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5 Antworten

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Sehr geehrter Fragesteller!

Das ist ja eine sehr „informative“ Fragestellung. Versuchen wir es!

Mehrere verschiedene Möglichkeiten gibt es.

(1) Pauschalreise

Sollten Sie einen Bündel von Reiseleistungen bei einem Reiseveranstalter gebucht haben (i. d. R. mindestens Flug + Hotel), handelt es sich um einen Reisemangel im Sinne v. § 651c BGB. Das bedeutet: sofern der Reiseveranstalter die Vorverlegung zu verschulden hat, könnten Sie einen Anspruch auf eine Reisepreisminderung für den Tag und die Dauer des Mangels haben (zur ersten Einschätzung der Höhe der möglichen Minderung siehe Frankfurter Tabelle). Sie haben zu beachten:

  • Unverzügliche Mängelanzeige und Abhilfeverlangen mit angemessener Frist gem. § 651c, Abs. 2 BGB.
  • Geltendmachung der Ansprüche innerhalb eines Monats nach Reiseende gem. § 651g, Abs. 1 BGB.
  • Vor Reiseantritt sind Sie berechtigt, die Reise kostenlos zu stornieren und den Reisepreis bzw. geleistete Anzahlungen zurück zu verlangen (beachten Sie §651e BGB).

(2) Nur-Flug-Vertrag

Haben Sie ausschließlich einen Flug gebucht, egal ob bei der Airline direkt oder im Reisebüro, so könnten Sie Ansprüche aus der Verordnung (EG) 261/2004 und dem Montrealer Übereinkommen haben. Dazu sind folgende Voraussetzungen zu prüfen:

(2.1.)Anwendungsbereich der Verordnung 261/2004

Damit Sie Ansprüche aus der VO 261/2004 geltend machen können, müssen grundsätzlich folgende Eigenschaften auf Ihren Flug zutreffen:

  • Flug startet von einem Flughafen innerhalb der EU oder
  • Flug startet von einem Flughafen außerhalb der EU, wird aber von einer Fluggesellschaft der EU durchgeführt
  • Sie haben eine bestätigte Buchung für den Flug und haben die Tickets zum regulären Preis erworben.

(siehe Art. 3 VO 261/2004)

In den Tags zu Ihrer Frage wird die Nouvelair erwähnt. Sollten Sie mit dieser Fluggesellschaft einen Flug von einem Flughafen in Tunesien geplant haben und dieser jetzt vorverlegt wurde, so können Sie keine Ansprüche aus der VO 261/2004 geltend machen, da die obigen Voraussetzungen auf Ihren Flug bzw. Fluggesellschaft nicht zutreffen.

(2.2.)Anspruch auf eine Ausgleichszahlung

Vorbehaltlich des Punktes (2.1.) meiner Antwort könnten Sie einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung i. H. v. bis zu 600 Euro pro Person haben. Eine Flugvorverlegung wird meist wie eine Annullierung bzw. erhebliche Verspätung behandelt (vgl. AG Hannover, Urt. v. 11.04.2011, Az. 512 C 15244/10).

(2.3.)Ausschlussgründe

Ist die Flugvorverlegung auf sogenannte außergewöhnliche Umstände zurückzuführen, die auch beim Ergreifen aller zur Verfügung stehenden und zumutbaren Maßnahmen nicht zu verhindern waren, so haben Sie keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (Art. 5, Abs. 3 VO 261/2004). Zu außergewöhnlichen Umständen zählen unerwartete Ereignisse, die den regulären Flugbetrieb behindern, nicht zum allgemeinen Betriebsrisiko der Fluggesellschaft gehören, mit denen im Rahmen der gewöhnlichen Ausübung der Tätigkeit nicht zu rechnen ist oder die außerhalb der Eingriffssphäre der Fluggesellschaft liegen (z.B. unerwartete Sicherheitsmängel, Terroranschläge, extreme Wetterereignisse, Naturkatastrophen, Vogelschlag, Streiks).

Außergewöhnliche Umstände auf Vorflug, die den Weiterflug behindern, können unter Umständen auch für den Weiterflug des vorgesehenen Flugzeuges entlastend wirken. Die Voraussetzungen müssen jedoch härter überprüft werden und meistens ist es nicht der Fall.

(2.4.)Sonderfall Code-Sharing

Wird Ihr Flug im Rahmen einer Code-Sharing-Vereinbarung von zwei Fluggesellschaften durchgeführt, so sind Ihre Ansprüche gegen die Airline zu richten, die für die Durchführung des vorverlegten Fluges verantwortlich ist. Es treffen darauf dieselben Voraussetzungen, wie für einen einheitlichen Flug.

(2.5.)Sonderfall Flug mit Zwischenlandung

Sollten Sie einen Flug gebucht haben, der von lediglich einer Fluggesellschaft durchgeführt wird und eine Zwischenlandung außerhalb der EU mit Weiterflug zum Ziel außerhalb der EU beinhaltet, könnten Sie unter Umständen trotzdem einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung gem. Art. 7 VO 261/2004 haben. In solchen Fällen gilt es, die Einheitlichkeit des Fluges gesondert zu prüfen.

(2.6.)Ansprüche auf Erstattung oder anderweitige Beförderung

Gem. Art. 8 VO 261/2004 können Sie im Falle einer Annullierung zwischen einer anderweitigen Beförderung und vollständigen Flugkostenerstattung wählen. Da mit der Vorverlegung Ihnen ein Alternativangebot gemacht wurde, haben Sie nach wie vor das Recht, den Flug kostenlos zu stornieren und den gezahlten Flugpreis zurück zu verlangen.

(2.7.)Fristen

Ihre Ansprüche aus der Verordnung 261/2004 verjähren nach drei Jahren, sofern deutsches Sachrecht anzuwenden ist (vgl. BGH, Urt. v. 10. Dezember 2009, Az. Xa ZR 61/09)

Fortsetzung im nächsten Post!

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(2.8.)Anspruch auf Betreuungsleistungen

Auch wenn haftungsausschließende Gründe i.S.v. Art. 5, Abs. 3 VO vorliegen, haben Sie unter Umständen Ansprüche auf Unterstützungs- und Betreuungsleistungen gem. Art. 9 VO. Diese Leistungen müssen von der Fluggesellschaft in einem angemessen Umfang zur Wartezeit und sofern notwendig erbracht werden. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach und Ihnen entstehen dadurch zusätzliche Ausgaben, so können Sie diese später auch geltend machen. Tragen Sie keine Kosten, auch wenn Betreuungsleistungen notwendig gewesen wären, können Sie keinen weitergehenden Schadensersatz geltend machen (vgl. AG Erding, Urt. v. 15. November 2006, Az. 4 C 661/06).

Die Punkte (2.2.) bis (2.8.) gelten nur, wenn die Verordnung 261/2004 auf Ihren Flug anwendbar ist!

(3)Ansprüche aus Montrealer Übereinkommen

Das Montrealer Übereinkommen sieht keine pauschale Entschädigung für eine Flugverspätung/Annullierung, sondern regelt Ansprüche auf Erstattung von belegbaren wirtschaftlichen Schäden. Dafür müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Art. 1 MÜ: Ihr Flug muss im Gebiet eines Mitgliedstaates starten und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates landen oder
  • Start und Landung im selben Mitgliedstaat mit Unterbrechung in einem Drittstaat.

Soweit ich richtig informiert bin, ist Tunesien aktuell ein Vertragsstaat des MÜ.

Gem. Art. 19 MÜ gilt folgendes:

„Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.“

Im Grunde genommen nichts anderes, als bei der Verordnung 261/2004.

Sie könnten eine Kostenerstattung für beispielsweise nicht genutzte Hotelunterkunft, Taxi- oder Zugfahrten, nachweisbaren entgangenen Gewinn u. Ä. verlangen.

Auch im Falle einer Code-Share-Beförderung haben Sie gem. Art. 36, Abs. 2 MÜ die Fluggesellschaft in Anspruch zu nehmen, die den betroffenen Teil der Luftbeförderung durchgeführt hat.

Dabei haben Sie gem. Art. 35 MÜ eine Frist von zwei Jahren zur Klageerhebung zu beachten.

Wie bereits erwähnt, das Montrealer Übereinkommen sieht keine pauschale Entschädigung bzw. Ausgleichszahlung für Verspätungen/Annullierungen vor.

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Lieber Fragensteller,

grundsätzlich ist in einem solchen Fall zunächst einmal wichtig zu wissen, ob es sich bei dem betreffenden Flug um einen Teil einer Pauschalreise, die sie bei einem Reiseveranstalter gebucht haben, handelt oder um einen sogenannten Nur-Flug, d.h. einen Flug, den Sie direkt und separat bei einer Airline gebucht haben, denn hiernach bestimmen sich die anwendbaren Anspruchsgrundlagen:

  1. bei einem Teil einer Pauschalreise können sich Ansprüche sowohl aus den §§ 651a-m BGB ergeben, als auch aus der europäischen Fluggastrechte-Verordnung
  2. bei einem Nur-Flug ist lediglich die EU VO(EG) 261/2004 anwendbar.

Anspruch nach der Fluggastrechte-VO

Da die VO in beiden Fällen anwendbar ist, zunächst zu deren Ansprüchen Folgendes:

In einem Fall, in dem ursprünglich vereinbarte Flugzeiten und Flugrouten verändert werden, handelt es sich nach der VO grundsätzlich um eine Annullierung des ursprünglichen Fluges gem. Art. 5 VO. In einem solchen Fall hat der Reisende grundsätzlich Anspruch auf Betreuungsleistungen gem. Art. 8 und 9 VO und einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gem. Art. 7 VO gegen die Airline. Dieser Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht im Fall der Annullierung jedoch nur dann, wenn 

i) sie nicht über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet wurden, oder

ii) sie über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet wurden und nicht ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhalten haben, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder 

iii) sie über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet wurden und nicht ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhalten haben, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.

Und wenn gem. Art. 5 Abs. 3 VO nicht ein außergewöhnlicher Umstand für die Annullierung verantwortlich war und die Airline nachweisen kann, dass dieser Umstand auch dann nicht hätte vermieden werden können, wenn sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätte.

Sind diese Ausnahmen in ihrem Fall nicht gegeben, haben Sie Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von 250-600 € pro Reisenden je nach Länge der Flugstrecke.

Anspruch nach Reisevertragsrecht des BGB

Ist in ihrem Fall auch das Reisevertragsrecht des BGBs anwendbar, weil es sich bei dem betreffenden Flug um einen Teil einer Pauschalreise handelt, ist entscheidend für mögliche Ansprüche, dass die Veränderung der Reisezeiten und des Zielflughafens einen Reisemangel gem. § 651c Abs. 1 BGB darstellt. Denn wenn dies der Fall ist, haben Sie u.U. einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises gem. § 651d BGB oder Schadenersatz gem. § 651f BGB.

Bei der Frage danach, ob in Ihrem Fall die Zeitverschiebung des Fluges zu einem Reisemangel führt, ist zunächst einmal zwischen zwei möglichen Konstellationen zu unterscheiden:

  1. Die Veränderung von Flugzeiten und Ab- bzw. Zielflughafen hat sich der Reiseveranstalter in seinen AGBs vorbehalten
  2. Die AGBs enthalten nicht einen solchen Vorbehalt.

zu 1.) In einem solchen Fall ist ein Reisemangel grundsätzlich dann gegeben, wenn die konkret vorgenommenen Änderungen dem Reisenden nicht zumutbar sind. Voraussetzung für eine Zumutbarkeit sind zunächst, dass die Änderungen notwendig geworden sind und für den Reiseveranstalter unvorhersehbar waren. Außerdem dürfen sie den Gesamtzuschnitt der Reise nicht erheblich beeinträchtigen. Die Gerichte haben in einer solchen Konstellation einheitlich entschieden, dass Änderungen nur dann für den Reisenden zumutbar sind, wenn der Flug immer noch am geplanten An- und Abreisetag stattfindet und die Nachtruhe nicht erheblich beeinträchtigt wird.

zu 2.) In einem solchen Fall ist dann ein Reisemangel gegeben, wenn die Änderungen einen solchen gravierenden Einschnitt für den Reisenden bedeuteten, dass sie über eine bloße Unannehmlichkeit hinausgehen.

Daher wäre es in Ihrem Fall zunächst wichtig zu wissen, ob sich der Reiseveranstalter eine solche Änderung vorbehalten hat oder nicht.

Zur Entscheidung, ob die Zeitverlegung und Veränderung des Zielflughafens einen Reisemangel darstellen, hier einige vergleichbare Urteile:

Änderung des Flughafens

  1. AG Düsseldorf AZ: 41 C 12609/95 - Zielflughafen statt Bremen Düsseldorf und dadurch 7 stündige Verspätung, Reisemangel gegeben, Minderung um 5 % des Tagespreises (bei Google zu finden unter " Reise-Recht-Wiki 41 C 12609/95")
  2. AG Düsseldorf AZ: 25 C 7283/98 - Zielflughafen Leipzig statt Hannover, Weitertransport mit Bus, Reisemangel gegeben. Minderung um 50 % des Tagespreises (bei Google zu finden unter " Reise-Recht-Wiki 25 C 7283/98")
  3. AG Hamburg AZ: 4 C 378/02 - Zielflughafen Köln statt Frankfurt, anschließender Bustransfer, Reisemangel gegeben, Minderung um 50 % des Tagespreises (bei Google zu finden unter " Reise-Recht-Wiki 4 C 378/02")
  4. AG Köln, AZ: 142 C 217/10 - Zielflughafen statt Leipzig Paderborn, Reisemangel gegeben, Minderung um 70 % des Tagespreises (bei Google zu finden unter " Reise-Recht-Wiki 142 C 217/10")

Änderungen der Abflugzeit

  1. AG Hamburg AZ: 9 C 1182/95 - Flug um 10 Stunden vorverlegt, Reisemangel gegeben, Minderung um 30 % des Tagespreises (bei Google zu finden unter " Reise-Recht-Wiki  9 C 1182/95")
  2. AG Düsseldorf AZ: 232 C 1482/98 - Rückflug um 6.00 Uhr statt 15.25 Uhr, Reisemangel nicht gegeben (bei Google zu finden unter " Reise-Recht-Wiki 232 C 1482/98")
  3. AG Düsseldorf AZ: 30 C 14061/01 - Rückflug um 5.00 Uhr statt 15.00 Uhr, Ankunft in München statt Nürnberg, Reisemangel gegeben, Minderung um 100 % des Tagespreises (bei Google zu finden unter " Reise-Recht-Wiki 30 C 14061/01")
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Lieber Fragesteller,

Zunächst ist zu klären, ob es sich in Ihrem Fall um eine Pauschal- oder um eine Individualreise handelt. Eine Pauschalreise beschreibt die, von einem Reiseveranstalter angebotene, Gesamtheit von Reiseleistungen. Auf Pauschalreisen finden die §§ 651 a-m BGB Anwendung. Als eine Individualreise bezeichnet man eine Reise, deren Bestandteile vom Reisenden selbst zusammengetragen werden und entsprechend ohne oder nur mit geringer Hilfe eines Touristikunternehmens gebucht und bezahlt werden.

(1) Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des BGB

Für den Fall, dass es sich um eine gebuchte Pauschalreise handelt, richten sich Ihre Ansprüche primär an den Reiseveranstalter. Die Änderung der Flugzeiten und der ausführenden Airline stellt eine einseitige Änderung des Reisevertrages dar. Somit könnten sich Ansprüche gem. §§ 651a-m ff. BGB ergeben.

Um von der Reise gemäß § 651a Abs. 5 BGB zurück zutreten, muss ein unzumutbarer Reisemangel vorliegen. Die starke Verlegung und der geänderte Ankunftsort könnten einen solchen begründen. Hier kommt es allerdings auf die genauen Umstände der Änderungen drauf an.

(2) Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechte-Verordnung

Zuerst ist zu klären, ob die Verordnung überhaupt auf Ihren Fall Anwendung findet.
Die Fluggastrechte-VO gilt für sämtliche Flüge gilt, die in der EU starten, für Flüge von Fluggesellschaften, deren Sitz in der EU liegt, und für solche Flüge, deren Flugunternehmen in der EU liegt und die in der EU enden.

Trifft dies auf Ihren Flug zu, ergeben sich mögliche Ansprüche aus Art.7 und Art.8 der Verordnung.

Gemäß Art. 7 der Verordnung kommen also Ausgleichsleistungen in Betracht.

  • Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro bei einer Flugstrecke von weniger als 1.500 Kilometern

  • Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro bei einer Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern

  • Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometern


Allerdings ist von großer Bedeutung, wann sie von der Flugzeitenverschiebung informiert wurden. Sie haben keine Ansprüche, wenn

  • Sie bis 2 Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Änderungen informiert wurden

  • Sie zwischen 2 Wochen und 7 Tage vor der geplanten Abflugzeit unterrichtet wurden und ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhalten haben, bei dem Sie nicht mehr als 2 Stunden vor der geplanten Zeit abfliegen müssen und nicht später als 4 Stunden nach der geplanten Zeit ankommen

  • Sie weniger als 7 Tage vor der geplanten Abflugzeit unterrichtet wurden und ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhalten haben, bei dem Sie nicht mehr als 2 Stunden vor der geplanten Zeit abfliegen müssen und nicht später als 2 Stunden nach der geplanten Zeit ankommen

Gemäß Art.8 der Verordnung steht Ihnen die Möglichkeit offen, die Rückerstattung des vollständigen Reisepreises zu verlangen. Die Stornierung wäre ein diesem Fall kostenfrei. Des Weiteren könnten Sie auch eine vertragsähnliche Reise verlangen, also eine Beförderung zu ähnlichen Konditionen zum frühstmöglichen Zeitpunkt. Dies wurde Ihnen auch angeboten und von Ihnen angenommen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
(bei Google-Suche zu finden unter: "C-83/10 reise-recht-wiki")

 

 

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Lieber Fragesteller,

leider geht aus Ihren Ausführungen nicht hervor, ob es sich im vorliegenden Fall um eine Pauschalreise oder einen sogenannten " Nur-Flug" handelt. Aus diesem Grund möchte ich versuchen, Ihnen über beide Situationen einen Überblick zu verschaffen

(1) Pauschalreise

Bei einer Pauschalreise können Sie bei einer Änderung der Flugzeiten gegen den Reiseveranstalter Ansprüche aus den §§651 a-m BGB geltend machen.

Dazu müssen die Flugzeiten jedoch ein  fester Bestandteil des abgeschlossenen Vertrages geworden sein. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn sich der Reiseveranstalter eine Flugzeitenverschiebung durch eine Änderungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedinungen vorbehalten hat. Sind die Flugzeiten ein fester Vertragsbestandteil geworden, hat sich der Reiseveranstalter an diese zu halten. Tut er dies nicht, liegt ein Vertragsbruch vor. In einem solchen Fall steht dem Reisenden entweder das Recht zur Minderung und Schadensersatz zu oder er kann von dem Vertrag zurücktreten. Wenn die Flugzeiten jedoch kein fester Bestandteil geworden sind, kommt es darauf an ob die Flugzeitenänderung den An-und Abreisetag betreffen und ob dadurch ein Verlust oder eine wesentliche Beeinträchtigung der Nachtruhe entsteht. Grundsätzlich sind der erste und letzte Urlaubstag nämlich dafür geplant, die Anreise bzw. die Abreise anzutreten. Sobald die Flugzeitenänderungen keinen Verlsut der Nachtruhe bedeuten, sind sie als bloße Unannehmlichkeiten zu werten. Vgl. dazu die Entscheidung des AG Hannover, Urteil vom 20.11.2008, Az. 519 C 7511/08 (bei Google einfach suchen mit: „519 C 7511/08 reise-recht-wiki“ -steht dann sofort als erstes Ergebnis in der Ergebnisleiste).

Unter einigen Umständen sind Verschiebungen der Flugzeiten sogar als Mangel zu betrachten, selbst wenn der Reiseveranstalter zu einer Änderung durch eine bestimmte Klausel grundsätzlich berechtigt ist. Dieser wiederum berechtigt dadurch unter anderem zu einer Minderung des Reisepreises nach § 651 d BGB. Ein Mangel liegt oftmals dann vor, wenn durch die Flugverlegung ein ganzer Urlaubstag verloren Über die Minderungsquote entscheidet jedoch im Streitfall das Gericht:

AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96 (bei Google einfach suchen mit“ 22b C 672/96 Reise-Recht-Wiki.de“ steht dann als erstes Ergebnis in der Ergebnisliste)

Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden.

AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (bei Google einfach suchen mit “ 18 C 14/96 Reise-Recht-Wiki.de“ dann sofort als erstes Ergebnis in der Ergebnisliste) 

 Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.

Voraussetzung für eine zulässige Änderung ist immer auch eine hinreichende Information durch den Reiseveranstalter. Dem Betroffenen muss die Flugzeitenänderung zumutbar sein.

In seinem Urteil entschied das AG Bad Homburg am 08.11.2000, Az. 2 C 2165/00-21 (bei Google einfach suchen mit “ 2 C 2165/00-21 Reise-Recht-Wiki.de“ steht dann sofort als erstes Ergebnis in der Ergebnisliste) beispielsweise, dass eine Information 5 Tage vor Reisebeginn ausreicht. Herangezogen werden kann auch die VO (EG) Nr. 261/04 nach welcher der Passagier mindestens zwei Wochen vor Flugantritt informiert werden muss.

Für den Fall das der Flug Teil einer Pauschalreise war, müsste zunächst geklärt werden, ob dadurch die Nachtruhe beeinträchtigt wird bzw. ob es nach wie vor den An-oder Abreisetag betrifft.

(2) "Nur-Flug"

Im Fall eines " Nur- Fluges" kann bei einer derartigen Verschiebung der Flugzeiten um 9 h 45 min bereits eine Annullierung des ursprünglichen Fluges vorliegen.

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.

Bei einer Annullierung kann Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung zustehen. Die Höhe der Ausgleichszahlungen bemisst sich nach der Entfernung. Leider nennen Sie weder den Abflughafen, noch den Zielflughafen. Grundsätzlich gilt:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km 3 500 km

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Damit können Sie im Falle eines "Nur-Fluges" unter Berücksichtigung der Entfernung ermitteln, wie viel Ihnen zustehen würde.

Leider lässt sich Ihren Ausführungen nicht allzu viel entnehmen. Aus diesem Grund konnte ich Ihnen lediglich einen kurzen Überblick über beide Situationen verschaffen ohne konkrete Einbeziehung des Einzelfalls.

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