Des Weiteren kommt noch ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen in Betracht. Dieser ergibt sich jedoch nicht direkt aus Art. 6 VO, da dieser nicht auf Art. 7 VO (Ausgleichszahlungen) verweist. Es kann jedoch eine analoge Anwendung des Art. 5 VO angenommen werden, sodass folgende Preistabelle zu beachten ist.
- Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
- Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
- Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Du hast deinen Zielflughafen mit einer Verspätung von 3 Stunden und 45 Minuten erreicht. Die Strecke von Teneriffa nach Köln/Bonn beträgt in etwa 3228 km. .
Die Berechnung der Entfernung kannst du natürlich gerne überprüfen. Folgender Link könnte sich anbieten:
http://www.entfernung.org/cgn/tfs
Mithin kannst du einen Anspruch in Höhe von 400 Euro geltend machen. Da sich der Zahlungsanspruch aus Art. 5 analog ergibt, muss zudem auch Art. 5 Abs. 3 VO Beachtung finden. Demnach kann sich die Airline der Zahlung entziehen, wenn sich gemäß Art. 5 Abs. 3 exkulpieren kann.
Art. 5 Abs. 3 VO, Annullierung
„(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Ryanair könnte sich also von der Zahlungsaufforderung lossagen, wenn sie nachweist, dass die Verspätung auf den Streik zurückgeht und dieser einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Besonders wichtig ist also, dass die Airline eine Nachweis-und Darlegungspflicht trifft. Des Weiteren ist das Tatbestandsmerkmal des außergewöhnlichen Umstandes stets kritisch zu hinterfragen.
Nachweispflicht
Bezüglich der Nachweisepflicht ist folgendes Urteil interessant:
AG Frankfurt, Urteil vom 17.01.14, 30 C 2462/13, (auch ganz einfach zu googlen unter "AG Frankfurt 30 C 2462/13 reise-recht-wiki.de")
In diesem Urteil wird noch einmal hervorgehoben, dass die Fluggesellschaft substantiiert vortragen und darlegen muss , wie es zu dem außergewöhnlichem Umstand gekommen ist, wenn sie sich darauf berufen möchte.
b) außergewöhnlicher Umstand
Der Streik müsste einen außergewöhnlichen Umstand darstellen. Ein außergewöhnlicher Umstand kann im Allgemeinen immer dann angenommen werden, wenn ein Vorkommnis nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, sondern sich außerhalb dessen bewegt, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. An dieses Tatbestandmerkmal werden hohe Anforderungen gestellt. Ob ein Streik einen außergewöhnlichen Umstand darstellt, ist stets einzefallabhängig.
So wurde beispielsweise ein außergewöhnlicher Umstand bei einer Flugannullierung wegen streikbedingter Umorganisation verneint.
Vgl. EuGH, Urteil vom 04.10.2012 - C-22/11 (Das Urteil finden Sie im Volltext, wenn Sie bei Google „reise-recht-wiki EuGH C-22/11“ eingeben)
Bei einem Generalstreik wurde ein außergewöhnlicher Umstand hingegen vom Bundesgerichtshof bejaht.
Vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – X ZR 121/13 (auch bei „reise-recht-wiki“ zu finden)
Auch im Falle eines Fluglotsenstreikes wurde das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes angenommen.
Vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 03.07.2013 - 7 S 238/12 (auch bei „reise-recht-wiki“ zu finden)
Des Weiteren ging der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit auch bei einem Streik der Piloten von einem außergewöhnlichen Umstand aus.
Vgl. BGH, Urteil vom 21. 8. 2012 – X ZR 138/11 (LG Köln) (auch bei „reise-recht-wiki“ zu finden)
Bezüglich des Pilotenstreikes hat sich der EuGH jedoch gegen den BGH durchgesetzt und das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes abgelehnt.
Vgl. EuGH, Urteil vom 04.10.2012 - C-22/11 (auch bei „reise-recht-wiki“ zu finden)
Die Auflistung der Urteile soll verdeutlichen, dass das Tatbestandsmerkmal des außergewöhnlichen Umstandes davon abhängig zu machen ist, welche Art von Streik vorliegt und inwiefern es dem Luftfahrtunternehmen möglich ist, Maßnahmen zu ergreifen. Ich kann deinen Ausführungen leider keinen genauen Angaben zu der Art des Streikes entnehmen, sodass ich einen Streitentscheid hier offen lassen muss. Falls nur die Loader gestreikt haben, würde ich das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes jedoch ablehnen, da Ryanair dann anderweitige zumutbare Maßnahmen hätte ergreifen können, zumal der Streik vorher angekündigt wurde. Lehnt man den außergewöhnlichen Umstand und somit die Exkulpationsmöglichkeit ab, ist ein Anspruch auf Zahlung von 400 Euro zu bejahen. Demnach könntest du insgesamt 415 Euro von Ryanair verlangen.