Guten Tag,
bei der Annullierung eines Fluges ist entscheidend, dass Sie mit einem Ersatzflug befördert werden und nicht mit einer anderen Beförderungsart.
Bei einer Annullierung haben Sie Anspruch auf eine Ausgleichszahlung aus der EU-Fluggastrechteverordnung gegen die Airline. Dies gilt auch dann, wenn der Flug innerhalb Deutschlands stattfindet, also eigentlich kein internationaler Flug ist. Ihr Anspruch auf eine Ausgleichszahlung entfällt jedoch, wenn Sie mit einem Alternativflug zeitnah zu Ihrem Ziel befördert werden.
Entscheidend ist, dass es sich bei der Ersatzbeförderung ebenfalls um einen Flug handeln muss. Andere Transportmöglichkeiten, etwa per Bus oder Zug, scheiden aus – der Flug gilt dann als ersatzlos annulliert. Rechtlich ist dies so zu bewerten, als sei Ihnen kein anderweitiges Angebot zur Beförderung gemacht worden.
Dies gilt in Ihrem Fall umso mehr, als dass Ihnen offenbar nicht einmal das Angebot einer Zugfahrt gemacht wurde, sodass Sie sich letztendlich selbst um eine andere Beförderung gekümmert haben. Die Airline kann die Zugfahrt daher erst recht nicht als Begründung anführen, nur weil Sie das Glück hatten, „erst“ 1:50h nach der planmäßigen Ankunftszeit in München anzukommen. Zwar entfällt dadurch Ihr Anspruch auf anderweitige Beförderung (schon deswegen, weil Sie inzwischen von selbst am Ziel angekommen sind), dies hat aber keine Auswirkungen auf die Ausgleichszahlung, auch wenn die Airline etwas anderes behauptet. Ihr Anspruch kann auch nicht gekürzt werden, da eine Ersatzbeförderung nicht vorgelegen hat. Sie haben also den Anspruch auf die vollen 250€.
Zu berücksichtigen ist noch, dass dieser Anspruch auf eine Ausgleichszahlung dann entfällt, wenn der Flug aufgrund außergewöhnlicher Umstände annulliert wurde. Hierzu muss sich jedoch die Airline äußern, tut sie das nicht, dann wird davon ausgegangen, dass solche außergewöhnlichen Umständen nicht vorgelegen haben.
Da es sich um einen innerdeutschen Flug handelte, haben Sie zusätzlich Ansprüche aus deutschem Werkvertragsrecht. In Betracht kommt dabei ein Schadensersatzanspruch nach § 634 Nr. 4 BGB, falls Ihnen neben der bereits ersetzten Koten für die Bahnfahrkarte weitere Schäden entstanden sind.
Urteile:
AG Bremen, Urteil vom 29.11.2013, Az 2 C 0049/13
(zu finden über die Google-Suche „2 C 0049/13 reise-recht-wiki“)
Nach der EU-Fluggastrechteverordnung sollen Airlines den Passagieren eines annullierten Fluges alternative Beförderungsmöglichkeiten anbieten, um keine Ausgleichszahlung zu erbringen. Voraussetzung dafür ist, dass es sich dabei um einen Ersatzflug handelt und nicht um eine andere Beförderungsart.
OGH Wien, Urteil vom 03.07.2013, Az 7 Ob 65/13d
(zu finden über die Google-Suche „7 Ob 65/13d reise-recht-wiki“)
Liegen bei einer Flugannullierung keine außergewöhnlichen Umstände vor, die zu der Annullierung geführt haben, so muss die Airline, die den Flug durchführen wollte, eine Ausgleichszahlung erbringen, wenn keine Ersatzbeförderung durch einen anderen Flug stattfand. Dies gilt erst recht dann, wenn eine irgendwie geartete Beförderung nicht einmal angeboten wurde, sodass die Passagiere selbst zum Zielort gelangen mussten.