Sie haben einen Flug bei Eurowings gebucht. Der Flug wurde jedoch annulliert und Sie haben die Rückerstattung in Form eines Gutscheins angenommen. Nun fragen Sie sich, ob Sie diese Entscheidung rückgängig machen können.
Der Anspruch auf eine Rückerstattung ergibt sich aus Art. 8 der europäischen Fluggastrechteverordnung ergeben. Dieser Ansprüche kommen dann in Betracht, wenn eine Annullierung oder große Verspätung vorliegt.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Ihr Flug wurde annulliert.
Artikel 8 Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) - der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit
- einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Sie haben gem. Art. 8 Abs. 1a) also einen Anspruch auf eine vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde.
In Art. 7 Abs. 3 steht folgendes geschrieben:
(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen.
Sie haben also grundsätzlich einen Anspruch auf eine Erstattung in Geld der gesamten Flugscheinkosten. Die Erhebung einer Berarbeitungsgebühr ist also unzulässig. Außerdem darf die Fluggesellschaft Ihnen einen Reisegutschein nur dann geben, wenn Sie zustimmen. Artikel 8 der Fluggastrechte-Verordnung regelt also klar, dass Reisende zwischen einer vollen Erstattung des Ticketpreises oder einer Umbuchung bzw. einem Gutschein frei wählen können.
Manche Fluggesellschaften versuchen nunmehr aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen, ihre Passagiere mit einem Gutschein in Höhe des für die Flugreise gezahlten Betrages zu entschädigen, um so eine Rückerstattung dieses Betrages zu vermeiden. Ein solcher Gutschein muss jedoch nicht akzeptiert werden.
Allerdings haben Sie den Gutschein bereits akzeptiert und damit eine Willenserklärung abgegeben. Die einzige Möglichkeit, die ich sehe ist eine Anfechtung der Willenserklärung.
Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es könnte zunächst ein Inhalts- oder Erklärungsirrtum gem. § 119 I BGB vorliegen.
Ein Inhaltsirrrumt solcher ist gegeben, wenn der Erklärende das erklärt, was er auch erklären wollte, sich jedoch über die Bedeutung der Erklärung irrt. Ein solcher Irrtum ist in Ihrem Fall nicht gegeben, da Sie erklärt haben, dass Sie einen Gutschein annehmen wollen und diesen im Moment der Abgabe der Willenserklärung auch annehmen wollten.
Beim Erklärungsirrtum stimmt das Gewollte und das Gesagte nicht überein, da der Erklärende sich verschreibt, vergreift, verspricht, vertippt oder ähnliches. Auch ein solcher Irrtum liegt in Ihrem Fall nicht vor.
Nach § 119 II BGB ist eine Anfechtung auch bei einem Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person oder einer Sache möglich. Auch ein solcher Irrtum liegt in Ihrem Fall nicht vor.
Schlussendlich könnte noch eine Anfechtung nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung oder Drohung möglich sein. Eine Drohung liegt in Ihrem Fall definitiv nicht vor. Möglich ist daher allein eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Wird jemand arglistig getäuscht und gibt infolgedessen eine Willenserklärung ab, die er bei Kenntnis der wahren Sachlage so nicht abgegeben hätte, so kann er die Erklärung anfechten. Hier fehlen mir die ausreichenden Informationen, um Ihren Fall abschließend bewerten zu können. Hat die Fluggesellschaft Ihnen deutlich gesagt, dass Sie keinen Anspruch auf eine Erstattung der Flugscheinkosten haben und Ihre einzige Möglichkeit ist, einen Gutschein anzunehmen, könnte eine arglistige Täuschung vorliegen, welche Sie zur Anfechtung berechtigen würde.
Allerdings gestaltet sich der Fall hier recht komplex, weshalb es sinnvoll für Sie sein könnte, einen Anwalt für Flugrecht einzuschalten.