Guten Tag,
ein Schaden, der durch einen Blitzschlag hervorgerufen wurde, wird allgemein als außergewöhnlicher Umstand betrachtet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Sie deswegen keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung haben.
Zwar wird sich ein Blitzschlag in der Regel so auswirken, dass am betroffenen Flugzeug ein technischer Schaden entsteht, der wiederum selbst kein außergewöhnlicher Umstand sein kann, allerdings kommt es hier nur auf die Ursache (den Blitzschlag) und nicht auf die Folge (den Schaden) an. Ein Blitzschlag lässt sich – wie andere ungünstige Wetterbedingungen – nicht vorhersehen oder vermeiden, gleiches gilt für den daraus entstehenden Schaden. Damit liegt ein für die Airline außergewöhnlicher Umstand vor.
Die Behauptung, es habe sich ein Blitzschlag ereignet, können Sie nur schwer widerlegen. Dies müssen Sie aber auch gar nicht tun, vielmehr muss Air France den Blitzschlag beweisen können. Die bloße Behauptung reicht nicht aus.
Selbst wenn der Beweis gelingt, haben Sie dennoch einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Denn entscheidend in Ihrem Fall ist nicht der Blitzschlag (auf den sich auch die Airline beruft), sondern die Tatsache, dass der Zwischenfall gerade auf dem Vorflug geschehen ist. Defekte auf einem Vorflug sollen aber gerade nicht an die nachfolgenden Flüge „weitergegeben“ werden. Der außergewöhnliche Umstand betrifft in der Regel nur den Flug, auf dem er stattgefunden hat. Für alle nachfolgenden Flüge gilt, dass die Airline vorab Maßnahmen zu treffen hat, um die Flüge auch bei Ausfall einer Maschine stattfinden zu lassen. Geschieht dies nicht oder ist dies nicht möglich, so ist dies Bestandteil normalen unternehmerischen Risikos – die Airline muss also mittels einer Ausgleichszahlung für den Flugausfall haften.
Wenn Air France in Ihrem Fall sich also wegen des Blitzschlages aus der Verantwortung herauszureden versucht, weisen Sie die Airline darauf hin, dass dies kein Grund ist, Ihnen die Ausgleichszahlung zu verweigern, da der Zwischenfall sich auf dem Vorflug ereignet hatte. Sollte auch dies weiterhin zu keinem Ergebnis führen, können Sie Ihre Forderungen mit anwaltlicher Hilfe durchsetzen. Die dabei anfallenden Kosten müssen ebenfalls von Air France ersetzt werden, sobald sich die Airline trotz des Hinweises auf den Vorflug endgültig weigern, Ihnen die fällige Ausgleichszahlung zu erbringen.
Urteile:
AG Erding, Urteil vom 23.07.2012, Az 3 C 719/12
(zu finden über die Google-Suche „3 C 719/12 reise-recht-wiki“)
Ein Blitzschlag kann wie andere wetterbedingte Ereignisse als außergewöhnlicher Umstand anerkannt werden. Dies ist jedoch für die Passagiere eines verspäteten Fluges dann nicht von Bedeutung, wenn der Blitzschlag sich bereits auf dem Vorflug ereignet hatte. Denn die Risiken, die sich auf einem Flug ereignen, sollen nicht an spätere Flüge weitergegeben werden, insofern kann für spätere Flüge auch kein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.01.2014, Az 30 C 2462/13
(zu finden über die Google-Suche „30 C 2462/13 reise-recht-wiki“)
Selbst wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen haben soll, der den vorherigen Flug betroffen und alle folgenden Flüge beeinträchtigt hat, muss eine Airline begründen können, warum diese Beeinträchtigung unausweichlich gewesen sein soll. Gerade wenn eine Verspätung eines nachfolgenden Fluges zu begründen ist, reicht es nicht aus, einfach einen außergewöhnlichen Umstand zu behaupten (wie in Ihrem Beispiel das Vorhandensein eines Blitzschlages).