Hallo,
du hast also einen Flug von Deutschland nach Spanien (Mallorca) mit der Fluggesellschaft Tuifly gebucht.
Bedauerlicherweise hat man deinen Flug im nachhinein annulliert.
Du hast im Anschluss versucht dich mit Tuifly auseinanderzusetzen und das Problem zu klären.
Allerdings veweigerte man dir eine Entschädigung mit der Begründung, dass angeblich ein außergewöhnlicher Umtand vorläge.
Meines Erachtens liegt in deinem Fall ohne Bedenken eine Annullierung vor.
Fraglich ist bei dir nur, ob sich Tuifly auch auf einen sog. Außergewöhnlichen Umstand berufen kann, der sie von der Haftung befreien würde.
Dazu sollten wir uns die Bedeutung des Begriffs „außergewöhnlicher Umstand“ mal etwas genauer anschauen.
Außergewöhnliche, unvermeidbare Umstände sind beispielsweise politische Instabilität, Sicherheitsrisiken wie Terrorgefahr, Wetterbedingungen oder Streik von Personen, die nicht zum Luftunternehmen gehören – also alle Umstände, die das Luftfahrtunternehmen unter Ergreifung aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätte verhindern können.
AG Nürtingen, Urteil vom 25.01.2013, (einfach zu finden bei google unter „Az. 46 C 1399/12reise-recht-wiki.de“)
In einem ähnlichen Fall verwirklichte sich bei der Erkrankung von Besatzungsmitgliedern oder sonstigem Personal einer Fluggesellschaft gerade das unternehmerische Risiko der Fluggesellschaft, so dass hieraus kein außergewöhnlicher Umstand abgeleitet werden könne.
Amtsgericht Erding, Urteil vom 20.03.2017, (einfach zu finden bei google unter „13 C 3778/16reise-recht-wiki.de“.)
Demnach liegt meines Erachtens nach in deinem Fall kein außergewöhnlicher Umstand vor.
Mithin ist die Fluggesellschaft auch nicht von der Haftung befreit meiner Meinung nach.
Du hast demnach meines Erachtens nach einen Anspruch auf Ausgleichszahlung bzgl. der Annullierung.
Darüber hinaus fragst du dich, ob ein außergewöhnlicher Umstand im Fall eines Streiks seitens der Fluggesellschaft angenommen werden muss.
Der Begriff des „außergewöhnlichen Umstands“ selbst wird nicht in der Verordnung definiert, sodass nach einer Wortlautauslegung die Umstände „nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen, sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann“ .
(BGH, Urt. v. 21.8.2012 – X ZR 146/11 Rn. 11).
Bei der Beurteilung eines bestimmten Ereignisses ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherstellen und den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen Rechnung tragen soll, da die Annullierung eines Fluges den Fluggästen große Unannehmlichkeiten bereitet.
Der Gesetzgeber wollte nicht jedes unvermeidbare Ereignis genügen lassen, sondern nur solche, die aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen.
Für die Qualifizierung der Umstände als außergewöhnlich ist somit maßgeblich, dass sie sich von denjenigen Ereignissen unterscheiden, mit denen typischerweise bei der Durchführung eines einzelnen Flugs gerechnet werden.
Dies bedeutet, dass einem Luftfahrtunternehmen auch die unvermeidbaren Hindernisse für die planmäßige Durchführung eines Fluges seiner Risikosphäre zugewiesen werden, die nicht aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen und somit bestenfalls ungewöhnlich, aber nicht außergewöhnlich sind.
BGH, Urt. v. 21.8.2012 – (einfach zu finden bei google unter „X ZR 146/11 Rn. 11reise-recht-wiki.de“)
Außergewöhnliche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftverkehrsunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.
AG Frankfurt, Urt. v. 3.5.2017 – (einfach zu finden bei google unter „29 C 3361/16 (40)reise-recht-wiki.de“)
Sodass bei einem möglichen Streik sehr wohl zugunsten der Fluggesellschaft von einem außergewöhnlichen Umstand ausgegangen werden müsste, der sie widerum von Ihrer Haftung befreit.
Sie haben sich ferner die Frage gestellt, ob es auf die Vermeidbarkeit auf den außergewöhnlichen Umstand oder aber die Folgen des Eintritts des außergewöhnlichen Umstands an?
Es wird in der Regel davon ausgegangen, dass ein „außergewöhnlicher Umstand“ nur dann bejaht werden kann, wenn der Streik unmittelbare Auswirkung auf den Flug hat.
Wenn dagegen ein Luftfahrtunternehmen seinen Flugplan infolge eines außergewöhnlichen Umstandes „umorganisiert" hat, beruht die Annullierung / Nichtbeförderung / große Verspätung des nachfolgenden, umorganisierten Fluges nicht mehr auf dem außergewöhnlichen Umstand.
LG Frankfurt, Urt. v. 29.10.2015 – (einfach zu finden bei google unter „24 S 68/15reise-recht-wiki.de.“)
Vorliegend hätte ein Streik die unmittelbare Folge, dass dein Flug annulliert werden musste.
Somit ist davon auszugehen, dass ein außergewöhnlicher Umstand gegeben sein würde in einem solchen Fall.
Deine letzte Frage bezog sich darauf, ob ggf. die Vortäuschung von Arbeitsunfähigkeit durch Personal einen außergewöhnlichen Umstand zugunsten der Fluggesellschaft begründen würde.
Beim unerwarteten Ausfall von Flugpersonal liegt kein Fall vor, den die Verordnung überhaupt mit der Beschreibung eines „außergewöhnlichen“ Umstands vor.
(vgl. AG Frankfurt a.M., Urt. v. 20.05.2011 – (einfach zu finden bei google unter „31 C 245/11reise-recht-wiki.de.“).
Fortsetzung folgt......