Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst stellt sich die Frage, ob Sie eine Individualreise oder eine Pauschalreise gebucht haben, da sich daraus unterschiedliche Ansprüche bilden.
Für den Fall, dass Sie den Flug einzeln gebucht haben, ergibt sich ein Anspruch wegen Gepäckverspätung gemäß Art.19 des Montrealer Übereinkommens (MÜ):
"Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen."
Demzufolge muss jeder Schaden, der Ihnen durch die verspätete Übergabe der Koffer entstanden ist (etwa der Kauf von Ersatzkleidung) vergütet werden, solange der Schaden vermeidbar gewesen wäre. Eine Tagespauschale gibt es nicht. Gemäß Art. 22 Abs. 2 MÜ gibt es allerdings einen Haftungshöchstbetrag bei der Verspätung des Reisegepäcks. Dieser liegt bei 1.131 Sonderziehungsrechten pro Person. Diese entsprechen ca. 1300 Euro. Alle Einheiten über diesen Betrag liegen nicht in dem Haftungsbereich des Luftfrachtführers.
Zu beachten ist, dass die Anzeige über den Verspätungsschaden innerhalb der vorgegeben Frist von 21 Tagen nach Erhalt des verspäteten Gepäcks gegenüber dem Anspruchsgegner (in der Regel die Fluggesellschaft) erfolgt.
Nicht zu vernachlässigen ist die Tatsache, dass das Montrealer Übereinkommen jedoch nur Ansprüche für materielle Schäden umfasst.
Ein Anspruch aufgrund entgangener Urlaubsfreude kommt nur bei einem geschlossenen Reisevertrag über eine Komplettreise in Betracht. Gemäß § 651f Abs.2 wäre es durchaus möglich beim Reiseveranstalter eine Verminderung des Buchungspreises zu erwirken. Dies hängt allerdings von den wirklichen Umständen und jeweiligen Gegebenheiten ab. Im Falle der Gepäckverspätung bei einer gebuchten Pauschalreise, haben Sie zusätzlich die Möglichkeit eine Minderung des gezahlten Urlaubspreises gemäß §561 d BGB für die Tage verlangen, in denen Ihnen die Gepäckstücke nicht zur Verfügung standen. Diese Minderung beträgt ca. 25-30 Prozent des tagesanteiligen Reisepreis, kann aber auch je nach gegeben Umstand niedriger ausfallen.
"Wird die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen." §651f II BGB
AG Bremen, Abt. 4, Urteil v. 08.05.2007, 4 C 7/07
Anspruchsgrundlage ist insoweit Art. 19 S. 1 des Montrealer Übereinkommens vom 28. Mai 1999. Danach hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisegepäck entsteht.
(leicht zu finden über Google-Suche „4 C 7/07 reise-recht-wiki.de“)
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.06.2012, Az. 16 U 66/12
Ein Gepäckschaden oder ein Gepäckverlust muss bei der verantwortlichen Airline angezeigt werden. Hierbei muss nicht nur dargelegt werden, dass Gepäck verloren oder verspätet ist, sondern auch der Inhalt des verlorenen Gepäcks bzw. bei einer Gepäckverspätung der finanzielle Aufwand, den der Passagier zum Ausgleich betreiben musste. Dies dient dazu, mögliche Zahlungspflichten für die Airline nachvollziehbar werden zu lassen.
(zu finden über Google-Suche „16 U 66/12 reise-recht-wiki“)
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84
Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen. Es spielt dabei keine Rolle, zwischen welchen Staaten der Flug stattfand, solange beide Staaten Vertragspartner des Montrealer Übereinkommens sind.
(zu finden über Google-Suche „32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki“)