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Mein Flug mit Level (Iberia) wurde wegen der geltenden Reisebeschränkungen storniert.

Auf der Website wurden nur die Optionen zur Umbuchung und Gutscheinerstellung angeboten. Nun habe ich, in Annahme einer weiteren Erstattungsoption , versehentlich den Gutschein angefordert. Kann ich das noch widerrufen, um eine Barerstattung anzufordern?

Einlösung zum Gutschein war direkt nach einem einzigen Klick erfolgt. Ich hatte erwartet, dass ich nochmals AGB etc zustimmen muss, bevor ein Gutschein erstellt wird.

Danke schon jetzt.
Gefragt in Flugannullierung von
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2 Antworten

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Sehr geehrter Fragesteller,

Das Widerrufen der Annahme des Gutscheines wird voraussichtlich nicht so einfach werden.

Sofern ich nicht völlig falsch liege, muss in Ihrem Fall entschieden werden, ob Sie Ihre Willenserklärung, den Gutschein anzunehmen, wirksam abgegeben haben vor dem Hintergrund, dass Sie nicht wussten, dass Sie dadurch den Gutschein sofort annehmen. Ich versuche, den Sachverhalt zu klären, möglichst ohne zu viel in die rechtswissenschaftliche Theorie und Begrifflichkeiten einzusteigen.

Nun, eine wirksame Willenserklärung hat drei Bestandteile – (1) Handlungswille, (2) Erklärungsbewusstsein und (3) Geschäftswille.

(1)      Handlungswille. Ganz einfach ausgedrückt – Sie mussten eben handeln wollen. Diese Voraussetzung ist bei Ihnen erfüllt, denn es hat Sie keiner körperlich oder moralisch dazu gezwungen, den Gutschein anzunehmen, Sie haben dies so gesehen völlig freiwillig gemacht, auch wenn die eingetretene Folge von Ihnen nicht erwünscht war.

(2)      Erklärungsbewusstsein. Erklärungsbewusstsein zu haben bedeutet, dass Ihnen in dem Moment klar war, dass Sie irgendeine Rechtsfolge bzw. irgendeine Aktion damit auslösen, wenn Sie auf dieses Feld „Gutschein anfordern“ klicken. Das heißt, es war Ihnen klar gewesen, dass danach etwas rechtlich Relevantes passiert.

(3)      Geschäftswille. Nun, der Geschäftswille, das heißt der Wunsch, genau das eingetretene Ergebnis zu erzielen – nämlich die Erstellung des Gutscheins – war bei Ihnen nicht gegeben. Sie wollten nicht den Gutschein, Sie wollten etwas Anderes, damit ist der Geschäftswille bei Ihnen nicht vorhanden gewesen.

Das Problem dabei ist aber, dass gerade der Geschäftswille für die Wirksamkeit der Willenserklärung nach der gängigen Ansicht entbehrlich ist. Das heißt, Sie mussten auch gar nicht den Gutschein anfordern wollen, es reicht, dass Sie willentlich gehandelt haben und sich dessen bewusst waren, dass Ihre Handlungen Konsequenzen haben, trotzdem haben Sie den Gutschein rechtswirksam angefordert und angenommen.

Theoretisch könnten Sie nun die Annahme des Gutscheins gemäß § 119 Abs. 1 BGB anfechten:

„Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.“

Ob Sie die Annahme des Gutscheins erfolgreich anfechten können hängt davon ab, worüber Sie sich geirrt haben. Meines Erachtens könnten hier zwei Arten des Irrtums infrage kommen – Inhaltsirrtum oder Rechtsfolgenirrtum.

Ein Inhaltsirrtum liegt dann vor, wenn Sie sich eben geirrt haben und etwas Anderes wollten, als Sie zum Ausdruck gebracht haben. Ob das vorliegt, lässt sich schwer beurteilen, dazu müsste man wissen, was genau auf der Webseite von Iberia stand bzw. wie der Button zur Anforderung des Gutscheins ausgesehen hat. Man braucht also Anhaltspunkte dafür, dass Sie sich im Inhalt dessen, was Sie da gerade tun, geirrt haben. Dies könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Button mit „Jetzt Erstattung anfordern“ oder ähnlich beschriftet wäre.

Ihre Beschreibung lässt jedoch vermuten, dass der Inhalt schon richtig war. Sie haben sich vermutlich allein in der Rechtfolge geirrt. Auch hier wird es, meines Erachtens, schwierig sein, die Annahme des Gutscheins anzufechten. Denn warum sollte Ihnen nicht klar sein, dass Sie einen Gutschein anfordern, wenn Sie auf „Gutschein anfordern“ oder „Gutschein erstellen“ klicken?

Man könnte jetzt natürlich weiter damit argumentieren, dass es im elektronischen Geschäftsverkehr üblich ist, vor dem endgültigen Abschluss des Geschäfts ein weiteres Mal die ausdrückliche Bestätigung anzufordern. Ob diese Argumentation jedoch sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. Meines Erachtens löst das nicht das Problem, dass Sie nicht sorgfältig genug gehandelt haben und es hätten wissen müssen, dass Sie einen Gutschein anfordern, wenn Sie auf den entsprechend beschrifteten Button klicken.

Bitte beachten Sie, dass die obigen Ausführungen lediglich meine Sichtweise darstellen und den Rat eines Anwalts nicht ersetzen. Einen Anwalt aufzusuchen ist bei solch komplizierten Angelegenheiten immer empfehlenswert.  

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Sie haben einen Flug bei Iberia gebucht. Der Flug wurde jedoch annulliert und Sie haben die Rückerstattung in Form eines Gutscheins angenommen. Nun fragen Sie sich, ob Sie diese Entscheidung rückgängig machen können. 

Der Anspruch auf eine Rückerstattung ergibt sich aus Art. 8 der europäischen Fluggastrechteverordnung ergeben. Dieser Ansprüche kommen dann in Betracht, wenn eine Annullierung oder große Verspätung vorliegt.

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.

Ihr Flug wurde annulliert. 

Artikel 8 Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) - der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit

- einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Sie haben gem. Art. 8 Abs. 1a) also einen Anspruch auf eine vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde. 

In Art. 7 Abs. 3 steht folgendes geschrieben: 

(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen.

Sie haben also grundsätzlich einen Anspruch auf eine Erstattung in Geld der gesamten Flugscheinkosten. Die Erhebung einer Berarbeitungsgebühr ist also unzulässig. Außerdem darf die Fluggesellschaft Ihnen einen Reisegutschein nur dann geben, wenn Sie zustimmen. Artikel 8 der Fluggastrechte-Verordnung regelt also klar, dass Reisende zwischen einer vollen Erstattung des Ticketpreises oder einer Umbuchung bzw. einem Gutschein frei wählen können. 

Manche Fluggesellschaften versuchen nunmehr aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen, ihre Passagiere mit einem Gutschein in Höhe des für die Flugreise gezahlten Betrages zu entschädigen, um so eine Rückerstattung dieses Betrages zu vermeiden. Ein solcher Gutschein muss jedoch nicht akzeptiert werden.

Allerdings haben Sie den Gutschein bereits akzeptiert und damit eine Willenserklärung abgegeben. Die einzige Möglichkeit, die ich sehe ist eine Anfechtung der Willenserklärung. 

Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es könnte zunächst ein Inhalts- oder Erklärungsirrtum gem. § 119 I BGB vorliegen. 

Ein Inhaltsirrrum ist gegeben, wenn der Erklärende das erklärt, was er auch erklären wollte, sich jedoch über die Bedeutung der Erklärung irrt. Diese Möglichkeit könnte bei Ihnen durchaus bestehen, wenn Sie den Button zwar willentlich angeklickt haben, allerdings über die Bedeutung dieses im Irrtum waren. Ob ein solcher Irrtum in Ihrem Fall vorliegt, lässt sich allerdings so schwer beurteilen, da ich nicht genau weiß, wie die Website ausgestaltet ist. Es sind also bestimmte Hinweise dafür erforderlich, dass Sie sich bei der Abgabe Ihrer Willenserklärung über deren Inhalt nicht im Klaren waren. 

Beim Erklärungsirrtum stimmt das Gewollte und das Gesagte nicht überein, da der Erklärende sich verschreibt, vergreift, verspricht, vertippt oder ähnliches. Auch ein solcher Irrtum liegt in Ihrem Fall nicht vor. 

Nach § 119 II BGB ist eine Anfechtung auch bei einem Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person oder einer Sache möglich. Auch ein solcher Irrtum liegt in Ihrem Fall nicht vor. 

Schlussendlich könnte noch eine Anfechtung nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung oder Drohung möglich sein. Eine Drohung liegt in Ihrem Fall definitiv nicht vor. Möglich ist daher allein eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Wird jemand arglistig getäuscht und gibt infolgedessen eine Willenserklärung ab, die er bei Kenntnis der wahren Sachlage so nicht abgegeben hätte, so kann er die Erklärung anfechten. Auch hier fehlen jedoch ausreichende Informationen, um Ihren Fall abschließend bewerten zu können. Hat die Fluggesellschaft Ihnen deutlich gesagt, dass Sie keinen Anspruch auf eine Erstattung der Flugscheinkosten haben und Ihre einzige Möglichkeit ist, einen Gutschein anzunehmen, könnte eine arglistige Täuschung vorliegen, welche Sie zur Anfechtung berechtigen würde. 

Allerdings gestaltet sich der Fall hier recht komplex, weshalb es sinnvoll für Sie sein könnte, einen Anwalt für Flugrecht einzuschalten. 

Beantwortet von (20,610 Punkte)
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