Lieber Fragesteller,
du hast vor kurzem eine Reise gebucht und wurdest jetzt davon in Kenntnis gesetzt, dass dein Flug annulliert wurde. Dein früherer Flug sollte um 8:30 Uhr abfliegen, dein neuer Flug soll hingegen schon um 6:55 Uhr starten.
Grundsätzlich ist bei einer „Nur-Flug“ Buchung die Fluggastrechte Verordnung heranzuziehen. Diese greift bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großen Verspätungen und zeigt den Fluggästen deren Möglichkeiten gegenüber der ausführenden Airline auf. Die Annahme einer Nichtbeförderung und einer großen Verspätung scheiden in deinem Fall aus. Du schreibst jedoch, dass du von Opodo erfahren hättest, dass dein ursprünglicher Flug „gestrichen“ wurde. Dies lässt schon rein wörtlich auf eine Annullierung schließen, da diese immer dann anzunehmen ist, wenn die Fluggesellschaft ihre ursprüngliche Flugplanung aufgibt. Wenn diese Aussage zutreffend ist und von mir richtig interpretiert wurde, ist es egal, dass der Flug nun 1,5 Stunden früher geht, da eine Annullierung anzunehmen wäre und dadurch Ansprüche begründet werden können. Falls du dir nicht ganz sicher bist, ob dein Flug als annulliert anzusehen ist, kannst du ja nochmal einen Blick in deine Reisebestätigung werfen. Indizien für eine Annullierung sind zumeist Änderungen betreffend der Fluggesellschaft, der Flugroute, der Flugnummer, des Abflugortes und der Abflugzeit.
Meiner Ansicht nach, ist wegen deiner Ausführungen von einer Annullierung auszugehen. Die Annulierung ist in Art. 5 der Flugastrechte Verordnung (VO) geregelt.
Art. 5 VO Annullierung (gekürzt)
„(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
ii) sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder
iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
(2) Wenn die Fluggäste über die Annullierung unterrichtet werden, erhalten sie Angaben zu einer möglichen anderweitigen Beförderung.
Art 5 VO verweist somit auf Art. 7, 8 und 9 der Verordnung. Somit kommen diese als Anspruchsgrundlagen in Betracht.
Art. 7 VO Ausgleichzahlungen
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt“.
Ein Anspruch gemäß Art. 7 VO scheidet jedoch aus, falls du rechtzeitig (mehr als 2 Wochen vorher) über die Änderung informiert wurdest.
Es könnte ein Anspruch gemäß Art. 8 VO geltend gemacht werden.
Art. 8 VO, Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung (gekürzt)
„der vollständigen Erstattung der gesamten Flugscheinkosten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde
einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt auf Wunsch des Fluggasts“
Es ist davon auszugehen, dass der Flug der dir angeboten wurde, der Flug zum frühestmöglichen Zeitpunkt ist. Daher bleibt dir meiner Ansicht nach nur die Möglichkeiten die Flugscheinkosten zurückerstatten zu lassen.
Ein Anspruch auf Betreuungsleistungen gemäß Art. 9 VO scheidet meiner Ansicht nach eher aus. Dieser Artikel kann nicht zur Anwendung kommen, wenn die Fluggäste im Vorhinein informiert werden, da es auf einen anderen Zeitpunkt abstellt. Dieser Anspruch besteht für Fälle in den die Fluggäste sich bereits am Flughafen befinden und daher auf die Unterstützungsleistungen angewiesen sind.
Ich hoffe ich konnte dir etwas weiterhelfen. Wichtig wäre noch einmal sicherzustellen, ob dein Flug tatsächlich annulliert, oder vielleicht doch nur verschoben wurde.