Lieber Fragesteller,
bei einer Flugverspätung kann Ihnen ein Anspruch aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung zustehen. Dazu reicht eine Verspätung am Startflughafen noch nicht aus. Es muss auch tatsächlich eine Verspätung am Zielflughafen vorliegen. Vergleichen Sie dazu die folgende Entscheidung:
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Sie berichten, dass Sie statt 23 Uhr erst um 3 Uhr morgens an Ihrem Zielflughafen in Köln eingetroffen sind. Damit liegt diese Voraussetzung unstreitig vor.
Die höhe der AUsgleichszahlungen bemisst sich nach der Entfernung. Dies ist Art. 6 der europäischen Fluggastrechte Verordnung zu entnehmen.
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Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
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Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
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Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
In Ihrem Fall liegt zwischen Ägypten Marsa Alam und Köln-Bonn eine Entfernung von ca. 3. 719, 28 km vor. Bei einer solchen Entfernung muss eine Verspätung von mindestnes 4 Stunden vorliegen. Sie schildern, dass Sie statt 23 Uhr erst 3 Uhr morgens eingetroffen sind, damit würde es sich genau um 4 Stunden handeln und Ihnen würde je Fluggast ein Anspruch in Höhe von 600 Euro zustehen.
Richtig ist jedoch, dass die Fluggesellschaft keine Ausgleichszahlung leisten muss, wenn außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004/EG Ursache der Verspätung waren. Die Fluggesellschaft muss beweisen, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorlag. Ein außergewöhnlicher Umstand kann zum Beispiel bei Streik des Bodenpersonals oder bei schlechten Wetterbedingugnen vorliegen.
Im vorliegenden Fall wurde Ihnen als Grund für die Verspätung ein technischer Defekt auf dem vorherigen Flug genannt. Ein technischer Defekt ist aber in der Regel kein außergewöhnlicher Umstand, der die Fluggesellschaft von Ausgleichszahlungen freistellt. Dies gilt selbst dann, wenn die Fluggesellschaft alle Wartungsarbeiten am Flugzeug frist- und ordnungsgemäß durchgeführt hat. Vergleichen Sie dazu die folgenden Urteile:
EuGH, Urteil vom 22.12.2008 - Az.: C 549/07 -(einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Ein bei einem Flugzeug aufgetretenes technisches Problem, das zur Annullierung eines Fluges führt, fällt nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne der VO 261/2004, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.
Allein der Umstand, dass ein Luftfahrtunternehmen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindesterfordernisse an Wartungsarbeiten an einem Flugzeug durchgeführt hat, reicht nicht für den Nachweis, dass dieses Unternehmen „alle zumutbaren Maßnahmen“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 ergriffen hat.
LG Darmstadt, Urteil vom 20.7.2011 – Az.: 7 S 46/11(einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Für das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände” ist – unabhängig von der Kategorisierung als „technischer Defekt” oder „unerwarteter Sicherheitsmangel” – entscheidend, ob das zugrundeliegende Geschehen ein typisches und in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit vorkommendes Ereignis darstellt oder ob es der Beherrschbarkeit der Fluggesellschaft völlig entzogen ist.
Allein die Seltenheit eines derartigen Defekts und/oder der zeitliche bzw. logistische Aufwand zur Beseitigung dieses Mangels, vor dessen Behebung offenbar aus zwingenden Sicherheitsgründen nicht gestartet werden durfte, entlastet den Luftfrachtführer nach Art. 5 Abs. 3 VO nicht.
AG Köln, Urteil vom 5.4.2006 - Az.: 118 C 595/05 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Auch wenn ein technisches Problem als ein „außerordentlicher Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 angesehen wird, muss das Luftfahrtunternehmen substantiiert vortragen, woraus sich ergeben könnte, dass der angegebene technische Defekt unerwartet und unvermeidbar gewesen ist. Die Behauptung, das streitbefangene Flugzeug sei regelmäßig gewartet worden, ist ersichtlich zu pauschal gehalten, um die gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 erforderliche Exkulpation bewirken zu können. (Leitsatz der RRa)
AG Rüsselsheim, Urteil vom 7.11.2006 –Az.: 3 C 717/06 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Ein technischer Defekt mag zwar ungewöhnlich sein, ist aber nicht außergewöhnlich im Sinne der EU-Verordnung und ist auf jeden Fall in der Sphäre des Luftfahrtunternehmens angesiedelt und daher nicht unbeeinflussbar auf höhere Gewalt bzw. Einwirkung durch Dritte zurückzuführen.
Im vorliegenden Fall kann sich somit SunExpress nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen. Sie können kediglich versuchen, sich erneut schriftlich an SunExpress zu wenden und Ihren ANspruch geltend zu machen. Sollten Sie jedoch nach wie vor keine NAtwort von SunExpress erhalten, dann sollten Sie einen Anwalt kontaktieren, der Ihnen bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche helfen kann.