Guten Tag,
Ihr Flug wurde um 10 Stunden nach hinten verlegt. Statt 6 Uhr soll der Flug nun erst 15 Uhr starten. Da Sie diese Änderung nicht hinnehmen wollen, fragen Sie sich wie Sie sich nun verhalten können.
Bei einer Verlegung des Fluges um 10 Stunden nach hinten, liegt meiner Meinung nach keine Verspätung mehr vor, sondern eine Annullierung des ursprünglichen Fluges. Durch diese Annullierung können für Sie Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung entstehen.
Ansprüche die für den Fluggast aufgrund einer Annullierung entstehen können, werden in Artikel 5 der oben verlinkten Verordnung dargelegt:
1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn, sie werden über die Annullierung mindestens 2 Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet
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Ansprüche, die aus Artikel 8 entstehen können
Wenn es zu einer Annullierung kommt, kann der Fluggast mithilfe dieses Artikels von der Airline eine Ersatzbeförderung verlangen, die zu den gewünschten Zeiten des Fluggastes fliegt und vielleicht auch den ursprünglichen Flugzeiten ähnelt. Sollte die Airline dem Fluggast allerdings keine zufriedenstellende Alternative anbieten können, so hat dieser gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a) das Recht, von der Airline die gezahlten Flugscheinkosten erstattet zu bekommen, um mit diesen dann neue Flüge buchen zu können, die seinen gewünschten Zeiten entsprechen.
Laut Lufthansa gibt es für sie keinen Anschluss mehr von Frankfurt nach London City, wodurch es eventuell schwierig werden könnte, eine zufriedenstellende Alternativbeförderung für Sie zu finden. Daher wäre es meines Erachtens nach vielleicht vorteilhaft zunächst die Erstattung von den Flugscheinkosten zu fordern, um im Anschluss dann evtl. selbst eine passende Alternative zu finden.
Ansprüche, die aus Artikel 9 entstehen können
Artikel 9 Absatz 1
1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls
- ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
- ein Aufenthalt zusätzliche zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges)
Ich denke, dass Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b) zweiter Anstrich dahin auszulegen ist, dass Lufthansa, sollten Sie sich dazu entscheiden früher zu fliegen, wodurch für Sie dann zusätzliche Hotelkosten entstehen, dazu verpflichtet, Ihnen diese zusätzlichen Hotelkosten zu erstatten bzw. zu zahlen.
Ansprüche, die aus Artikel 7 entstehen können
Zu guter Letzt kann für den Fluggast im Fall einer Annullierung ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 entstehen. Dieser verfällt jedoch, wenn der Grund für die Annullierung in einem außergewöhnlichen Umstand liegt oder der Fluggast mehr als 2 Wochen vor dem planmäßigen Flugantritt von der Annullierung informiert wird.
Sie schreiben, dass Ihr Flug Mitte Mai starten sollte, Sie aber schon Mitte April von der Annullierung informiert sind. Daher denke ich, dass Ihnen leider kein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 zusteht und Sie lediglich eine Chance haben Ansprüche aus den Artikeln 8 und 9 der Verordnung geltend zu machen.
Urteile:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az. C-83/10 (bei Google einfach eingeben: "C-83/10 reise-recht-wiki.de")
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben werden muss. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen .Es ergeben sich daher auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
BGH, Urteil vom 17.3.2015, Az. X ZR 34/14
Hier hat der BGH entschieden, dass auch eine zeitliche Verlegung des Fluges nach hinten einer Nichtbeförderung gleichkomme und dem Fluggast dann Ausgleichszahlung zustehen könnten.
Da es sich bei Ihnen um einen komplexen Sachverhalt handelt und ich hier nur meine persönliche Rechtsmeinung wiedergeben kann, wäre es vielleicht hilfreich einen Fachanwalt um Rat zu fragen.