Hallo FraHab,
so wie ich das verstehe, haben Sie einen Flug von EWR nach DUS gebucht, ursprünglich ohne Zwischenstopp.
Nun haben Sie eine Mitteilung erhalten, dass dieser Flug nun nicht mehr ausgeführt wird und Ihnen wurde deshalb die Möglichkeit eines Gabelfluges angeboten.
Sie fragen nach den rechtlichen Möglichkeiten.
Mir fällt zur rechtlichen Grundlage insbesondere die europ. Flugastrechteverordnung ein. Diese enthält verschiedene Rechte für Flugreisende, die von einer Annullierung, großen Verspätung oder Nichtbeförderung betroffen waren.
(Anwendbarkeit)
Zunächst müsste man allerdings überprüfen, ob der entsprechende Flug hier überhaupt unter den Geltungsbereich der Verordnung fällt, da der Flug ja in den USA startet. Daher sollten wir hier wohl mal gemeinsam einen Blick auf Art. 3 der VO (EG) 261/“004 werfen:
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Zwar startete der betreffende Flug nicht in einem Mitgliedsstaat, sondern in den USA, allerdings wird der Flug von der Lufthansa also einem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ausgeführt, weshalb der Anwendbarkeit hier wohl nichts im Wege stehen sollte.
(Annullierung)
Sie beschreiben, dass der ursprünglich gebuchte Flug nicht mehr besteht. Daher könnte ich mir gut vorstellen, dass sich vorliegend um eine Flugannullierung handelt, die verschiedene Rechte auslöst.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10(bei Google-Suche zu finden unter: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
(Ansprüche)
Zum einen könnte ich mir vorstellen, dass ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gem. Art. 7 der VO bestehen könnte. Dieser würde sich meiner Meinung nach auf 600 Euro pro Person belaufen, da die Strecke zwischen New Yersey und Deutschland in jedem Fall die 3.500km übersteigt.
Allerdings beschreiben Sie auch, dass alles sehr kurzfristig sei. Denn es gibt bestimmte zeitliche Fristen, die für den Anspruch auf Ausgleichsleistungen von hoher Wichtigkeit sind.
vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ist ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 einzuräumen es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
ii) sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunfts- zeit zu erreichen, oder
iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Es kommt also vorliegend maßgeblich darauf an, wann Ihnen nun die mögliche Annullierung mitgeteilt wurden.
Weiterhin könnte ein Anspruch aus Art. 8 der Verordnung bestehen, der eine wichtige Wahlmöglichkeit beinhaltet:
Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) — der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseab- schnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprüngli- chen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit
— einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmögli- chen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Sie erwähnen, dass eine Erstattung nicht in Frage kommt. Daher bleibt nur die Wahl eines alternativen Fluges. Sie haben selbst recherchiert und einen vergleichbaren Flug mit Eurowings gefunden. Lufthansa möchte darauf allerdings nicht umbuchen.
LG Potsdam Urteil vom 27.10.2010 - 13 S 89/10 (einfach zu googlen "Az. 13 S 89/10 reise-recht-wiki.de")
Diese Regelung begründet keine Verpflichtung einer Fluggesellschaft, auf Kontingente einer anderen Fluggesellschaft zurückzugreifen und dem von einer Annullierung betroffenen Fluggast einen Flug einer anderen Fluggesellschaft zu vermitteln bzw. zu beschaffen.
Dies ist anscheinend auch in Ordnung. Allerdings wäre es doch auch ein Vorschlag, wenn der LH-Flug storniert wird und Sie die Kosten zurückbekommen und auf eigene Faust den EW-Flug buchen.
Letztlich ist es ihre Entscheidung. Konkrete Rechtsfragen sollten im Zweifel auch mit Fachanwält*innen abgeklärt werden, da die Beiträge in diesem Forum letztlich bloß persönliche Meinungen darstellen können. Allerdings empfiehlt es sich, sich im Forum nach anderen Beiträgen zum Thema Annullierung von Lufthansa-Flügen durchzulesen und sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.