Hallo Mobi,
du möchtest in circa einer Woche mit deiner Familie in den Urlaub fliegen. Im Zuge dessen hast du schon vor geraumer Zeit Flüge mit der Fluggesellschaft Eurowings gebucht. Geplant war eine Reise mit folgender Route: CGN-MIA. Bei dem gebuchten Flug handelte es sich zudem um einen Direktflug. Dies war für dich auch von enormer Wichtigkeit, da du deine Reise mit 2 kleinen Kindern antreten wirst. Leider musstest du später erfahren, dass Eurowings die gebuchte Route gecancelt hat. Die Flüge wurden nun folgendermaßen verschoben:
Hinflug:
Route: CGN-ZRH-MIA
Zeitliche Abweichung: Abflug 1 Stunde früher- 1. Stunde Umstiegszeit- 2 Stunden spätere Ankunft in Miami
Fluggesellschaft: Germanwings
Rückflug:
Route: MIA-ORD-DUS
Zeitliche Abweichung: Abflug circa 6 Stunden früher- Reisezeitverlängerung von ca. 9 Stunden auf etwa 13. Stunden.
Fluggesellschaft: Angepriesen Air Berlin, Ausführung aber mit American Airlines
Aufgrund der Umbuchung entstehen dir folgende Nachteile:
· Frühere Abreise (eine Stunde), ungewünschter Umstieg in Zürich und spätere Ankunft in Miami (zwei Stunden)+
· Verlust der Rundreise um einen Tag
· Vorverlegung des Rückfluges (um 6 Stunden), unerwünschte Zwischenlandung in Chicago und Verlängerung der Reisezeit um 4 Stunden
· Risiko einen Anschlussflug zu verpassen
· Ankunft an einem anderen Flughafen
Dein Fall wirkt meiner Ansicht nach relativ kompliziert, sodass ich auf verschiedene Problemfelder eingehen möchte. Zunächst ist die korrekte gesetzliche Regelung zu suchen. Diese stellt hier die Fluggastrechte Verordnung dar. Deinen Schilderungen kann ich entnehmen, dass du eine reine Flugbuchung vorgenommen hast. Dies ist insofern wichtig, da dir andernfalls noch Ansprüche aus dem Reiserecht des BGB zustehen könnten. Falls du unerwarteter Weise doch eine Pauschalreise gebucht haben solltest, kannst du dies ja in einem weiteren Post mitteilen. Eine Pauschalreise liegt immer dann vor, wenn eine Buchung eine Gesamtheit von Reiseleistungen beinhaltet. Wenn also beispielsweise Flug, Hotel und Transfer zusammen gebucht wurden. Ist dies nicht der Fall kann lediglich die Fluggastrechte Verordnung herangezogen werden. Im Speziellen möchte ich auf den Anwendungsbereich und die möglichen Anspruchsgrundlagen eingehen.
Fluggastrechte Verordnung (VO)
Die Fluggastrechte Verordnung ist eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen. Zunächst müsste der Anwendungsbereich eröffnet sein.
Art. 3 VO Anwendungsbereich (gekürzt)
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Der Hinflug ist meiner Ansicht nach unproblematisch vom Anwendungsbereich der VO erfasst, da du zum einen deine Reise von einem Mitgliedsstaat antrittst und zum anderen von einer deutschen Fluggesellschaft befördert wirst. Problematischer empfinde ich daher den Rückflug. Zum einen trittst du den Flug nicht aus einem Mitgliedsstaat an und zum anderen wirst du von einer amerikanischen Airline befördert. Irritierend finde ich jedoch, dass der Flug mit Air Berlin angepriesen wird. Das könnte dafür sprechen, dass die Fluggastrechte Verordnung doch anwendbar wäre, da Air Berlin eine deutsche Fluggesellschaft ist. Generell würde es meinem Rechtsempfinden widerstreben die Eröffnung des Anwendungsbereiches hier abzulehnen, da du ja auch ursprünglich mit einer deutschen Airline gebucht hast. Ich nehme daher an, dass der Anwendungsbereich auch für den Rückflug eröffnet ist.
Bezüglich der Anwendbarkeit und der Umsteigevorgänge könnten dich folgende Urteile interessieren:
BGH Urteil vom 30.04.2009 Az. Xa ZR 78/08 (den Volltext findest du wenn du folgendes googelst: „reise-recht-wiki BGH Xa ZR 78/08)
Bei einer Umsteigeverbindung geht der Bundesgerichtshof von zwei separaten Flügen aus. In diesem Fall handelte es sich um einen Flug von Frankfurt nach Phoenix mit einem Umsteigen in Washington. Auf dem zweiten Teil von Washington nach Phoenix finde die EU-Verordnung, laut des BGH, keine Anwendung. Das gelte auch dann, wenn alle Teilstrecken von derselben Fluggesellschaft durchgeführt werden und eine einheitliche Flugnummer für die gesamte Strecke verwendet wird.
Des Weiteren entschied der BGH, dass die Anwendbarkeit der Fluggastrechte-Verordnung, in einem solchen Fall, für jeden Teilabschnitt gesondert zu prüfen sei.
Vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2012 Az. X ZR 12/12 und 14/12 (wie gewohnt einfach mittels Google bei „reise-recht-wiki“ zu finden)
Im Ergebnis ist die Eröffnung des Anwendungsbereiches gemäß Art. 3 VO zu bejahen.
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