Hallo Adrian,
du bist von Berlin nach Wien geflogen, doch leider kam dein Koffer nicht mit.
Du musst deshalb vor Ort in Wien, du bleibst einen Monat dort, immer mal Sachen nachkaufen. Deshalb fragst du dich, ob es eine Kostengrenze gibt, eine Möglichkeit des Kostenvorschusses, und eine Begrenzung auf bestimmte Gegenstände in der Nachbeschaffung.
Bei verspätetenem Reisegepäck denke ich persönlich an Ansprüche aus dem Montrealer Übereinkommen. Und genauer an Artikel 19 MÜ:
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
So auch das AG Bremen:
AG Bremen, Urteil v. 08.05.2007, Az.: 4 C 7/07 (einfach für dich zu finden, wenn du bei Google AG Bremen 4 C 7/07 reise-recht-wiki.de. eingibst)
Anspruchsgrundlage ist insoweit Art. 19 S. 1 des Montrealer Übereinkommens vom 28. Mai 1999. Danach hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisegepäck entsteht.
Du schreibst ja selbst, dass du um deinen Anspruch auf Kostenerstattung wüsstet. Dem würde ich persönlich mit Blick auf Artikel 19 MÜ und das Urteil des AG Bremen zustimmen.
Dabei ist es wichtig, dass du die Verspätung anzeigst, so das Urteil des OLG Frankfurt, aber auch Artikel 31 Absatz 2 MÜ:
Im Fall einer Verspätung muß die Anzeige binnen einundzwanzig Tagen, nachdem das Reisegepäck oder die Güter dem Empfänger zur Verfügung gestellt worden sind, erfolgen.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.06.2012, Az. 16 U 66/12 (ganz einfach zu finden wenn Sie bei Google eingeben: "Az. 16 U 66/12 reise-recht-wiki")
Ein Gepäckschaden oder ein Gepäckverlust muss bei der verantwortlichen Airline angezeigt werden. Hierbei muss nicht nur dargelegt werden, dass Gepäck verloren oder verspätet ist, sondern auch der Inhalt des verlorenen Gepäcks bzw. bei einer Gepäckverspätung der finanzielle Aufwand, den der Passagier zum Ausgleich betreiben musste. Dies dient dazu, mögliche Zahlungspflichten für die Airline nachvollziehbar werden zu lassen.
AG Bremen, Urteil vom 05.12.2013, Az. 9 C 244/13 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Bremen Az.: 9 C 244/13 reise-recht-wiki.de")
Eine Gepäckverspätung muss gemäß Art. 31 MÜ innerhalb von 21 Tagen nach Erhalt des Gepäcks angezeigt werden. Die Anzeige muss hierbei gegenüber dem Unternehmen geschehen, welches Ihr Gepäck transportiert hatte. Erst nach der Anzeige können eventuelle Ansprüche geltend gemacht werden.
Gut, dass du das direkt nach der Ankunft erledigt hast.
Dann kannst du die Bons für alle Einkäufe aufheben, die du wegen deiner Kofferverspätung machen musst, und bei deiner Airline geltend machen:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az.: 29 C 2518/12(19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki.de")
Der zu ersetzende Schaden besteht u.a. aus den notwendigen Ausgaben, die getätigt wurden, um das fehlende Gepäck auszugleichen. Die Notwendigkeit muss jeweils nachgewiesen werden.
Die Bons deshalb, weil, so auch das AG Frankfurt, die Notwendigkeit der Anschaffungen natürlich nachgewiesen werden muss. Dazu kannst du auch jeweils eine Erklärung beilegen.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az 29 C 2518/12(19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben:" AG Frankfurt 29 C 2518/12 reise-recht-wiki.de")
Der Schaden, den die Airline nach dem Montrealer Übereinkommen zu ersetzen hat, umfasst alle dadurch erlittenen finanziellen Einbußen. Die bloße Wartezeit stellt keinen Schaden dar.
Umfasst sind die erlittenen finanziellen Einbußen. Die Grenze liegt dabei bei knapp 1.300 Euro:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki.de")
Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen.
Gut funktioniert das bei Kosmetika oder einfachen Kleidungsstücken. Problematisch ist es aber meine ich wegen dem Anzug, den du für dein Vorstellungsgespräch kaufen möchtest:
AG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2013, Az: 29 C 2518/12 (19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt 29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki.de")
Das AG Frankfurt entschied, dass Kleidungsstücke und Artikel zur Körperpflege ersetzt werden müssen, andere Zusatz- und Luxusprodukte hingegen nicht. Demnach ist ausschlaggebend ob die Anschaffungen notwendig waren. Es stellt sich daher die Frage wie das Merkmal der Notwendigkeit zu konkretisieren ist. Im selbigen Urteil entschied das Gericht, dass bei einer mehrtägigen Verzögerung sämtlicher Gepäckstücke die ersatzweise Anschaffung einer vollständigen Grundgarderobe und entsprechender Pflegeprodukte als notwendig und angemessen anzusehen ist. Eine Notwendigkeit wurde jedoch beispielsweise bei der Anschaffung einer speziellen Abendgarderobe abgelehnt. In diesem Fall wurde der Beklagte zu einer Zahlung von 500 Euro verpflichtet.
Spezielle Abendgarderobe wurde beispielsweise nicht gewährt - dagegen eher eine Grundgarderobe. Ich meine deshalb, dass du dich wegen einem Hemd und schönen Schuhen noch einmal bei deiner Airline melden solltest. Besondere Garderobe, so das AG Frankfurt, wird ja normalerweise nicht übernommen.
Darüber hinaus entnehme ich auch weder dem MÜ, noch einem Urteil, die Möglichkeit auf einen Kostenvorschuss. Der übliche Ablauf ist der, dass der Betroffene erst die nötigen Dinge nachkauft, und dann über Bons eine Erstattung verlangt.