Hallo, lieber Fragesteller!
Ihre Ansprüche leiten sich aus §§ 651 a-m BGB. Bei Ihrer Frage muss man zunächst klären, was ein Reisemangel ist und was man unter vertaner Urlaubszeit oder entgangener Urlaubsfreude versteht.
Ein Reisemangel liegt vor, wenn eine Eigenschaft oder eine Leistung Ihrer Reise von den im Vertrag zugesicherten ins Negative abweicht. Sicherlich waren „betrunkene und belästigende Gäste“ keine gewünschte Eigenschaft des Urlaubes und kein Bestandteil des Vertrages. Jedoch kann nicht jede Abweichung als ein Reisemangel gewertet werden und nicht alle Reisemängel führen zu einem Schadensersatz. Zum einen muss man zwischen einem handfesten Reisemangel und einer bloßen Unannehmlichkeit unterscheiden. Eine bloße Unannehmlichkeit ist ein solcher Umstand, der zwar eine Abweichung von einer zugesicherten Eigenschaft und ggf. ein Ärgernis für den Reisenden darstellt, die Gesamtreise jedoch objektiv in ihrem Kern nicht beeinträchtigt. Eine typische „bloße Unannehmlichkeit“ wäre eine geringfügige Flugverspätung von z.B. 2 Stunden bei einer 14-tägigen Pauschalreise. Eine weitere Unannehmlichkeit, die häufig vorkommt, ist das Essen, wenn es nicht dem Geschmack oder den Erwartungen entspricht (Vgl. AG Duisburg, 01. Oktober 2008, Akz. 27 C 1039/08).
Wichtig bei Reisemängeln ist, dass Sie beweispflichtig sind. Das heißt – wenn Sie etwas behaupten, dann müssen Sie das in irgendeiner Form beweisen. In Bezug auf das erwähnte Urteil wäre es hilfreich, die genauen Umstände einschließlich der Zeiten zu beschreiben, sprich – wann kam es immer vor (alle Tage aufzählen), wie lange hat es immer gedauert, wurden Sie persönlich durch diese Gäste belästigt, wie liefen die Gespräche mit der Reiseleitung immer ab, was wurde Ihnen von Ihrem Reiseleiter angeboten (wenn überhaupt) bzw. war die Reiseleitung bemüht, das Problem zu lösen usw.
Sicherlich wird der Reiseleiter eher wenig Einfluss auf die anderen Hotelgäste nehmen können. Sehr oft tut man die Störungen durch andere feiernde Urlauber als unangenehme Erscheinung des Massentourismus ab, mit der man vor allem bei einer All-inklusive-Pauschalreise zu rechnen und die man entschädigungslos hinzunehmen hat. Dennoch bin ich der Meinung, dass wenn man zum Beispiel „eine ruhige Hotelanlage mit entspannender Atmosphäre“ gebucht hat, also wenn man diese Eigenschaft auch mündlich richtig zugesichert bekommen hat, dann sind feiernde Menschenmassen schon ein gewichtiger Reisemangel. Aber die Ansicht der Gerichte unterscheidet sich ja oft von der Ansicht eines einfachen Menschen…
Nun zum Begriff „vertane Urlaubszeit“ bzw. „entgangene Urlaubsfreude“. Ein Reisemangel muss schon so gravierend und störend sein, dass sie ihren Zweck und Sinn vollkommen verliert. Ein typisches Beispiel dafür wäre – bei einem Skiurlaub (Pauschalreise) fehlt das Ski-Set, oder wenn ein Reisender sich in den ersten Tagen des Urlaubes wegen Fahrlässigkeit des Veranstalters verletzt und für den Rest des Aufenthalts nicht an den gebuchten Aktivitäten teilnehmen kann. Ich hoffe ich konnte es verständlich machen, in welche Richtung es gehen soll. Sehr interessant im Zusammenhang mit der entgangenen Urlaubsfreude ist folgender Fall - BGH, 07.04.2011, Akz. Xa ZR 124/09, eine Kreuzfahrt wird vom Reiseveranstalter wegen Überbuchung abgesagt, der Reisende hat sowohl Anspruch auf Reisepreiserstattung, als auch auf Entschädigung wegen vertaner Urlaubszeit.
Ob man in Ihrem Fall von nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit sprechen kann, kann man ohne weitere Details nicht eindeutig sagen.
Dafür spricht:
Sie haben einen 5-Sterne-Service gebucht und dürfen solchen auch erwarten, selbst wenn es um eine All-inklusive-Reise geht. Durch den ständigen Lärm, die Belästigung und gewissermaßen auch Bedrohung (Menschen unter Alkoholeinfluss verhalten sich ja nicht immer friedlich). Da Sie über die gesamte Dauer des Urlaubs wegen besagter Umstände angespannt waren, ging der Erholungsfaktor verloren.
Dagegen spricht:
Wie bereits aufgeführt, in den Zeiten des Massentourismus und auch in den beliebten Urlaubsregionen sollte man heutzutage mit Touristen rechnen, die es nicht nur auf die Wellness abgesehen haben, sondern feiern wollen mit allem, was dazu gehört. Da der Reiseveranstalter das Verhalten anderer Hotelgäste auch nicht beeinflussen kann, ist er von der Schadensersatzpflicht befreit.
Es wäre vielleicht auch eine Sache der Kulanz des Reiseveranstalters, Sie in ein anderes Hotel umzubuchen oder wenigstens vergleichsweise eine Reisepreisminderung zu gewähren. Aber Kulanz kann man ja nicht verlangen.
Weitere interessante Gerichtsurteile zum Thema „Reisemangel und Reisepreisminderung“:
OLG Frankfurt Am Main, 20.03.2003, Akz. 16 U 143/02
Entschädigung wegen FKK-Anhängern im Hotel
LG Hamburg, 31.07.2007, Akz. 310 O 26/07
Mängel auf einer Schiffsreise „Legendäre Nordwest-Passage“, das Schiff fährt im Packeis fest und erreicht die vorgesehenen Ziele nicht.
LG Frankfurt, 07.12.2007, Akz. 2-24 S 53/07
Reisepreisminderung, weil Strand zeitweise nicht nutzbar war.
LG Duisburg, 18.12.2008, Akz. 12 S 35/08
Reisepreisminderung (keine nutzlos aufgewendete Urlaubszeit!), Reisemängel - verschmutztes Meerwasser mit Quallen, Vorhandensein von Sandflöhen am Strand und im Hotel, defektes Tretboot, verunreinigter Hotelpool, Katzen an den Wasserspendern, nasse Polsterstühle im Restaurant, nur eine Bar bis 24 Uhr geöffnet.