Hallo,
dein Fall ist ja wirklich etwas knifflig. Ihr wolltet eigentlich am 21.03 von Düsseldorf in die Türkei in den Urlaub fliegen.
Am 07.03 21:00 habt ihr eine Email erhalten, die ihr verständlicherweise erst am 08.03 gelesen habt. Wie du richtig erkannt hast, gibt es diese 14 Tage Frist. Jetzt kommt es eben ganz genau darauf an, wann die Email mit der Umbuchung als zugestellt anzusehen ist.
Mit der für den Rechtsverkehr im Internet sehr bedeutsamen Frage des Zugangs von eMails im geschäftlichen Verkehr hat sich das Landgericht Nürnberg-Führt in einem aktuellen Urteil (Az.: 2 HK O 9431/01) auseinander gesetzt. Nach dem Zugang beurteilt sich unter anderem die Frage der Wirksamkeit einer Willenserklärung. Wenn etwa eine Bestellung in einem eShop nicht zugegangen ist, wird diese nicht wirksam und kann folglich auch nicht als Antrag auf Abschluss eines Vertrages gewertet werden. Daneben ist der Zugang auch bedeutsam für ein etwaiges Verlustrisiko und des Verzögerungsrisiko.
Ebenso wie bei Willenserklärungen, die offline per Post abgegeben werden, kommt es auch im eMail-Verkehr auf den Zeitpunkt an, in dem die eMail in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Dies ist nach den Ausführungen des LG für den Geschäftsverkehr an dem Tag der Fall, an dem die Mail in den elektronischen Empfängerbriefkasten eingegangen ist. Hiermit hat das Gericht aber wahrscheinlich nicht den Zeitpunkt des Abrufens des entsprechenden Mailkontos gemeint, da es im nächsten Satz ausführt, dass Störungen wie etwa das nicht erfolgte Abrufen der Mailbox in den Risikobereich des das Empfängers fallen. Gemeint ist wohl der Eingang auf dem Mailserver des Empfängers. Dies entspricht im übrigen auch den Grundsätzen der Briefpost. Der Mailserver kann mit einem Briefkasten verglichen werden, wenn der Empfänger den Brief bzw. die eMail dann nicht abholt, muss dies zu seinen Lasten gehen.
Wenn man danach geht, hat die Airline euch rechtzeitig informiert, und muss euch keine Ausgleichszahlung leisten.
Aber es gibt noch die Möglichkeit, diese Umbuchung als Reisemangel zu qualifizieren, da ihr ja eine Pauschalreise gebucht habt.
Die wesentliche Pflicht des Reiseveranstalters besteht darin, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften besitzt und nicht mit Mängeln behaftet ist (§651 i Abs. 1 BGB). Ein Reisemangel im Sinne von § 651 i BGB liegt demnach vor, wenn eine wesentliche Reiseleistung einen Fehler aufweist oder nicht die zugesicherten Eigenschaften enthält.
Eine Flugbeförderung stellt eine wesentliche Reiseleistung dar, deren Abweichungen unter Umständen zu einer Reisepreisminderung führen oder andere Ansprüche begründen können. Das liegt daran, dass der Transport in der Regel einen der wichtigen Bestandteile eines Pauschalreisevertrages ausmacht. In Ihrem Fall könnte die Flugzeitenänderung des Hinfluges einen Reisemangel darstellen. Umstritten ist in diesem Fall jedoch, ob der erste und der letzte Tag als Urlaubstage gewertet werden können, weil diese der An- bzw. Abreise dienen. Anders ist es jedoch, wenn dadurch der zweite und/ oder vorletzte Urlaubstag beeinträchtigt werden. Dies ist insbesondere dann zu bejahen wenn eine Störung der Nachtruhe, vorliegt. Insgesamt ist die Thematik immer noch relativ umstritten, sodass jeder Fall für sich betrachtet werden muss.
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az.: 10 C 1621/08 (bei Google einfach zu finden unter “ 10 C 1621/08 "reise-recht-wiki.de“)
Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7-tägigen Flugreise stelle einen Reisemangel dar und berechtige zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
BGH Urteil vom 17. April 2012, Az. X ZR 76/11 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google „reise-recht-wiki BGH X ZR 76/11“ eingeben)
Das Entfallen der Nachtruhe durch Vorverlegung des Rückfluges stelle demnach einen Reisemangel gemäß § 651 c dar und berechtige zur Reisepreisminderung.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, auch bei Google zu finden unter: " AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
In diesem Fall wurde ein Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden sei nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
LG Hannover, Urteil vom 13.03.2012, Az. 18 O 79/11 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " LG Hannover 18 O 79/11 reise-recht-wiki.de"))
Geringfügige Verschiebungen der Flugzeiten stellen noch keinen Reisemangel dar, sondern nur eine Unannehmlichkeit, sofern sie zumutbar sind. Eine Flugzeitenverschiebeung von 9 Stunden könnte das Maß einer Unannehmlichkeit übersteigen. Dies ist anzunehmen, wenn die Änderung unzumutbar ist. Dies setzt voraus, dass es sich bei der Änderung der Flugzeiten um eine erhebliche Änderung wesentlicher Reiseleistungen handelt, welche als unzumutbar anzusehen sind. Demnach wäre eine Unzumutbarkeit anzunehmen, wenn die Änderungen den Reisenden in erheblicher Art und Weise belasten.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Aber wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese unzulässig.
In Ihrem Fall unterschreitet die Flugverschiebung jedoch nicht die Toleranzgrenze von 8 Stunden. Ich könnte mir daher vorstellen, dass die Änderung nicht mehr zulässig ist und daher einen Anspruch auf eine Entschädigung begründet.
Das ist allerdings nur meine Einschätzung, und keinesfalls rechtsverbindlich. Ich rate daher, sich mit einem Fachanwalt für Reiserecht auseinanderzusetzen, weil diese in der Regel ein tiefergehendes Wissen über die Materie aufweisen können:
http://flugrechte.eu/574/fachanwalt-reiserecht?show=574#q574