Sehr geehrter Fragesteller,
ich hoffe, dass Sie doch inzwischen Ihren Koffer wiedergefunden haben. Dennoch möchte ich Ihnen Informationen dazu geben, was im Falle eines Gepäcksverlustes zu tun ist und welche Rechte Sie haben.
Wenn Sie nur einen Flug gebucht haben und keine Pauschalreise, kommen die Vorschriften des Montrealer Übereinkommens zur Anwendung.
(1) Verlustanzeige
Der erste wichtige Schritt, wenn Ihr Gepäck nicht auf dem Förderband auftaucht, ist den Sachverhalt am Lost&Found-Schalter anzuzeigen, damit die Fluggesellschaft überhaupt weiß, was passiert ist. Diese Verlustmeldung am Lost&Found-Schalter ersetzt jedoch nicht weitere Schadensanzeigen, sofern solche notwendig werden.
(2) Schadensanzeige
Das Gepäck gilt zunächst als verspätet, jedoch noch nicht verloren. Die Fluggesellschaft hat erstmal Zeit das Gepäck wiederzufinden und Ihnen zu übergeben. Sollte dies nicht innerhalb von 21 Tagen beginnend mit dem Tag, an dem das Gepäck im Normalfall eintreffen sollte, geschehen, gilt das Gepäckstück nun als verloren.
Gemäß Art. 31. Abs. 2 MÜ gelten folgende Fristen für Schadensanzeigen:
- Beschädigung des Gepäcks, Verlust von Teilen des Gepäcks – sieben Tage nach Erhalt
- Verspätungsschäden – 21 Tage nach Erhalt
Als Verspätungsschäden können zum Beispiel Kosten für Ersatzeinkäufe oder Verdienstausfall geltend gemacht werden.
Das Montrealer Übereinkommen ersetzt primär den materiellen Schaden, der durch die Verspätung oder Beschädigung des Gepäcks entsteht. Immaterieller Schadensersatz ist zwar nicht explizit ausgeschlossen, jedoch deutlich schwieriger geltend zu machen.
Eine Schadensanzeige bei Verspätung oder Beschädigung des Gepäcks erfolgt direkt bei der ausführenden Airline, die Meldung am Lost&Found-Schalter reicht dafür nicht aus!
Die Schadensanzeige muss unbedingt innerhalb der dafür vorgesehenen Frist erfolgen, nicht früher und nicht später. Wenn die Frist nicht eingehalten wird, ist jeglicher Rechtsweg ausgeschlossen (AG Hamburg, Urt. v. 01.06.2011, Az: 20A C 359/10).
(3) Höhe des Schadensersatzes
Wie schon erwähnt, kann nach dem Montrealer Übereinkommen vor allem materieller Schadensersatz durchgesetzt werden. Bei einer Beschädigung des Koffers, des Inhalts oder der totalen Zerstörung des Gepäckstücks haftet der Luftfrachtführer bis zu einer Grenze von circa 1.300 Euro. Bei Beschädigung des Koffers wird in der Regel lediglich der Zeitwert des Gepäckstücks ersetzt, d.h., der Wert des Koffers zum Zeitpunkt des Schadensereignisses, nicht sein Neuwert. Bei Beschädigung anderer Gegenstände im Koffer wird je nach der Natur der Sache differenziert, die Obergrenze der Haftung bleibt jedoch auch bei höherwertigen Gegenständen gleich. Wenn Sie besonders wertvolle Gepäckstücke transportieren, dies bei der Gepäckabgabe so angegeben haben und auch eine zusätzliche Gebühr entrichtet haben, entfällt die Haftungshöchstgrenze und die Airline haftet bis zu dem von Ihnen angegebenen Betrag.
Finanzielle Schäden durch die Verspätung des Gepäcks können entstehen, wenn Sie am Zielort keine Ersatzsachen haben und Kleidungsstücke oder Hygieneartikel kaufen müssen. Diese Kosten können Sie von der Fluggesellschaft zurückverlangen.
Wenn Ihr Koffer auf dem Rückflug verloren geht, geht man in der Regel davon aus, dass Sie keine Verspätungsschäden getragen haben. Kleidung und Kosmetika hat man in der Regel auch zu Hause, sodass keine Ersatzkäufe notwendig sind. Hingegen, wenn es sich um Gegenstände des täglichen Bedarfs handelt, die man nur in einem Exemplar hat (z.B. Blutdruckmesser oder Ähnliches), wird auch beim Heimflug der Ersatzkauf erstattet.
(4) Gerichtsstand und Klagefrist
Sollte die Fluggesellschaft Ihre Ansprüche nicht anerkennen, steht Ihnen der Rechtsweg offen. Sie können eine Klage auf Schadensersatz innerhalb von zwei Jahren entweder am Ort der Hauptniederlassung der Fluggesellschaft oder am Ort des Startflughafens erheben.
Bei Problemen mit der Durchsetzung Ihrer Ansprüche ist auch die Hilfe eines Anwalts für Flugrecht sehr empfehlenswert.