Ihr Flug mit AirFrance von Berlin nach Paris wurde annulliert. Sie fragen nun nach Ihren Ansprüchen gegenüber AirFrance.
Im Falle einer Annulierung können Ihnen Ansprüche gemäß Artikel 5 EU-VO zustehen.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Der Start Ihres Fluges wurde aufgegeben. Es ist von einer Annulierung zu sprechen.
Ihre möglichen Ausgleichsleistungen stellen sich bei einer Annulierung, gemäß Artikel 7 EU-VO, wie folgt dar:
a) Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger > 250€
b) Bei einer Verspätung von 3 Stunden bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km > 300 €
c) Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen > 600 €.
Dieser Anspruch auf Ausgleichszahlungen entfällt gemäß Artikel 5 Absatz 1 c) i), wenn Sie über die Annulierung mehr als 2 Wochen im Voraus unterrichtet werden. Dies ist nicht geschehen. Sie wurden gar nicht informiert, und erfuhren erst 1 Tag vor dem Flug von der Annulierung. Daher würde Ihr Anspruch schon einmal nicht entfallen.
Von diesem Anspruch auf Ausgleichsleistung kann sich die Fluggesellschaft allerdings außerdem befreien, wenn sich die Fluggesellschaft beispielsweise auf außergewöhnliche Umstände beruft, siehe Art. 5, Abs. 3, VO 261/2004 der EU-VO:
„Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
AirFrance führte Ihnen gegenüber an, dass ein Fluglotsenstreik vorlag, und dieser zur genannten Annulierung und Umbuchung führte. Dies könnte als außergewöhnlicher Umstand einzustufen sein.
> Fluglotsenstreik als außergewöhnlicher Umstand
Dazu folgende Urteile für Sie:
AG Frankfurt a. M. , Urt. v. 09.05.2006 - 31 C 2820/05-74 - (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: "AG Frankfurt 31 C 2820/05-74 reise-recht-wiki")
Ein Streik des eigenen Personals kann nur dann als außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO angesehen werden, wenn diese für die Fluggesellschaft nicht vorhersehbar war und der Fluggesellschaft im übrigen keine nicht vollkommen unzumutbare Möglichkeit blieb, auf den Streik zu reagieren und ihr Verhalten beispielsweise durch Beschaffung von Ersatz-Personal darauf einzustellen.
AG Königs Wusterhausen, 31. Januar 2011, Az.: 4 C 308/10 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: "AG Königs Wusterhausen 4 C 308/10 reise-recht-wiki")
Reduzierung des Flugaufkommens um 50 % wegen Fluglotsenstreik ist ein außergewöhnlicher Umstand.
AG Erding, Urteil vom 27.7.2015, Az. 7 C 1205/14 ((einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: "7 C 1205/14 reise-recht-wiki.de")
Zwei Flugreisende klagten gegen eine Airline, da ihr Flug annulliert worden war. Die Airline konnte sich jedoch auf außergewöhnliche Umstände berufen. Ein Streik französischer Fluglotsen machte es nötig, den gesamten Flugverkehr über Frankreich stark einzuschränken und diverse Flüge, so auch den der Kläger, zu annullieren.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 27.11.2013, Az. 3 C 305/13 (31) (bei Google einfach eingeben: "3 C 305/13 (31) reise-recht-wiki.de")
Das Luftfahrtunternehmen sei für die Folgen eines Fluglotsenstreiks nicht verantwortlich.
AG Bremen, Urteil vom 4.8.2011, Az. 9 C 135/11 (bei Google zu finden unter: "9 C 135/11 reise-recht-wiki.de")
Ein Fluglotsenstreik begründet keinen haftungsbefreienden außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung.
Wie Sie an den Urteilen sehen können, ist es nicht immer ganz eindeutig, ob ein Fluglotsenstreik einen außergewöhnlichen Umstand darstellt oder nicht. Dieses muss immer nach dem konkreten Einzelfall beurteilt werden. Eine Orientierung kann jedoch folgendes Urteil geben:
AG Frankfurt a. M., Urt. v. 8.12.2011 - 32 C 2066/11 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: "AG Frankfurt Az.: 32 C 2066/11")
Beruft sich ein Luftfahrtunternehmen auf einem Fluglotsenstreik als "außergewöhnlichen Umstand", muss es darlegen, welche konkreten Auswirkungen des Streiks hier ursächlich für die Verspätung des gebuchten Flugs gewesen sein sollen.
Das bedeutet, dass die Fluggesellschaft die Beweislast trägt und nachweisen muss, dass der Fluglotsenstreik im konkreten Fall tatsächlich Grund für die Annullierung war.
Sie sollten also die Fluggesellschaft kontaktieren und Sie auffordern, Ihnen genau darzulegen, welche Umstände für die Annullierung gesorgt haben.
Es könnte außerdem hilfreich sein, einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen.