Guten Tag Daniele De Blasi,
Ihr Flug von Stuttgart nach Istanbul wurde um 8 Stunden verschoben. Ihnen könnten Ausgleichszahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zustehen.
> Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 EU-VO
Hat Ihr Flug am Zielort eine Verspätung von 3 oder mehr Stunden, dann zieht diese Verspätung dieselben Folgen nach sich wie eine Flugannulierung.
Dazu ein Urteil:
EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07 (einfach zu finden im Reise-Recht-Wiki: http://reise-recht-wiki.de/ausgleichszahlung-bei-flugverspaetung-urteil-az-c40207undc43207eugh.html)
Fluggäste verspäteter Flüge können im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, bezüglich der Ausgleichsansprüche, den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden.
Ihre möglichen Ausgleichszahlungen richten sich deshalb nach Artikel 7 der EU-VO. Sie stellen sich wie folgt dar:
a) Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger > 250€
b) Bei einer Verspätung von 3 Stunden bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km > 300 €
c) Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen > 600 €
Anspruch auf Ausgleichszahlungen in einer der genannten Höhe könnten Ihnen bei einer Verschiebung des Fluges von 8 Stunden zustehen, es sei denn, siehe Artikel 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004:
a) Sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
b) Sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder
c) Sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Es ist in Ihrem Fall leider nicht festzustellen, wann die Fluggesellschaft Ihnen die SMS (auf die falsche Telefonnummer) sendete. Leider ist davon auszugehen, dass die falsche Telefonnummer angegeben zu haben Ihre eigene Schuld ist, und dies der Fluggesellschaft die Möglichkeit gibt sich von Ausgleichszahlungen zu befreien. Möglicherweise wurde nämlich die SMS (mehr) als zwei Wochen vor dem geplanten Abflug an Sie versendet, und trotz der Angabe einer zweiten Telefonnummer ist womöglich nicht von einer Verpflichtung auszugehen eine SMS an beide Telefonnummern zu senden.
Auch könnte sich die Fluggesellschaft gemäß Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 unter Hinweis auf außergewöhnliche Umstände und mit Beweis derselben von einem Anspruch auf Ausgleichszahlungen exkulpieren. Dabei muss die Fluggesellschaft darlegen, dass es keine zumutbare Möglichkeit hat die Verspätung zu vermeiden – allein das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände, wie möglicherweise ein Vogelschlag, reicht nicht zur Befreiung von Ansprüchen aus. Sie erwähnen in Ihrer zweiten Nachricht dazu etwas von Bauarbeiten an der Landebahn. In Anbetracht des Vorhandenseins von mehreren Landebahnen ist davon auszugehen, dass es der Fluggesellschaft nicht möglich sein wird nachzuweisen, dass sie keine Möglichkeit hatten diese Verspätungsgrund zu vermeiden.
> Anspruch auf Betreuungsleistungen nach Artikel 9 EU-VO
Gemäß Artikel 9 EU-VO sind Ihnen von der Fluggesellschaft außerdem folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls — ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder — ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
Die genannten Leistungen hat Ihnen Ihre Fluggesellschaft richtigerweise bereits zur Verfügung gestellt.
Das die Fluggesellschaft bereit ist Ihnen diese Leistungen zur Verfügung zu stellen, welche Fluggästen eigentlich nur in Fällen einer kurzfristigen Verspätung oder Annulierung gewährt werden, könnte dafür sprechen, dass die Verschiebung Ihres Fluges ebenfalls kurzfristig war. Dazu wäre es nötig herauszufinden wann die SMS versendet wurde.
Die Fluggesellschaft muss gemäß Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 nachweisen, wann und wie sie Sie über die Verspätung informiert hat.
Es ist Ihnen, in Bezugnahme auf Ihr verfasstes Schreiben in Ihrer zweiten Nachricht, zunächst zu raten, sich nochmal direkt an Germanwings zu wenden, um näheres zum Versendezeitpunkt der SMS, und möglicherweise auch zu außergewöhnliche Umständen, die zur Verspätung geführt haben könnten, in Erfahrung zu bringen. Davon ausgehend ist neu zu beurteilen, ob ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen überhaupt in Frage kommt.
Es sei Ihnen außerdem nahe gelegt sich gegebenenfalls an einen Fachanwalt zu wenden.