Hallo,
Ihre Frage geht um das Thema der Haftung bei Reisegepäcksschäden, insbesondere um den Verlust von Inhalten ihres Reisegepäcks.
Grundsätzlich besteht eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für aufgegebenes Reisegepäck. Sie vermuten einen Diebstahl von Inhalten. Beim Diebstahl von Gepäck, welches sich in der Obhut der Fluggesellschaft befindet, verwirklicht sich regelmäßig eine im Luftverkehr eigentümliche Gefahr. Somit muss der Luftfrachtführer unbeschränkt für den Verlust des Kofferinhalts, solange der Koffer auch im Obhutsbereich des Luftfrachtführers oder seiner Leute war und der Koffer gewaltsam geöffnet wurde. Dann hat die jeweilige Fluggesellschaft zu beweisen, dass dies nicht auf Vorsatz bzw. Leichtfertigkeit beruhte. Anders liegt der Fall, wenn das Gepäck an die Zollbehörde abgegeben wurde. Dann endet nämlich die Obhut des Luftfrachtführers. Denn Reisegepäck, welches dem Fluggast auf dem Postweg durch ein Transportunternehmen zugesandt wird, befindet sich mit dem Verlassen des Flughafens nicht mehr in der Obhut des Luftfrachtführers.
Dies bedeutet zusammengefasst:
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Diese Obhut beginnt, sobald sich Ihr Gepäck auf dem Fließband zum Frachtraum befindet.
Meines Erachtens nach klingt die Schilderung von Norwegian richtig. Ich würde Ihnen raten die Anweisungen vorerst zu befolgen und sollte dies keine Resultate erzielen, können Sie sich immer noch direkt an die Airline wenden und aufgrund des Montrealer Übereinkommens für Ihre Rechte einstehen.
Hierzu auch folgendes Urteil:
OLG Frankfurt, Urteil vom 26. Februar 2015, AZ.: 16 U 85/14
(Leitsätze der Beck-Online Redaktion)
1. Grundsätzlich hat der Anspruchsteller die Voraussetzungen des Art. 22 V MÜ für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und zu beweisen. Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar, zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist zu bejahen, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Insbesondere hat der Frachtführer in diesem Fall substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret angewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein.
2. Diese Grundsätze gelten regelmäßig auch bei einer während des Transports eintretenden Beschädigung des Frachtguts. Liegt ein qualifiziertes Verschulden aufgrund des Parteivorbringens nahe, muss der beklagte Frachtführer Angaben zu den näheren Umständen der Schadensentstehung machen, wobei ihn eine Recherchepflicht trifft. Dabei kann je nach Art der Beschädigung ein Rückschluss auf ein qualifiziertes Verschulden des Frachtführers zulässig sein.
3. Ein qualifiziertes Verschulden liegt mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahe, wenn eine Verpackung während des Transports geöffnet, ihr Inhalt teilweise herausgenommen und die Verpackung wieder verschlossen wird. Hier beruht der teilweise Verlust auf einem vorsätzlichen Verhalten entweder eines Dritten oder eines vom Luftfrachtführer eingeschalteten Bediensteten bzw. einer anderen von ihm beauftragten Person.
4. Grundsätzlich übernimmt ein Luftfrachtführer die Obhut des Gepäcks beim Check-in und gibt die Obhut mit der Entgegennahme des Gepäcks durch den Reisenden am Gepäckband des Bestimmungsorts wieder auf.
5. Die Obhut endet erst dann, wenn der Luftfrachtführer den Gewahrsam ohne eigene Mitwirkung verliert und keine tatsächlichen und rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf das Frachtgut mehr besitzt, etwa im Fall eines staatlichen Hoheitsakts einer Zollbehörde.
6. Die Obhut wird nicht allein dadurch beendet, dass das Frachtgut den Zoll durchläuft, da auch der Zoll grundsätzlich dem Luftfrachtführer gegenüber zum Schutz und zur Herausgabe des Gutes verpflichtet ist.
7. Bei den Mitarbeitern des Zolls handelt es sich nicht um „Leute“ des Luftfrachtführers.
8. Der Umfang des nach dem MÜ zu erstattenden Schadens ergibt sich, wenn das deutsche Sachrecht zur Anwendung gelangt, aus §§ 249 ff. BGB. Bei dem Verlust einer Sache ist nach § 249 II BGB grundsätzlich der Wiederbeschaffungswert zu erstatten.
9. Die Ersatzpflicht des Luftfrachtführers ist nach Art. 20 S. 1 und 3 MÜ wegen eines Mitverschuldens des Reisenden beschränkt, auch wenn der Luftfrachtführer bzw. seine Leute den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.
10. Die Einwendung des Luftfrachtführers, der Reisende habe durch Unterlassen der Wertdeklaration zu den geltend gemachten Schäden beigetragen, setzt die Feststellung voraus, dass der Luftfrachtführer bei richtiger Wertangabe seine Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es hierdurch zumindest zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre.
11. Der Reisende muss stets mit der Möglichkeit des Verlusts von aufgegebenem Gepäck rechnen, so dass es grundsätzlich einen groben Verstoß gegen die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten darstellt, wenn wertvolle Gegenstände im Reisegepäck und nicht im Handgepäck transportiert werden. Bei einer umfangreichen Kameraausrüstung kann der Reisende der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten dadurch nachkommen, dass zumindest besonders wertvolle Teile im Handgepäck mitgeführt werden.