Guten Tag,
Sie haben vor 2 Jahren einen Flug von Berlin nach Lima mit Zwischenstopp in Madrid gebucht. Ihr Zubringerflug verspätete sich jedoch so, dass Sie Ihren Anschlussflug in Madrid nicht mehr pünktlich erreichten und letztendlich mit einer Verspätung von 12 Stunden in Lima angekommen sind. Sie verlangten daraufhin eine Entschädigung von der Airline. Diese wies Sie jedoch darauf hin, dass Ihr Zubringerflug infolge eines Code-Sharings von einer Tochtergesellschaft durchgeführt wurde und Ihnen daher gegen die Airline bei der Sie gebucht haben, kein Anspruch auf Entschädigung zusteht. Sie fragen sich zum einen ob das was die Airline gesagt hat stimmt und ob Sie überhaupt einen Anspruch auf Ausgleichszahlung haben, da Ihr Ziel außerhalb der EU liegt.
1. Kann für Sie ein Anspruch entstehen, obwohl Ihr Ziel außerhalb der EU liegt ?
In Ihrem Fall können tatsächlich Ansprüche entstehen und zwar aus der EU-Fluggastrechteverodnung. Dies ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a) :
Diese Verordnung gilt,
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedsstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten.
Fraglich bleibt daher nur noch welche Ansprüche für Sie gegen wen bestehen.
2. Welche Ansprüche können für Sie entstehen ?
Bei Zusammengesetzten Flügen steht dem Fluggast ein Ausgleichsanspruch gemäß Artikel 7 zu, wenn sich der Zubringerflug verspätet, womit der Anschlussflug verpasst wird und somit das Endziel mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden erreicht wird. Sie geben an 12 Stunden später als geplant in Lima angekommen zu sein, womit Sie zu einer Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 berechtigt sind.
Von dieser Zahlung wird eine Airline nur dann freigestellt, wenn sie beweisen kann, das die Annullierung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführen ist. Bei einer Verzögerung des Boardings handelt es sich meiner Meinung nach allerdings nicht um so einen Umstand.
Die Höhe der Ausgleichszahlung wird nach der unmittelbaren Entfernung zwischen dem Ausgangsflughafen (Berlin-Tegel) und dem letzten Zielort (Lima) berechnet:
- 250€ bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500km oder weniger
- 400€ bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500km und 3500km
- 600€ bei allen Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500km
In Ihrem Fall würde die Ausgleichszahlung 600€ betragen.
Dazu folgende Urteile:
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az. C-11/11 (bei Google zu finden unter: "C-11/11 reise-recht-wiki.de")
Verspätet sich der Zubringerflug, sodass die Fluggäste den Anschlussflug verpassen und somit den Zielflughafen mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden erreichen, steht diesen eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung zu.
AG Düsseldorf, Urteil vom 25.2.2011, Az. 27 C 5060/10 (bei Google einfach eingeben: "27 C 5060/10 reise-recht-wiki.de")
Bei einer großen Verspätung steht dem Fluggast wie bei einer Annullierung des Fluges ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung zu, sofern das Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der geplanten Ankunftszeit erreicht wird.
3. Gegen wen müssen Sie den Anspruch auf Ausgleichszahlung geltend machen?
Sie geben an, das bei Ihnen der Zubringerflug im Rahmen eines Code-Sharings von einer Tochtergesellschaft der Airline durchgeführt worden ist. Zunächst sollte geklärt werden was Code-Sharing überhaupt ist.
Bei Flügen die im Rahmen eines Code-Sharings durchgeführt werden, teilen sich 2 Fluggesellschaften die Flugstrecke, wobei jede beteiligte Fluggesellschaft den Flug unter einer eigenen Nummer durchführt.
Da sich auch in Ihrem Fall 2 Fluggesellschaften die Flugstrecke lediglich teilten, müssen Sie Ihre Ansprüche gegen das Tochterunternehmen geltend machen, da das in dem Fall die ausführende Airline des Zubringerfluges war.