Lieber Fragesteller,
Sie haben im Januar eine Reise gebucht. Diese soll im Juli stattfinden, wobei Sie von Hannover nach Griechenland fliegen möchten. Leider mussten Sie nun feststellen, dass Ihre Flugzeiten von 07:10 auf 17:00 verlegt wurden. Auf Grund dieser erheblichen Flugzeitenänderung, möchten Sie sich über die Rechtslage informieren.
Bei Flugbuchungen kommt grundsätzlich die Fluggastrechte Verordnung (VO) zur Anwendung. Diese ist eine gemeinsame Regelung des Europäischen Parlaments und Rates, welche sich mit der Problematik der Nichtbeförderung, Annullierung und großen Verspätung von Flügen auseinandersetzt.
Fraglich ist, worunter die Verlegung Ihres Fluges zu subsumieren ist. In Betracht käme zunächst eine Annullierung. Von einer Annullierung kann ausgegangen werden, wenn die Fluggesellschaft ihre ursprüngliche Flugplanung aufgeben muss. Indizien, welche für eine Annullierung sprechen sind beispielsweise Änderungen bezüglich der Fluggesellschaft, der Flugnummer, der Route, des Abflugortes und der Abflugzeit. In Ihrem Fall wurde lediglich die Abflugzeit verschoben, dies dürfte für die Annahme der Annullierung regelmäßig nicht ausreichen.
Zu beachten ist jedoch die ständige Rechtsprechung in Fällen der Flugzeitenverlegung:
Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az. C-83/10 (einfach zu finden wenn du wieder bei Google eingibst: reise-recht-wiki EuGH C-83/10)
Hier wurde bestätigt, dass beispielsweise auch dann eine Annullierung anzunehmen sei, wenn ein Flug auf den nächsten Tag verlegt werde.
In Ihrem Fall wurde der Flug nicht auf den nächsten Tag verlegt. Meiner Ansicht nach, ist eine Flugzeitenänderung um 10 Stunden jedoch ausreichend, um mit dem genannten Urteil vergleichbar zu sein. Demnach würde ich auch Ihren Flug als annulliert im Sinne des Art. 5 VO betrachten. Aufgrund der Annullierung können sich folgende Ansprüche ergeben.
Art. 5 VO Annullierung (gekürzt)
„(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
ii) sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder
iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
(2) Wenn die Fluggäste über die Annullierung unterrichtet werden, erhalten sie Angaben zu einer möglichen anderweitigen Beförderung.
Art. 7 VO als Anspruchsgrundlage
Ein Anspruch gemäß Art. 7 VO scheidet leider aus, da Sie rechtzeitig (mehr als 2 Wochen vorher) über die Änderung informiert wurden.
Anspruchsgrundlage gemäß Art. 8 VO
Es könnte jedoch ein Anspruch gemäß Art. 8 VO geltend gemacht werden.
Art. 8 VO, Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung (gekürzt)
„der vollständigen Erstattung der gesamten Flugscheinkosten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde
einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt auf Wunsch des Fluggasts“
Es ist davon auszugehen, dass der Flug der dir angeboten wurde, der Flug zum frühestmöglichen Zeitpunkt ist. Daher bleibt dir meiner Ansicht nur die Möglichkeiten die Flugscheinkosten zurückerstatten zu lassen.
Art. 9 VO als Anspruchsgrundlage
Weiterhin scheidet ein Anspruch auf Betreuungsleistungen gemäß Art. 9 VO aus. Dieser Art. Kann nicht zur Anwendung kommen, wenn die Fluggäste im Vorhinein informiert werden, da es auf einen anderen Zeitpunkt abstellt. Dieser Anspruch besteht für Fälle in den die Fluggäste sich bereits am Flughafen befinden und daher auf die Unterstützungsleistungen angewiesen sind.
Im Endeffekt, können Sie daher meiner Meinung nach über Ansprüche aus Art. 8 VO nachdenken. Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass dieser Beitrag lediglich meiner persönlichen Meinung entspricht und keinen Rechtsrat darstellen soll.