Lieber Fragesteller,
Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen:
Es gab tatsächlich Fluggesellschaften, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Beförderungsbedingungen (AGB) Klauseln führten, wonach es einem Fluggast verboten wäre, Ausgleichsansprüche aus Artikel 7 der Fluggastverordnung (EG) Nr. 261/2004 abzutreten. Abgesehen von der Frage der wirksamen Einbeziehung solcher Geschäftsbedingungen ist eine solche Klausel gegenüber einem Fluggast gemäß §307 BGB unwirksam, wie das Amtsgericht Hannover in einem Urteil gegen eine Airline entschieden hat (AG Hannover, Urt. v. 08.02.2012, Aktenzeichen 531 C 10491/11).
In dem vom AG Hannover entschiedenen Fall hatte der Ehemann der Klägerin seine Ansprüche gegen die Fluggesellschaft an seine Ehefrau abgetreten. Das AG Hannover entschied:
Die Abtretung ist auch nicht gemäß §399 BGB ausgeschlossen, weil es sich bei den Ansprüchen aus Art. 7 VO nicht um höchstpersönliche Ansprüche handelt und durch die Abtretung eine Änderung des Leistungsinhalts nicht eintreten würde.
Demnach ist ein Abtretungsverbot der Ansprüche auf Entschädigung aus einer Flugverspätung oder Flugannullierung nicht zulässig.
Eine andere Frage ist, inwieweit ein Anspruchsteller seine Vertretungsmacht gegenüber dem Anspruchsgegner nachzuweisen hat. Wer für einen anderen und in dessen Namen gegenüber Dritten handeln will, muss dies gegenüber dem Dritten zunächst grundätzlich erklären und ggf. darlegen und beweisen. Bei rechtsgestaltenden und einseiten Willenserklärungen kann der Erklärungsempfänger die Vorlage einer Vollmacht verlangen (vgl. §174 BGB).
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Ansprüche auf Ausgleichszahlung und Entschädigung aus der Fluggastverordnung (EG) Nr. 261/2004 keine höchstpersönlichen Ansprüche sind und abgetreten werden können. Irgendwelche Abtretungsverbote oder sonstige Einschränkungen in den AGB/ARB der Fluggesellschaft sind rechtswidrig und haben keine Rechtswirkung.
Fluggäste sollten vor Anspruchsgeltendmachung und Rechtsverfolgung ihre Vorgehensweise und Taktik rechtlich überprüfen. So kann es im Einzelfall taktisch geschickt sein, dass ein oder mehrere Fluggäste ihre Ansprüche an Mitreisende abtreten, und sei es allein, um als Zeugen frei zu werden und bestrittene Tatsachen bekräftigen zu können. Die rechtliche Überprüfung der Darlegungs- und Beweislast ist im deutschen Zivilprozess ein tragender Grundsatz und von erheblicher Bedeutung für die Prozesstaktik und den Sachvortrag.
Fluggäste haben diverse Möglichkeiten, ihre Ansprüche gegenüber der Fluggesellschaft geltend zu machen. Neben der Einschaltung können Flugpassagiere ihre Ansprüche zudem durch einen Rechtsanwalt für Fluggastrechte verfolgen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Jan Bartholl
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