Hallo, lieber Fragesteller!
Sie könnten einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro pro Person haben.
Fluggäste erheblich verspäteter Flüge können analog zu Flugannullierungen eine Ausgleichszahlung bei langer Wartezeit bekommen (Vgl. EuGH, Urt. v. 19. November 2009, Az. C-402/07 und C-432/07).
Gem. Art. 7, Abs. 1, li. c) Verordnung 261/2004 könnte Ihnen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro pro Person zustehen.
Laut Art. 5, Abs. 3 VO 261/2004 braucht die Fluggesellschaft dann nicht zu zahlen, wenn die Verspätung bzw. Annullierung aufgrund von außergewöhnlichen Umständen passiert ist. Zu außergewöhnlichen Umständen zählen Ereignisse, die die Fluggesellschaft an der Durchführung des Fluges hindern. Außergewöhnlich sind diese Umstände dann, wenn sie für die Fluggesellschaft unerwartet, nicht zu beherrschen sind oder außerhalb ihres Einflussbereiches liegen. In den Erwägungsgründen 14 und 15 zu der Verordnung 261/2004 heißt es:
„(14) Wie nach dem Übereinkommen von Montreal sollten die Verpflichtungen für ausführende Luftfahrtunternehmen in den Fällen beschränkt oder ausgeschlossen sein, in denen ein Vorkommnis auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.
(15) Vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände sollte ausgegangen werden, wenn eine Entscheidung des Flugverkehrsmanagements zu einem einzelnen Flugzeug an einem bestimmten Tag zur Folge hat, dass es bei einem oder mehreren Flügen des betreffenden Flugzeugs zu einer großen Verspätung, einer Verspätung bis zum nächsten Tag oder zu einer Annullierung kommt, obgleich vom betreffenden Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verspätungen oder Annullierungen zu verhindern.“
Nun, technische Defekte gehören grundsätzlich nicht zu außergewöhnlichen Umständen, die von der Ausgleichszahlungspflicht befreien würden. Man geht davon aus, dass technische Störungen im Rahmen einer regelmäßigen, gewissenhaften und ordnungsgemäßen Wartung entdeckt werden können. Vergleichen Sie dazu folgende Urteile:
Wann ist ein technischer Defekt kein außergewöhnlicher Umstand:
AG Rüsselsheim, Urt. v. 21.01.2011, Az: 3 C 1392/10 (31) – ein defektes Höhenruder kein außergewöhnlicher Umstand.
AG Frankfurt, Urt. v. 24.06.2011, Az: 31 C 961/11 (16)
AG Köln, Urt. v. 05. April 2006, Az. 118 C595/0 5
Wann ist ein technischer Defekt ein außergewöhnlicher Umstand:
OLG Köln, Urt. v. 27.05.2010, Az: 7 U 199/09 – ein defektes HMU-Gerät, das zwei Tage von dem Flug ausgetauscht wurde, ist ein außergewöhnlicher Umstand
Nun, Art. 7, Abs. 3 Verordnung 261/2004 schreibt folgendes vor:
"(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen."
D.h., dass Sie den Gutschein nicht annehmen müssen und weiterhin an der Auszahlung des Geldes bestehen können. Sie haben den Gutschein auch solange nicht angenommen, bis Sie dem schriftlich zugestimmt haben.