Hallo,
Sie haben die Vermutung, dass ein Flug annulliert wird oder zumindest verspätet abfliegen wird. Sie fragen sich, ob man auch eine Entschädigung verlangen kann, wenn man nicht am entsprechenden Tag am Flughafen erscheint.
Um diese Frage zu beantworten, sollte man seinen Blick auf die europäische Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 richten.
In Art. 3 Abs. 2 der Verordnung ist nämlich festgelegt unter welchen Voraussetzungen etwaige Ansprüche aus der Verordnung in Frage kommen. Diese sind die Folgenden:
„Absatz 1 gilt unter der Bedingung, dass die Fluggäste
a) über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen und — außer im Fall einer Annullierung gemäß Artikel 5 — sich
— wie vorgegeben und zu der zuvor schriftlich (einschließ- lich auf elektronischem Wege) von dem Luftfahrtunter- nehmen, dem Reiseunternehmen oder einem zugelas- senen Reisevermittler angegebenen Zeit zur Abfertigung einfinden
oder, falls keine Zeit angegeben wurde,
— spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflug- zeit zur Abfertigung einfinden“
Dies bedeutet, dass sich der Fluggast eigentlich am Gate einfinden muss. So auch dieses Urteil:
LG Darmstadt, Urt. v. 18.12.2013, Az.: 7 S 120/13 (auch über Google zu finden unter: „7 S 120/13 reise-recht-wiki.de“)
Weil der Flug eines Ehepaares erhebliche Verspätung hat, nehmen sie diesen nicht wahr und buchen stattdessen einen anderen. Im Nachhinein verlangen sie vom zuständigen Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung.
Das Landgericht Darmstadt verneint das Vorliegen eines entsprechenden Anspruchs. Eine Ausgleichszahlung werde nur gewährt, wenn man den verspäteten Flug tatsächlich antrete.
Allerdings ist es eigentlich ziemlich unsinnig, dass Flugreisende sich trotz einer Absage eines Fluges am Flughafen einfinden müssen, um nicht ihren Anspruch auf Ausgleichsleistungen zu verlieren. Dies ergibt sich auch aus diesem Urteil:
AG Hamburg, Urt. v. 26.04.2016, Az.: 12 C 328/15 (auch über Google zu finden unter: „12 C 328/15 reise-recht-wiki.de“)
Erfährt ein Fluggast am Flughafen, dass sein Flug erst am nächsten Tag durchgeführt werden kann, muss er nicht den Flug am nächsten Tag antreten, damit der Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung begründet wird. Denn die verspätungsbedingte Unannehmlichkeit ist bei einer sich schon vor Abflug ergebenen Ankunftsverspätung von mehr als drei Stunden bei den am Flughafen wartenden Fluggästen bereits am Abflugort eingetreten. D.h. der Antritt des verspätet durchgeführten Fluges ist keine Voraussetzung für Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung.
Letztlich glaube ich also nicht, dass es erforderlich ist, dass Sie sich am Flughafen einfinden. Deshalb könnten Sie sich durchaus schon um andere Flüge kümmern, wenn Sie dies wollen. Allerdings ist diese Aussage natürlich nur meine persönliche Aussagen. Um auf Nummer Sicher zu gehen, müssten Sie sich das wohl eher von einem Fachanwalt bestätigen lassen.