Sehr geehrter Fragesteller!
Dass die Verordnung (EG) 261/2004 bei Flügen, außerhalb der EU nicht gilt bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen gilt, ist richtig. Selbst wenn die Verordnung gegolten hätte – der Anschlussflug war ja nicht verspätet.
Es wäre zu klären, inwieweit der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung besteht.
Zunächst ist der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) 261/2004 im Einklang mit dem Art. 3, Abs. 1, li. a) VO eröffnet. Es handelt sich um einen Flug, den Sie innerhalb der Europäischen Union angetreten haben.
Die Entfernung auf der Strecke zwischen Frankfurt und Abu Dhabi beträgt über 3.500 km. D.h., gem. Art. 6, Abs. 1, li. c) VO muss die Verspätung 4 Stunden oder mehr betragen. Es heißt wörtlich:
„Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug […]gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert […]“
Deutet man dies sehr wörtlich, so muss auch tatsächlich der Abflug sich um 4 Stunden oder mehr verzögern. AG Rüsselsheim urteilte am 20.11.2012 (Az. 3 C 1226/12 (32), jedoch, dass:
„Bei Ansprüchen wegen Flugverspätung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ist nicht auf die Abflugverspätung sondern auf die Ankunftsverspätung abzustellen.“
Das heißt, wichtig wäre, wie viel der Gesamtzeitverlust betrug, auch wenn Sie mit einer Verspätung von weniger als 4 Stunden gestartet haben.
Auch der Begriff „Ankunft“ könnte auslegungsbedürftig sein. Das AG Charlottenburg beschrieb im Urteil vom 12.02.2014 (Az. 234 C 260/13) mehrere Varianten:
„der allererste Bodenkontakt der Räder
der Zeitpunkt des Kontakts sämtlicher Räder einschließlich des Bugrads
der Moment, in dem das Flugzeug den Abbremsvorgang nach dem Touchdown beendet und nur noch mit gleichmäßiger Geschwindigkeit zu seiner vorgesehenen Parkposition rollt
das Erreichen der Parkposition (sog. „On-Block“-Zeit) auf dem Flughafen
Öffnung der Flugzeugtür
das tatsächliche Verlassen des Flugzeugs durch den Passagier
der Moment, in dem die Passagiere das Flughafengebäude betreten“
Letztlich vertrat das Gericht die Meinung, dass die „Ankunftszeit“ der Moment ist, an dem das Flugzeug die Parkposition erreicht hat und vollständig zum Stillstand gekommen ist.
Zu diesem Zeitpunkt muss die Verspätung mindestens genau 4 Stunden betragen.
Im oben erwähnten Fall belief sich die Ankunftsverspätung auf 2 Stunden und 57 Minuten. Es haben, sozusagen, nur drei Minuten „gefehlt“, das Gericht urteilte nicht zugunsten der Fluggäste.
Bei der Annahme, dass die Ankunftszeit derjenige Zeitpunkt ist, zu dem der Fluggast das Flugzeug verlassen hat, wäre die Verspätung im besagten Fall etwa 10-13 Minuten länger und betrüge somit über drei Stunden. Aber auch bei dieser Betrachtung kam das AG Charlottenburg nicht zur Überzeugung, die Verspätung sei lang genug gewesen, um eine Ausgleichszahlungspflicht nach sich zu ziehen.
Es kann aber auch in „entgegengesetzte“ Richtung gehen – z.B. bei einer Ankunftsverspätung von 4 Stunden und 5 Minuten (d.h. das Flugzeug hat mit einer Verspätung von 4 Stunden und 5 Minuten im Zielflughafen die Parkposition erreicht und ist zum Stillstand gekommen) nimmt es das Gericht auch sehr genau und urteilt – was über 4 Stunden ist, ist über 4 Stunden. Auch wenn es wenige Minuten sind.