Lieber Fragesteller,
Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen:
Zunächst freut es mich, zu hören, dass Sie in Erwägung zogen, uns mit der Interessenwahrnehmung zu beauftragen. Jeder Praktiker kennt hanebüchene Fehlentscheidungen von Amtsgerichten. Amtsrichter haben häufig über verschiedenste Rechtsgebiete und Themen zu entscheiden. Zwangsläufig ist die Expertise nicht in allen Rechtsgebieten gegeben. Ärgerlich, jedoch nicht weiter tragisch, sind solche Fehlurteile bei einem Gegenstandswert und Streitwert über 600 Euro. Liegt der Streitwert jedoch unter 600 Euro, muss der Amtsrichter die Berufung gemäß §511 ZPO gesondert zulassen. Viele Amtsrichter versperren Parteien eines Rechtsstreits, der einen Streitwert von weniger als 600 Euro aufweist, häufig das Rechtsmittel der Berufung, um eine endgültige Entscheidung zu statuieren. Die Richter nehmen den Parteien somit die Rechtsmittel.
In solchen Fällen bleibt meist lediglich der Rechtsbehelf der Gehörsrüge gemäß §321a ZPO und – falls ein Grund vorliegt, der die Unparteilichkeit des Richters in Frage stellt – der Befangenheitsantrag. Gehörsrügen werden in fast allen Fällen abgelehnt, da kaum ein Richter zugeben mag, dass er geltendes Recht verletzt hat. Wird die Gehörsrüge unanfechtbar verworfen, bleibt nur die Verfassungsbeschwerde mit ihren hohen tatsächlichen und rechtlichen Hürden. Im Falle von Befangenheitsanträge gelten die drei „f“: fristlos, formlos, fruchtlos. Ein Befangenheitsantrag wird nahezu immer negativ beschieden.
Letztlich bleiben gegen amtsgerichtliche Urteile in Rechtsstreitigkeiten, die einen Streitwert von 600 EUR nicht übersteigen, nur sehr begrenzte Mittel. Der deutsche Gesetzgeber nimmt in Kauf, dass bei Streitwerten bis zu 600 Euro unabänderliche Fehlurteile keinen Rechtsmitteln unterliegen und die Parteien an die (Fehl-) Entscheidung gebunden sind. Das bedeutet, dass über denselben Streitgegenstand keine neue Verhandlung und keine neue Entscheidung mehr zulässig ist.
Die Sache wäre demnach „ausgeurteilt“, so hart dies in einigen Fällen von krassen Fehlentscheidungen auch ist. Jedoch sollte sich eine Partei, die sich eines Fehlurteils wähnt, nicht voreilig geschlagen gegen. Häufig bestehen gegen parteiische (Fehl-) Entscheidungen voreingenommener Richter Möglichkeiten vorzugehen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Jan Bartholl
Rechtsanwaltskanzlei BARTHOLL LEGAL SERVICES
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