Lieber Fragesteller,
Sie haben mit TUI einen Kurztrip gebucht und mussten nun erfahren, dass ihr Flug geändert wurde und Sie nun wegen einer Zwischenlandung 2:05 Stunden später am Zielflughafen ankommen werden. Sie fragen sich, wie die Rechtslage ist.
I. Wirksamer Reisevertrag
Zunächst müsste ein wirksamer Reisevertrag gemäß § 651 a BGB bestehen. Gegenstand des Reisevertrages ist die Reise, die durch § 651 a I als 'Gesamtheit von Reiseleistungen' definiert wird. Gemeint ist damit die sogenannte Pauschalreise des modernen Tourismus, die aus einem 'Leistungspaket' zu bestehen pflegt. Es handelt sich um mindestens zwei Reiseleistungen, wobei keine dieser Leistungen nur untergeordneten Charakter haben darf. Falls keine Pauschalreise gebucht wurde, kann demnach kein Anspruch aus dem Reisevertragsrecht bestehen. Sie haben zweifelsohne eine Pauschalreise gebucht, sodass die erste Voraussetzung erfüllt ist.
II. Reisemangel
Des Weiteren müsste der Reisevertrag mangelbehaftet sein. Ein Reisemangel im Sinne von § 651 c BGB ist jede nutzenschmälernde Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit. Allerdings müssen der Massencharakter von Pauschalreisen und die Ortsüblichkeit beachtet werden. Der Reisemangel muss die Erholungsmöglichkeit der Urlaubsreise verhindern. Fraglich ist, ob hier ein Reisemangel vorliegt, wenn Sie wirklich nur einen Direktflug gebucht haben (und keinen Nonstop-Flug) ist diese meiner Ansicht nach leider zu verneinen. Möglicherweise kann jedoch die spätere Ankunft einen Reisemangel darstellen.
III. Vertretenmüssen
Wenn ein Reisemangel bejaht wird, muss dieser auch von dem Reiseveranstalter zu vertreten müssen sein. Das Vertretenmüssen richtet sich nach den §§ 276 ff BGB. Maßstab ist die einem ordentlichen Reiseveranstalter obliegende Sorgfaltspflicht zur gewissenhaften Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Reise. Für die von ihm eingeschalteten Leistungsträger muss er gemäß § 278 BGB einstehen, weil diese als seine Erfüllungsgehilfen tätig werden. Daher ist das Luftfahrtunternehmen, welches eine verspätete Ankunft zu verantworten hat, Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters. Dabei liegt es in der Pflicht des Reiseveranstalters nachweisen, dass er die schädigenden Umstände nicht zu vertreten hat. Dies ist schon deswegen sinnvoll, da es dem Reisenden durchweg nicht möglich ist, nachzuweisen, dass ein im Gefahrenbereich des Reiseveranstalters aufgetretener Reisemangel vom
IV. Mögliche Anspruchsgrundlagen
Fraglich ist, welche Ansprüche Sie geltend machen können.
1. Minderung, §651 d
Zunächst wäre eine Minderung des Reisepreises denkbar. Voraussetzungen für eine Minderung nach § 651 d BGB ist zum einen der bereits genannte Reisemangel i.S.d. § 651 c I BGB. Weiteren darf eine Mängelanzeige nicht schuldhaft unterblieben worden sein. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt worden sind, kann die Minderung nach § 638 III BGB berechnet werden. Gekürzt wird dabei der Pauschalpreis. Nach § 651 I S. 2 BGB findet zudem § 638 IV BGB Anwendung, das heißt der Reisende hat im Fall des § 638 IV BGB Anspruch auf Rückerstattung nach §§ 651 d I S. 2, § 638 IV BGB.
AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Hamburg 22b C 672/96 reise-recht-wiki.de“)
Hier wurde ein Minderungsanspruch bejaht. Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden.
Anders wurde jedoch in folgendem Fall entschieden:
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, auch bei Google zu finden unter: " AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
In diesem Fall wurde ein Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden sei nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
Ob das Gericht in Ihrem Fall einer Minderung zustimmen würde ich fraglich und muss vom Einzelfall abhängig gemacht werden.
2. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, § 651 f II BGB
Sie könnten einen Anspruch auf Schadensersatz haben. Danach kann auch eine Entschädigung für eine nutzlos aufgewendete Urlaubszeit angemessen in Geld verlangt werden. Hier ist zu beachten, dass die Reise in erheblicher Weise beeinträchtigt worden sein muss. Dies wird ab einer Minderung von 50 % angenommen. Dafür lassen sich in Ihrem Fall jedoch, meiner Ansicht nach, keine Hinweise finden. Es mangelt hier an einer erheblichen Beeinträchtigung.
3. Rücktritt vor Reisebeginn, § 651 i
Des Weiteren wäre ein Rücktritt denkbar. Hier ist jedoch zu bedenken, dass es möglicherweise zu Stornierungskosten kommen könnte. Im Zuge dessen ist folgendes Urteil interessant:
AG München, Urteil vom 06. Mai 2009Az. 212 C 1623/09 (einfach bei Google folgendes eingeben: reise-recht-wiki AG München 212 C 1623/09)
Hier hat das Gericht entschieden, dass der Kläger (Fluggast) kostenfrei von dem Reisevertrag zurücktreten kann, wenn eine wesentliche Änderung der Reiseleistung im Sinne des §651a Abs. 5, S. 2 BGB zu bejahen ist. In diesem Fall wurde bei einer Fernreise ein zusätzlicher Zwischenstopp geplant, durch welchen der Kläger erst 5 Stunden später an seinem Ziel angekommen wäre.
Da Sie eine Kurzreise gebucht haben, könnte meiner Ansicht nach auch eine Verspätung von 2 Stunden ausreichend sein. Sodass sie kostenfrei von dem reisevertrag zurücktreten könne sollten.
V. Ausschlussfrist und Verjährung
Nach § 651 g I BGB müssen Gewährleistungsansprüche einen Monat nach dem vertraglich vorgesehenen Reiseende geltend gemacht werden. Nach § 651 g II BGB verjähren die (rechtzeitig) geltend gemachten Ansprüche nach zwei Jahren. Hat der Reiseveranstalter einen Mangel arglistig verschwiegen, kann § 634 a BGB analog herangezogen werden.