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Condor hat durch das Angebot eines Fluggutscheines versucht, einen außergerichtlichen Vergleich herbeizuführen, um keine Ausgleichszahlung erbringen zu müssen. Sie können diesem Vergleich natürlich zustimmen – da es sehr wahrscheinlich ist, dass Sie einen Anspruch auf die Ausgleichszahlung haben, können Sie jedoch auch weiterhin darauf bestehen.
Ihr Anspruch auf die Ausgleichszahlung besteht dann, wenn die erhebliche Verspätung nicht aufgrund „außergewöhnlicher Umstände“ hervorgerufen wurde. Außergewöhnlich sind Umstände dann, wenn sie nicht von der Airline beeinflusst werden können und unweigerlich zu einer Verspätung führen (etwa Streiks des Flughafenpersonals).
Auf solche außergewöhnlichen Umstände versucht sich auch Condor hier zu berufen. Airlines müssen allerdings belegen können, dass tatsächlich außergewöhnliche Umstände vorgelegen haben, sie können nicht einfach behaupten, dies sei der Fall gewesen. Insbesondere müsste Condor hier darlegen, was genau der Grund für die Verspätung gewesen sein soll. Das tut Condor aber nicht: Es wird lediglich schwammig von „allen zumutbaren Maßnahmen“ gesprochen, die die Verspätung nicht verhindern konnten. Das reicht für eine fundierte Begründung nicht aus, daher hat Condor nicht genügend geltend gemacht, dass außergewöhnliche Umstände vorgelegen haben sollen.
Der Fluggutschein soll nun vermutlich dazu führen, dass Sie keine Handhabe mehr gegen Condor haben, Ihre Ausgleichszahlung einzufordern. Durch die Formulierung „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht“ will Condor zum Ausdruck bringen, dass Ihr eigentlich fälliger Anspruch nicht anerkannt wird und „aus Kulanz“ der Streit beigelegt werden soll. Sofern Sie sich auf das Angebot einlassen und den Fluggutschein annehmen, haben Sie anschließend tatsächlich keinen Anspruch mehr auf eine zusätzliche Ausgleichszahlung. Gemäß Art. 7 der EU-Fluggastrechteverordnung können Airlines die fällige Ausgleichszahlung mittels eines Fluggutscheins erbringen – darin müssen Sie als Passagier jedoch schriftlich einwilligen. Es steht Ihnen frei, stattdessen eine Überweisung zu verlangen. Sie müssen also das Angebot von Condor nicht annehmen und haben dann auch nicht zu befürchten, letztendlich leer auszugehen.
Rechtlich gibt es also kein Problem, Ihre Ausgleichszahlung durchzusetzen. Praktisch bedeutet das, dass Sie weiterhin hartnäckig bleiben und auf Ihre Ausgleichszahlung bestehen sollten. Wenn Condor endgültig jede Zahlung verweigert, können Sie einen Anwalt engagieren, um Ihre Ansprüche durchzusetzen. Die Kosten hierfür muss Condor dann zusätzlich tragen, da es für Sie dann keine andere Möglichkeit mehr gab, an Ihr Recht zu kommen.
Urteile:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.05.2010, Az 31 C 2339/10(74)
(zu finden über die Google-Suche „31 C 2339/10 (74) reise-recht-wiki“)
Auch wenn eine Airline bereits die Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung zurückgewiesen hat, kann ein betroffener Passagier einen Anwalt einschalten, um dennoch seine Ansprüche durchzusetzen. Die Anwaltskosten muss in diesem Fall die Airline tragen. Denn auf andere Weise ist es in solchen Fällen nicht mehr möglich, noch die Ausgleichszahlung durchsetzen zu können.
LG Darmstadt, Urteil vom 16.06.2010, Az 7 S 200/08
(zu finden über die Google-Suche „7 S 200/08 reise-recht-wiki“)
Eine Airline muss bei einer großen Verspätung eine Ausgleichszahlung an die betroffenen Passagiere erbringen. Dies gilt nicht, wenn sie belegen kann, dass die Verspätung durch außergewöhnliche Umstände hervorgerufen wurde. Der hierbei von Airlines häufig genannte „technische Defekt“ ist jedoch kein außergewöhnlicher Umstand, auch die Behauptung, man habe „alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen“ reicht alleine als Begründung nicht aus.