Sehr geehrter Fragesteller,
fraglich ist, weshalb Sie ein rechtskräftiges Urteil gegen Tailwind haben.
Wenn es um eine Flugverspätung bzw. Annullierung geht, stehen Ihnen folgende Ansprüche gegen Tailwind zu:
Gemäß Art. 7 der Verordnung kommen also Ausgleichsleistungen in Betracht:
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Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro bei einer Flugstrecke von weniger als 1.500 Kilometern
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Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro bei einer Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern
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Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometern
Gemäß Art. 8 der Verordnung steht den Passagieren bei einer Annullierung Folgendes zu:
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vollständige Erstattung des Flugpreises binnen 7 Tagen sowohl für noch anzutrende als auch für schon zurückgelegte Flüge, wenn diese aufgrund des Reiseplans des Fluggastes zwecklos geworden sind, sowie gegebenenfalls einen Rückflug zum Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt
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ODER eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
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ODER vorbehaltlich verfügbarer Plätze eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes.
Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
(Google-Suche: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Falls es sich in Ihrem Fall allerdings um eine Gepäckverspätung handelt, ergibt sich Folgendes:
Ansprüche können Sie aus dem Montrealer Übereinkommen entnehmen. In diesem Fall greift insbesondere Art.19 MÜ.
"Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen."
Unter Schaden versteht man insbesondere materielle Schäden, die das Gepäck betreffen. Das heißt, Sie hätten grundsätzlich die Möglichkeit einige Artikel ersatzweise zu beschaffen.
Ob Sie auch den immateriellen Schaden geltend machen können, ist fraglich. Allerdings wurde in einer Entscheidung des EuGH mit Urteil vom 06. Mai 2010 (C-63/09 Axel Walz/Clickair) geklärt, dass die gesetzlich geregelten Haftungshöchstbeträge des Montrealer Übereinkommens bezüglich eines Gepäckverlustes auch immaterielle Schäden umfasst. Somit könnten Sie auch Ihren betriebenen Aufwand bezüglich des Tragens Ihres Sohnes bei der Schadensanzeige aufzeigen.
Für diesen Schadensersatz gibt es allerdings auch eine Haftungsobergrenze von 1131 Sonderziehungsrechte, was ca. 1350€ entspricht. Dies gilt pro geschädigter Person und nicht pro Gepäckstück.
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.06.2012, Az. 16 U 66/12
Ein Gepäckschaden oder ein Gepäckverlust muss bei der verantwortlichen Airline angezeigt werden. Hierbei muss nicht nur dargelegt werden, dass Gepäck verloren oder verspätet ist, sondern auch der Inhalt des verlorenen Gepäcks bzw. bei einer Gepäckverspätung der finanzielle Aufwand, den der Passagier zum Ausgleich betreiben musste. Die