Lieber Fragesteller,
Sie hatten einen Lufthansa Flug von ihrem Heimatort über München in die USA gebucht. Dabei kam es zu einer Verspätung des Zubringer Fluges, wodurch sie ihren Anschlussflug verpassten. Dies führte dazu, dass sie sie mit einer Verzögerung von 17 Stunden an ihren Zielort eintrafen. Nun möchten Sie etwaige Ansprüche gegen die Lufthansa geltend machen.
Eine passende Anspruchsgrundlage könnte sich aus der Fluggastrechte Verordnung ergeben. Die Fluggastrechte Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 ist eine gemeinsame Regelung, welche dem Schutz der Fluggäste dienen soll. Niedergeschrieben sind Regelungen für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen.
I. Anwendbarkeit der Flugastrechte Verordnung
Die Anwendbarkeit ist in Art. 3 VO geregelt. Demnach gilt die Verordnung für alle, auch nicht-europäische Luftfahrtunternehmen, die von einem europäischen Flughafen abfliegen. Zu beachten ist zudem, dass Sie auch bei allen Flügen vom einem Drittstaat zu einem Flughafen der EU gilt, soweit es sich um ein EU-Luftfahrtunternehmen handelt.
Des Weiteren ist die Verordnung nur anwendbar, wenn die Fluggäste über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen und sich, außer im Fall einer Annullierung, zu der zuvor angegebenen Zeit, oder, falls keine Zeit angegeben wurde, spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfinden.
Mangels entgegensprechender Angaben ist die Anwendbarkeit der Fluggastrechte VO in Ihrem Fall zu bejahen.
II. Maßgeblicher Zeitpunkt für die genaue Berechnung der Verspätung
Fraglich ist, ob bezüglich der Berechnung der Verspätung auf die Ankunft in München oder die Ankunft in den USA abzustellen ist.
Folgendes Urteil hilft in Ihrem Fall weiter:
EuGH, Urteil vom 26.02.2013, Az: C-11/11 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst “ EuGH C 11/11 reise-recht-wiki.de“)
Hier hat der EuGH entschieden, dass für die Höhe des Schadensersatzanspruches im Sinne des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 nicht die Verspätung des Zubringerfluges, sondern die tatsächliche Verspätung am Zielflughafen ausschlaggebend ist. Folglich sei auf das „Endziel“ abzustellen. Dieses meint den Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein bzw. bei direkten Anschlussflügen den Zielort des letzten Fluges.
Mithin ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu welchem Sie an Ihrem Zielflughafen eingetroffen sind. Sie trafen mit 17 Stunden Verzögerung in den USA ein, sodass eine Verspätung zu bejahen ist.
III. Anspruchsgrundlage
Abzustellen ist hier zunächst auf den verspäteten Zubringerflug, sodass sich die Anspruchsgrundlage aus Art. 6 Abs. 1 VO i.V.m. Art. 7 VO analog ergibt.
IV. Höhe der Ausgleichszahlung
- Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
- Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
- Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Näheres zur Berechnung der Ausgleichszahlung finden Sie in folgendem Urteil:
EuGH, Urteil vom 10.2012, Az: C-629/10 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst “ EuGH C 629/10 reise-recht-wiki.de“)
In diesem Urteil hat der EuGH mehrfach darauf hingewiesen, dass Grund für die Anwendungen der Ausgleichszahlungen der Umstand sei, dass ein Zeitverlust von mehr als 3 Stunden entstanden ist und die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten ausgeglichen werden sollen. Für den Passagier ist es nämlich allein entscheidend, wann er an seinem Zielort eintrifft und nicht, ob die Verspätung vor oder nach Abflug entsteht.