Guten Tag,
die Frage, welche Ansprüche aufgrund des wilden Streiks entstanden sind, wurde in diesem Forum beispielsweise hier schon beantwortet:
Liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor wenn TUIfly meint dass sie selbst von den Maßnahmen ihrer Mitarbeiter überrascht gewesen sei und dies für sie unerwartet kam (wilder Streik)??
Ich werde trotzdem hier noch einmal eine kleine Auskunft darüber geben, welche Ansprüche nach der aktuellen Rechtsprechung bestehen. Gleich vorweg der Rat, dass für die Geltendmachung eventueller Ansprüche am Besten ein Anwalt hinzugezogen werden sollte. Die jeweiligen Entscheidungen hängen oft vom Einzelfall ab und eine entsprechende Beratung durch einen Anwalt ist sehr hilfreich.
Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechteverordnung regelt, wie mit einer Annullierung umzugehen ist:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
(...)
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
ii) sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder
iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Da ihr nicht im Voraus informiert wurdet, steht euch grundsätzlich eine Ausgleichzahlung nach Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechteverordnung zu. In diesem Artikel heißt es:
Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Die Entfernung Düsseldorf - Kos beträgt etwas mehr als 2.000 km wodurch dir eine Entschädigung in Höhe von 400€ zustehen würde. Gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung muss die Fluggesellschaft allerdings keine Ausgleichzahlung leisten wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt:
(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Die genaue Definition des außergewöhnlichen Umstands kannst du hier nachlesen:
http://passagierrechte.org/Au%C3%9Fergew%C3%B6hnliche_Umst%C3%A4nde
Eine besondere Behandlung verdienen aber die Streiks. Sie sind unter gewissen Voraussetzungen als außergewöhnliche Umstände anzusehen, können allerdings auch Grund für eine Ausgleichszahlung sein. Auch der wilde Streik 2016, der Anlass für eure Annullierung war, wurde unter den Gerichten anders behandelt. Hier zwei stellvertretende Meinungen:
AG Frankfurt a.M., Urt. v. 03.05.2017, Az.: 29 C 3361/16 (40)
Meldet sich ein erheblicher Teil des Flugpersonals krank, stellt dies unabhängig davon, ob dies als "Wilder Streik" oder tatsächliche Fluguntauglichkeit zu bewerten ist, einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 III der Fluggastrechteverordnung dar. Ist ein Fluggast davon in Form einer Flugannullierung betroffen, besteht kein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 7 VO.
AG Brühl, Urt. v. 20.02.2017, Az.: 3 C 480/16
Ein außergewöhnlicher Umstand gem. Art. 5 III der VO liegt selbst bei massenhaften unberechtigten Krankmeldungen von Mitarbeitern nicht vor. Ein solcher "Wilder Streik" ist nicht vergleichbar mit einem regulären, von einer Gewerkschaft organisierten Streik.
Weil sich die Gerichte über die Behandlung der Streiks nicht einig waren, wurde die Frage dem EuGH zur Beantwortung vorgelegt. Dieser traf im April 2018 eine Entscheidung, die du unter folgendem Link nachlesen kannst:
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=201149&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1
Der EuGH hat hierbei 2 Voraussetzungen festgelegt, unter denen ein Streik als außergewöhnlichen Umstand anzusehen ist: Erstens darf das Ereignis, das zu den Behinderungen führte, nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit sein. Zweitens darf das Ereignis nicht von der Airline beherrschbar sein.
Der wilde Streik wurde durch den sogenannten „Management Letter“ ausgelöst, der eine überraschende Umstrukturierung von TUI enthielt. Der EuGH entschied, dass ein Streik als Reaktion der Mitarbeiter auf solch eine Ankündigung durchaus zu erwarten ist. Deshalb wird der wilde Streik als Teil der normalen Geschäftstätigkeit betrachtet. Auch war der Streik nach Ansicht des EuGH beherrschbar, weil er sofort nach der Einigung zwischen Konzern und Betriebsrat endete.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der wilde Streik kein außergewöhnlicher Umstand ist, du hast somit einen Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von 400€.
Wie genau in eurem Fall aber mit der Annullierung umgegangen werden muss, kann ein Anwalt besser beantworten. Ich empfehle dir also, einen Rechtsanwalt aufzusuchen und das genaue Vorgehen bzw. die genauen Ansprüche zu besprechen!