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Hallo zusammen,

ich heiße Eduard Adler und komme durch selbstrecherche nicht weiter.

Und zwar:

Meine Eltern haben am 24.09.2019 über ein Reisebüro einen Flug mit der Airline "S7-Airlines" einen Flug am 23.05.20 (Frankfurt-Novosibirsk) gebucht und dieser wurde aufgrund Corona annuliert.

Meine Mutter hat daraufhin beim Reisebüro angerufen und telefonisch den Betrag zurückgefordert. Die Reiseberaterin hat gemeint, die Airline gibt nur Gutscheine (Gültigkeit 1 Jahr) raus und Geld zurück gibt es nicht. Meine Mutter hat dann bei der Airline angerufen und die haben gemeint, meine Mutter soll sich dort melden wo die Tickets gekauft wurden. Also meine Mutter kommt aufgrund schlechter Deutschkenntnisse nicht weiter und hat mich gebeten die Sache in die Hand zu nehmen. Meine Eltern möchten auf jeden Fall das Geld zurück.

Ich stelle mir zuerst die Frage, an wen ich meine Forderung (Geld zurück) überhaupt stellen muss/darf. Ich konnte diesbezüglich leider im Internet nichts finden. Liege ich mit der Vermutung richtig, dass das Reisebüro mir das Geld zurückgeben muss und die sich dann das Geld bei der Airline holen müssen? Wenn ja, existieren dazu Musterschreiben?

Ich hoffe Ihr könnt mir weiterhelfen.

Viele Grüße
Eduard
Gefragt in Flugannullierung von (120 Punkte)
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2 Antworten

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Sehr geehrter Herr Adler,

Ihre Frage möchte ich gern wie folgt beantworten:

(1)      Anspruchsgegner

Grundsätzlich und rein rechtlich ist es so, dass Sie den Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten bzw. die Auszahlung des Flugpreises gegen S7 allein haben. Die für Ihre Ansprüche relevante EG-Verordnung Nr. 261/2004 regelt die Ansprüche der Fluggäste gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen. Den Flugbeförderungsvertrag haben Sie mit S7 abgeschlossen, ebenfalls S7 hat den Flug auch storniert, mit dem Reisebüro ist lediglich ein Vermittlungsvertrag zustande gekommen.

Außerhalb von dieser extremen Pandemie-Situation würde die Erstattung über das Reisebüro vielleicht auch problemlos funktionieren, denn das Buchungssystem der Luftfahrtorganisation IATA ermöglicht es, dass Zahlungen zwischen Vermittlern und Fluggesellschaften hin und her fließen und Reisebüros bei Erstattungen von Tickets das Geld von den Airlines wieder anfordern können. Im Moment soll aber die Anforderung für die Vermittler nicht mehr möglich sein, weil Fluggesellschaften diesen Kanal abgestellt haben, sodass die Vermittler von Flugtickets eben nur die Gutscheine und keine Erstattung anbieten können. Wie dem auch sei, rechtlich ist und bleibt es so – S7 ist Ihr Anspruchsgegner bei der Erstattung der Flugscheinkosten, sofern Sie natürlich über das Reisebüro lediglich den Flug und keine Pauschalreise oder Ähnliches gekauft haben.

(2)      Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten

Sofern S7 den Flug selbst annulliert hat, gestaltet sich die rechtliche Sachlage relativ einfach. Ihre Rechte regelt, wie eingangs erwähnt, die Fluggastrechte-Verordnung Nr. 261/2004. Sie haben einen Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten gem. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a) EG-VO Nr. 261/2004 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) erster Gedankenstrich EG-VO Nr. 261/2004. Wenn die Fluggesellschaft bei Annullierung des Fluges keine zufriedenstellende Ersatzbeförderung zu vergleichbaren Reisebedingungen anbieten kann, muss sie den Flugpreis innerhalb von sieben Tagen nach der Annullierung erstatten. Ausnahmen zu dieser Vorschrift sind mir nicht bekannt, sie kann es auch nicht geben, denn es gilt ganz einfach – wenn nicht geleistet werden kann, muss auch nicht gezahlt werden.

Nun ist mir natürlich klar, dass in der Corona-Zeit das Ganze nicht so einfach ist. Auch wenn die Airlines sich quer stellen, gilt der Art. 8 Abs. 1 der Verordnung immer noch. Trotz des Vorhabens der Bundesregierung, die Flugkostenerstattungen über Fluggutscheine zu regeln, hat die EU dieser Initiative nicht zugestimmt. Es gibt also nach wie vor keine rechtliche Grundlage für die Fluggesellschaften, die Erstattungen für die stornierten Flüge allein über Fluggutscheine zu regeln.

(3)      Vorgehensweise

Nun, mit Ihrer Vermutung, dass Sie das Geld vom Reisebüro verlangen sollen, das es wiederum von S7 holt, liegen Sie halb richtig, wie bereits erläutert. Im Prinzip können Sie sowohl vom Reisebüro als auch direkt von S7 die Erstattung fordern. Rechtlich ist und bleibt es so, dass letztendlich nur S7 für die Erstattung zuständig ist und es gibt keinen Grund, weshalb Sie die Erstattung auch nicht direkt von S7 fordern sollen, entgegen der Aussage des Hotlinemitarbeiters am Telefon. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung würden Sie auch S7 auf die Erstattung der Flugscheinkosten in Anspruch nehmen, das Reisebüro hat nichts damit zu tun.  

Musterschreiben zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Flugpreiserstattung lassen sich leicht ergoogeln, auch zum Beispiel die Verbraucherzentrale bietet eins an.

Wenn Sie Schwierigkeiten bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche haben ist es immer empfehlenswert, einen Anwalt für Flugrecht zu Rate zu ziehen. Ich hoffe aber, Ihnen eine erste Orientierung gegeben zu haben.

Beantwortet von (5,100 Punkte)
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Sie haben einen Flug über ein Reisebüro bei S7-Airlines gebucht. Nun wurden Ihr Flug jedoch annulliert. Sie möchten nun gerne die Erstattung der Flugscheinkosten. Allerdings will Ihnen das Reisebüro nur einen Reisegutschein anbieten, die Airline hingegen meint, sie wäre gar nicht zuständig.  

Fraglich ist daher zunächst, wer in Ihrem Fall überhaupt der Anspruchsgegner ist, das Reisebüro oder die Fluggesellschaft. 

Grundsätzlich und rein rechtlich ist es so, dass Sie den Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten bzw. die Auszahlung des Flugpreises gegen S7-Airlines allein haben. Die für Ihre Ansprüche relevante EG-Verordnung Nr. 261/2004 regelt die Ansprüche der Fluggäste gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen. Den Flugbeförderungsvertrag haben Sie mit S7-Airlines abgeschlossen, ebenfalls S7-Airlines hat den Flug auch storniert, mit dem Reisebüro ist lediglich ein Vermittlungsvertrag zustande gekommen. 

Außerhalb von dieser extremen Pandemie-Situation würde die Erstattung über das Reisebüro vielleicht auch problemlos funktionieren, denn das Buchungssystem der Luftfahrtorganisation IATA ermöglicht es, dass Zahlungen zwischen Vermittlern und Fluggesellschaften hin und her fließen und Reisebüros bei Erstattungen von Tickets das Geld von den Airlines wieder anfordern können. Im Moment soll aber die Anforderung für die Vermittler nicht mehr möglich sein, weil Fluggesellschaften diesen Kanal abgestellt haben, sodass die Vermittler von Flugtickets eben nur die Gutscheine und keine Erstattung anbieten können. Wie dem auch sei, rechtlich ist und bleibt es so – S7-Airlines ist Ihr Anspruchsgegner bei der Erstattung der Flugscheinkosten, sofern Sie natürlich über das Reisebüro lediglich den Flug und keine Pauschalreise oder Ähnliches gekauft haben.

Der Anspruch auf eine Erstattung der Flugkosten könnte sich aus der europäischen Fluggastrechteverorndung. Die Ansprüche aus der Verordnung kommen dann in Betracht, wenn eine Annullierung oder große Verspätung vorliegt. 

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.

Ihr Flug wurde annulliert. 

Ansprüche ergeben sich dann aus Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechteverordnung:

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen

a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,

b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet (...)

Der Anspruch auf eine Erstattung ergibt sich aus Artikel 8 VO Nr. 261/2004: 

Artikel 8 Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) - der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit

- einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Sie haben gem. Art. 8 Abs. 1a) also einen Anspruch auf eine vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde.

In Art. 7 Abs. 3 steht folgendes geschrieben: 

(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen.

Sie haben also grundsätzlich einen Anspruch auf eine Erstattung in Geld. Einen Reisegutschein darf die Fluggesellschaft Ihnen nur dann geben, wenn Sie zustimmen. Daher können Sie meines Erachtens die Erstattung in Geld fordern. Dabei ist irrelevant aus welchem Grund der Flug storniert wurde. Der Fluggast hat immer einen Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten, auch wenn der Flug aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes annulliert wurde. 

Weil es sich hierbei allerdings nur um meine persönliche Einschätzung handelt und kein Rechtsrat darstellen soll, empfehle ich jedoch das Einschalten eines Anwalts. 

Beantwortet von (20,610 Punkte)
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