgebucht hatte.
Dem Anspruch steht nur entgegen, wenn die Verspätung daraus resultierte, dass ein außergewöhnlicher Umstand gem. Art. 5 III der Verordnung vorlag. Allerdings ist dies bei einer 9-minütigen Abflugverspätung wohl eher nicht ersichtlich. Ebenso kann es nicht zu Lasten der Flugreisenden gehen, wenn die Airline ihren Flugplan zu eng taktet. Deshalb müsste ein Anspruch meiner Meinung nach bestehen.
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