Lieber Fragesteller,
du hast mit Condor eine Flugreise für den 19.04.2016 gebucht. Geplant war, dass du deinen Urlaubsort um 18:00 Uhr verlassen solltest. Deine Abflugzeit wurde jedoch vorverlegt, sodass du um bereits um 09:50 Uhr abfliegen musstest. Dadurch ging dir ein halber Urlaubstag verloren. Du fragst dich nun, ob du Ansprüche gegen Condor geltend machen kannst.
Bei einer „Nur Flug Buchung“ ist die Fluggastrechte Verordnung heranzuziehen. Diese Regelung des EU Parlaments und des EU Rates beinhaltet die rechtlichen Anspruchsgrundlagen eines Fluggastes bei Nichtbeförderung, Annullierung oder (großer) Verspätung. Die entsprechenden Ansprüche hat der Fluggast dann gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen geltend zu machen.
Es ist zunächst zu problematisieren, unter welchen Begriff eine Vorverlegung zu subsumieren ist. Da Nichtbeförderung und (große) Verspätung für mich wenig sinnvoll erscheinen, ist hier lediglich eine Annullierung denkbar. Um etwaige Ansprüche geltend machen zu können, müsste die Vorverlegung also als Annullierung angesehen werden. Eine Annullierung wird laut des EuGH angenommen, wenn die Fluggesellschaft die ursprüngliche Flugplanung aufgegeben habe. Konkretisierend wird ausgeführt, dass dies unter anderem dann anzunehmen sei, wenn Änderungen bezüglich der Flugnummer, Route, Abflugzeit, Fluggesellschaft und/oder des Flughafens vorgenommen werden. In deinem Fall kam es zu einer Vorverlegung von 8 Stunden und 10 Minuten. Eine Veränderung des Abflugzeit ist somit zu bejahen. Ob eine solche Vorverlegung bereits ausreicht um eine Aufgabe des ursprünglichen Fluges anzunehmen ist umstritten.
Möglicherweise interessieren dich folgende Urteile:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az. C-83/10 (einfach bei Google folgendes eingeben, um den Volltext zu finden: „reise-recht-wiki EuGH C 83/10“)
Eine Annullierung liege immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden könne, wie er geplant war und der Start daher aufgegeben werden müsse. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, sei darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen.
AG Hannover, Urteil vom 11.04.2011, Az 512 C 15244/10 (zu finden mit der Google-Suche unter „512 C 15244/10 reise-recht-wiki“)
Hier kam das Gericht zu dem Entschluss, dass eine Flugvorverlegung von 10 Stunden wie eine Annullierung zu behandeln sei. Entsprechend kämen auch die Ansprüche bei einer Flugannullierung nach der Fluggastrechteverordnung in Betracht.
Dein Flug wurde um 8 Stunden und 10 Minuten verschoben. Ich bin der Ansicht, dass die Möglichkeit des Vergleiches mit dem genannten Urteil zumindest besteht. Die Annahme einer Annullierung ist für mich daher vertretbar. Aufgrund der Annullierung könnte sich ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 VO ergeben. Weiterhin ist beachtlich, dass du von der Annullierung kurzfristig erfahren hast. Falls du bereits 2 Wochen vorher von der Aufgabe des Fluges unterrichtest wurdest, scheidet der genannte Anspruch aus.
Art. 7 VO Ausgleichzahlungen
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Wie aus der Norm ersichtlich wird, ist es bedeutsam wir weit dein Urlaubsflughafen von deinem Zielflughafen entfernt ist. Danach kannst du dann die Anspruchshöhe einsehen. Ich hoffe ich konnte dir etwas weiterhelfen und wünsche viel Erfolg.