Guten Tag,
bei einer dermaßen hohen Verspätung können sich für Sie Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung gegen Etihad ergeben. Das Problem besteht allerdings darin, dass der verspätete Rückflug außerhalb des Geltungsbereiches der EU-Fluggastrechteverordnung gestartet ist und Etihad zudem keine europäische Fluggesellschaft ist. Höchstwahrscheinlich ist die EU-Fluggastrechteverordnung daher nicht anwendbar. Vereinzelt werden jedoch Argumente dafür vertreten, dass Hin- und Rückflug als einheitlicher Flug zu bewerten sind - da ich annehme, dass der Hinflug aus dem EU-Gebiet gestartet ist, wäre nach dieser Auffassung die Verordnung anwendbar. Diese Ansicht ist jedoch an den Gerichten auf dem Rückzug, weswegen Sie aller Voraussicht nach keine Ausgleichszahlung nach der Verordnung erhalten können.
Sollte sich ein Gericht dennoch für diese Ansicht entscheiden, so gilt folgendes:
Nach der EU-Fluggastrechteverordnung sowie Urteilen des EuGH kommt eine Ausgleichszahlung dann in Betracht, wenn ein Flug mit mindestens dreistündiger Verspätung am Zielflughafen ankommt. Dies ist in Ihrem Fall eindeutig geschehen.
Das Ausmaß der Ausgleichszahlung hängt dabei von der zurückgelegten Flugstrecke ab. Die Strecke Abu Dhabi – München ist länger als 3.500km. Ab einer solchen Distanz beträgt die Ausgleichszahlung 600€ pro Person, d.h. in Ihrem Fall insgesamt 1.200€. Schadensersatz darüber hinaus ist schwer vorstellbar, da Ihnen ein materieller Schaden nicht entstanden ist – so unschön die lange Wartezeit auch gewesen ist.
Allerdings muss die Ausgleichszahlung dann nicht geleistet werden, wenn Etihad belegen kann, dass die Verspätung durch außergewöhnliche Umstände herbeigeführt wurde und Etihad keine Mittel hatte, die Vespätung zu verhindern. Dies ist bei schlechten Wetterbedingungen am Flughafen wie etwa bei Nebel durchaus denkbar, da Etihad unter Umständen keine Möglichkeit hatte, bei starkem Nebel sicher zu starten. Etihad muss jedoch belegen, dass tatsächlich für das Unternehmen keine Möglichkeit bestand, zu starten – es reicht nicht aus, wenn die Airline lediglich mit dem Verweis auf vorhandenen Nebel eine Zahlung verweigert. Ob Sie die Ausgleichszahlung letztendlich erhalten, ist also nicht sicher. Sie sollten aber auf jeden Fall die Zahlung von Etihad einfordern.
Darüber hinaus ist Schmerzensgeld – gerade bei einem Nervenzusammenbruch – denkbar, wenn Etihad Sie etwa ohne erkennbaren Grund nicht aus dem Flugzeug gelassen hatte. Ob es einen Grund dafür gab, lässt sich jedoch von der Ferne nicht beurteilen, hier wird man abwarten müssen. Auch hier rechtfertigt die sehr lange Wartezeit alleine noch kein Schmerzensgeld.
Schadensersatz können Sie theoretisch nach dem Montrealer Übereinkommen verlangen. Hierzu müsste Ihnen ein Schaden entstanden sein (etwa, falls sich Ihre Frau wegen des Nervenzusammenbruchs in Behandlung begeben musste). Zudem müsste jedoch ein Verschulden von Etihad vorgelegen haben, dies lässt sich leider ebenfalls nicht aus der Ferne beweisen. Ein solcher Anspruch scheint daher eher unwahrscheinlich.
Bevor Sie direkt klagen, müssen Sie auf jeden Fall die Ausgleichszahlung bei Etihad einfordern, da eine Klage ansonsten nicht zum Erfolg führen wird. Unter Umständen hat Etihad selbst entsprechende Formulare, ansonsten können Sie auch ein formloses Dokument einsenden, aus dem hervorgeht, dass Sie für sich und Ihre Frau die Ausgleichszahlung fordern. Belegen Sie hierbei bitte auch, dass Sie Passagiere des betroffenen Fluges waren.
Sollten Sie Etihad letztendlich verklagen, so ist dies auch in Deutschland möglich.
Zusammengefasst: Ein Anspruch ist denkbar, aber nicht garantiert. Wenden Sie sich dafür in jedem Fall zunächst an Etihad selbst.
Urteile:
EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az C-402/07
(zu finden mit der Google-Suche unter "C-402/07 reise-recht-wiki")
Auch wenn eine große Verspätung etwas anderes ist als eine Annullierung, so können deren Folgen Passagiere genauso hart treffen. Daher haben Passagiere grundsätzlich auch bei einer Flugverspätung von mindestens drei Stunden einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 31.08.2006, Az 30 C 1370/06-25
(zu finden mit der Google-Suche unter "30 C 1370/06-25 reise-recht-wiki")
Nebel kann ein außergewöhnlicher Umstand sein, der von einer Airline nicht zu umgehen ist und einen Start unmöglich macht. Allerdings muss die Fluggesellschaft darlegen, wie genau sich der Nebel auf den verspäteten Flug auswirkte. Kann sie das nicht, muss sie den Passagieren eine Ausgleichszahlung erbringen.
BGH, Urteil vom 14.10.2010, Az Xa ZR 15/10
(zu finden mit der Google-Suche unter "Xa ZR 15/10 reise-recht-wiki")
Wenn ein Flug wegen schlechten Wetters annulliert wurde, muss die Airline mehr darlegen als die Tatsache, dass dies bereits bei anderen Flügen notwendig war. So muss sie etwa belegen, welche Möglichkeiten sie gehabt hätte, etwa eine Ersatzmaschine starten zu lassen oder auf bessere Wetterbedingungen zu warten.