Sie haben einen Flug mit Air France für Februar gebucht. Nun wurden Sie darüber informiert, dass der Flug zwar immernoch zur selben Zeit starten soll, aber 9 Stunden später ankommen. Sie fragen nun nach Ihren Ansprüchen.
Sie könnten Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechteverordnung haben. Die Ansprüche aus der VO Nr. 261/2004 ergeben sich dann, wenn eine Annullierung oder große Verspätung vorliegt. In einem solchen Fall können ergeben sich diese dann aus Artikel 5 EU-VO. In Ihrem Fall könnte eine große Verspätung vorliegen.
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: „Az.: C-452/13 8 reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Entscheidend ist also für die Verspätung nicht, wann das Flugzeug los fliegt, sondern wann es ankommt. In Ihrem Fall soll der Flug mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden ankommen. Es liegt also eine große Verspätung vor. Dazu folgende Urteile:
EuGH, Urt. v. 19.10.2007, Az: C-402/07 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: C-402/07 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Der Europäische Gerichtshof hat dem Kläger Recht zugesprochen. Gemäß Art. 7 der Fluggastrechte Verordnung stehe Fluggästen bei einer Abflugverzögerung von mehr als 3 Stunden eine Ausgleichszahlung zu.
LG Frankfurt, Urt. v. 26.07.2013, Az: 2-24 S 47/12 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 2-24 S 47/12 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Es ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslösen.
Die Ansprüche ergeben sich dann aus Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechteverordnung:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet (...)
Sie könnten also zunächst einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 haben. Dieser ist ein pauschalisierter Entschädigungsanspruch, der sich nach der Entfernung der Flugstrecke bemisst.
Ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung entfällt jedoch gemäß Artikel 5 Absatz 1 c) i) der VO Nr. 261/2004 , wenn der Fluggast früher als 2 Wochen vor Abflug über die Änderung informiert wurde. Da diese Frist in Ihrem Fall eingehalten wurde, haben Sie leider keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung.
Allerdings begründet Artikel 5 der Verordnung noch andere Ansprüche. Hier ist Artikel 8 der Verordnung entscheidend:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Danach haben Sie einen Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung.
Sie können also entweder den Flug stornieren und erhaltet den Preis für die Tickets zurück, dann könnten Sie selbstständig neu buchen. Oder Sie fordern die Fluggesellschaft auf, Ihnen einen Alternativflug zu vergleichbaren Bedingungen anzubieten. Die Fluggesellschaft kann sich also nicht darauf berufen, dass ein anderer Flug zu Ihnen besser passenden Zeiten eine andere Beförderungsklasse hat oder von einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt werden müssten. Sie sollten daher meines Erachtens unter Bezug auf Art. 8 VO Nr. 261/2004 weiter versuche, die Fluggesellschaft zu kontaktieren und diese auffordern, Ihnen eine für Sie passende alternative Beförderung anzubieten.
Zum Schluss möchte ich noch anbringen, dass dieser Beitrag lediglich eine Rechtseinschätzung darstellt. Für eine professionelle Rechtsberatung wäre es vielleicht von Vorteil zusätzlich noch einen Anwalt zu Rate zu ziehen.